Schematische Darstellung der ATR-Mess­technik. Das infrarote Licht wird durch den Diamant-ATR-Kristall geleitet.

Schematische Darstellung der ATR-Mess­technik. Das infrarote Licht wird durch den Diamant-ATR-Kristall geleitet. (Bild: alle Bruker)

Neben der Qualitätskontrolle ist die Infrarot-Spektroskopie (IR) ein wertvolles Werkzeug zur Analyse von Wettbewerbsprodukten und erlaubt zudem die Quantifizierung von einzelnen Produktkomponenten wie beispielsweise Füllstoffen. Bei der Analyse von Produktfehlern ist es oft nicht leicht, die Fehlerquelle zu ermitteln, da in vielen Fällen mikroskopisch kleine Defekte vorliegen welche sich mit konventionellen Methoden nicht oder nur sehr schwer analysieren lassen. Für derartige Proben ist die FT-IR Mikroskopie die Methode der Wahl. Sie erlaubt es, kleinste Einschlüsse oder Ausblühungen in Polymerproben zu visualisieren und zu identifizieren. Mit der ATR-Messtechnik sind schnelle Messungen ohne aufwändige Probenpräparation durchführbar. Durch den Einsatz dedizierter und umfangreicher Spektren-Bibliotheken lassen sich auch unbekannte Proben innerhalb kurzer Zeit identifizieren.

Prinzip der FT-IR Spektroskopie

Die Fourier-Transform-Infrarot-Spektroskopie (FT-IR) ist eine über viele Jahrzehnte etablierte Analysentechnik für verschiedenste Fragestellungen der Qualitätskontrolle und Schadensanalyse. Dabei wird die Tatsache genutzt, dass jede chemische Substanz ihre eigene spektrale Signatur aufweist, genau wie ein Fingerabdruck. Die FT-IR Spektroskopie wird daher vielfach für die Analyse von organischen und anorganischen Stoffen eingesetzt und kann sowohl bei Reinstoffen als auch bei Probengemischen eingesetzt werden. Sie nutzt unsichtbares infrarotes Licht welches, abhängig von der Probencharakteristik, bei bestimmten Wellenlängen unterschiedlich stark absorbiert wird. Die Lage und Intensität dieser gemessenen Absorptionsbanden kann sowohl für die Identifikation als auch für die Quantifizierung von Proben und Mischungen genutzt werden.

IR-Spektren eines  Monomers, eines Füllstoffes und des Polymers PVC-NBR

IR-Spektren eines Monomers, eines Füllstoffes und des Polymers PVC-NBR

Mit Hilfe der IR-Mikroskopie ist auch die infrarotspektroskopische Analyse kleinster Proben bis in den Mikrometerbereich möglich, wie zum Beispiel Fasern und Partikel. Weiterhin lassen sich örtlich genau definierte Probenbereiche messen, so dass dünne Schichten oder Einschlüsse gezielt identifiziert werden können. Durch Rastermessungen lassen sich sogar chemische Bilder der Probe erzeugen, die die Verteilung der individuellen chemischen Komponenten visualisieren.

Messgeräte und Methodik

Moderne Systeme nutzen die Abgeschwächte Totalreflexion-Messtechnik (ATR), welche im Normalfall keine Probenvorbereitung benötigt und eine schnelle und einfache Messung von Flüssigkeiten und Feststoffen ermöglicht. Dabei wird nur eine sehr kleine Probenmenge für die Analyse benötigt. Ein weiterer Vorteil der IR-Methode sind die niedrigen Betriebskosten, da keine Verbrauchsmaterialien anfallen. Der Hersteller Bruker bietet mit dem Alpha FT-IR-Spektrometer ein kompaktes Instrument für die Wareneingangs- und Qualitätskontrolle an, das auch für viele Anwendungen in der Produktentwicklung eingesetzt wird. Zur Messung muss die Probe lediglich in Kontakt mit dem ATR-Kristall gebracht werden. Bei festen Proben geschieht dies über einen Anpress-Stempel, flüssige Proben werden direkt vermessen. Das gebräuchlichste ATR-Kristallmaterial ist Diamant, da es extrem hart und chemisch beständig ist. Gerade für dunkle Proben mit hohem Rußanteil ist allerdings Germanium wegen seines deutlich höheren Brechungsindexes oft die bessere Wahl. Zur Aufnahme eines IR-Spektrums wird die flüssige oder feste Probe in Kontakt mit dem ATR-Kristall gebracht. Mithilfe des FT-IR-Mikroskops Lumos können auch mikroskopisch kleine Proben wie Defekte, Partikel, und Einschlüsse analysiert werden, wobei auch hier in der Regel keine Probenvorbereitung erforderlich ist.

Anwendungsbeispiel: Analyse eines O-Ringes

Ergebnis der Spektrensuche mit Proben- (Rot) und Bibliotheksspektrum (Blau).

Ergebnis der Spektrensuche mit Proben- (Rot) und Bibliotheksspektrum (Blau).

Bei der Nutzung von O-Ringen aus ungeeignetem Material besteht das Risiko für schwere Unfälle und hohe Sachschäden. Es können Maschinenschäden auftreten, bis hin zum Ausfall ganzer industrieller  Fertigungsanlagen. O-Ringe werden aus einer breiten Palette von Materialien gefertigt, welche sich erheblich in ihren chemischen und physikalischen Eigenschaften unterscheiden können. Als Beispiel wurde ein 7 mm O-Ring unbekannten Materials mit IR analysiert. Das Spektrum des O-Ringes wurde mit einer Germanium-ATR-Einheit aufgenommen und anschließend durch einen automatischen Vergleich mit einer digitalen Bibliothek mit ca. 280 Spektren identifiziert. Das Resultat der Bibliothekssuche ist in einer Abbildung dargestellt: Das rote Spektrum zeigt das der Probe und das blaue Spektrum das des besten Bibliothekstreffers. Die Drift der Basislinie, welche in beiden Spektren zu sehen ist, hat ihren Ursprung in der sehr hohen Rußkonzentration der Proben. Mit einer sehr guten Trefferqualität von 924 (max. 1.000) konnte die Probe als „Nitril Butadien Kautschuk“ identifiziert werden.

 

Anwendungsbeispiel: Fehlstellen­Analyse einer Kautschukprobe

Die hier gezeigte schwarze Kautschukprobe weist mikroskopisch kleine Verunreinigungen in der Form weißer Flecken auf. Zudem sind im Bild weitere Inhomogenitäten mit schwächerem Kontrast zu erahnen. Um die chemische Zusammensetzung der Fehlstellen zu bestimmen, wurde die Probe IR-mikroskopisch analysiert. Die Messung der in einem Miniaturprobenhalter fixierten Probe erfolgte mit dem FT-IR Mikroskop Lumos. Dabei wurde mit dem Germanium-ATR-Messelement auf einer Fläche von 1.000 x 1250 µm (20 x 25 Messpunkte) vollautomatisiert gemessen.  Diese Vorgehensweise ermöglicht es, jedem 50 x 50 µm großem Bildareal ein eigenes Spektrum zuzuweisen. Diese Spektren lassen sich über mathematische Methoden (Bandenintegration, Clusteranalyse, Faktorisierug etc.) in sogenannte chemische Bilder überführen, welche Aussagen über die lokale chemische Zusammensetzung der Probe erlauben.

Das chemische Bild (s. o.) der Kautschuk-Probe wurde über eine Clusteranalyse erstellt, bei der Spektren nach Ähnlichkeit gruppiert werden. Es zeigt klar die auf der Probe vorhandenen Verunreinigungen. Die Übereinstimmung der chemischen Informationen mit den im visuellen Bild erkennbaren Verunreinigungen ist deutlich zu sehen.

Subtraktions- spektren der  Verunreinigungen, oben: PTFE,  mitte: Polyamid, unten: Kautschuk.

Subtraktions- spektren der Verunreinigungen, oben: PTFE, mitte: Polyamid, unten: Kautschuk.

Weiterhin lässt das chemische Bild auch noch solche Verunreinigung-en erkennen, die aufgrund des schwachen Kontrastes im visuellen Bild unsichtbar sind. Exemplarisch sind zwei Spektren aus den verunreinigten Bereichen, sowie ein Spektrum des Kautschuks abgebildet. Das Spektrum des Bereichs der weißen Verunreinigungen konnte durch eine Bibliothekssuche eindeutig als PTFE identifiziert werden. Das Spektrum aus dem dunklen Bereich ist eindeutig einem Polyamid zuzuordnen.

Dr. Marcus Roming

Bruker Optik, Ettlingen

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