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Das Ziel besteht darin, das chargenweise Vormischen von PVC-Rezepturen als Dry-Blends zu überspringen und stattdessen eine kontinuierliche Direktextrusion prozesssicher umzusetzen. Die Herstellung eines Dry-Blends ist ein in vielerlei Hinsicht aufwändiger Vorgang, der insbesondere mit einem hohen Energie- und Personalbedarf einhergeht – eine Vereinfachung oder gar das vollständige Wegfallen dieser Prozedur bietet daher ein großes Einsparpotential.

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Schematische Darstellung einer exemplarischen PVC-Compoundierung mit Vormischung.

Ohne Zwischenprodukt extrudieren

Seit den 1990er Jahren erfährt der Planetwalzenextruder intensive Weiterentwicklungen hinsichtlich der mechanischen Gestaltung und der Prozessführung, wodurch seitdem eine Vielzahl neuer Einsatzgebiete für diesen Maschinentyp erschlossen werden konnten. Insbesondere die Verbesserung der Temperierleistung durch den Einsatz moderner Fertigungsverfahren, Anlagenaufbauten mit mehreren Modulen und die Entwicklung von Seitenbeschickungs- und Entgasungsmechanismen ermöglichen heute Prozesse, die auf diesem Maschinentyp lange Zeit nicht denkbar waren. Damit hat sich auch die Möglichkeit eröffnet, die traditionelle Verarbeitungsmethodik von PVC zu hinterfragen – mit dem Ergebnis, dass diese auch ohne Dry-Blend als Zwischenprodukt als Direktextrusionsprozess umsetzbar ist.

Im Zuge dessen ergeben sich diverse Besonderheiten: Das Roh-PVC wird nun ohne Vorstabilisierung in den Ex-truder dosiert – das Stabilisatoren-System wird parallel als separate Komponente zugegeben. Der Diffusionsprozess der Flüssigkomponenten in das PVC-Korn, der sonst im Innenmischer unter Eintrag von Wärme und mechanischer Energie in Form von Prall- und Reibeffekten stattfindet, entfällt dementsprechend. Stattdessen wird das Korn im PWE direkt nach Eintritt in das Planetwalzenmodul durch Überrollen und Reibung mechanisch Aufgebrochen.

Die Flüssigkomponenten werden zeitgleich, ebenso durch das Überrollen des Pulvers, in das Korn hineingepresst. Dieser Prozess geht zwar ebenso mit einer Erwärmung des Polymers einher, eine thermische Schädigung wird jedoch durch die Einhaltung eines ausreichend niedrigen Temperaturniveaus unterbunden. Untersuchungen des Extrudates haben gezeigt, dass die thermische Schädigung des Polymers in der Direktextrusion meist sogar niedriger ausfällt, als bei der klassischen Dry-Blend-Methodik. Dies ist jedoch nicht allein auf den veränderten Ablauf der initialen Stabilisierung zurückzuführen, sondern auch auf die deutlich niedrigere thermische Gesamtbelastung des Materials im Direktextrusionsverfahren. Bei der Herstellung eines Dry-Blends muss die Rezeptur mehrere Minuten unter erhöhter Temperatur in einem Heizmischer verweilen, um das Eindiffundieren der Stabilisatoren in das Korn zu erreichen – während diesem Schritt kann es bereits zur thermischen Schädigung des Materials kommen, hinzu kommt die nachfolgende Verarbeitung auf dem Extruder. Bei Versuchen zur Direktcompoundierung wurden mittlere Verweilzeiten von unter einer Minute gemessen – ein Bruchteil der Zeitspanne, die das Material im klassischen Prozess unter Hitzeeinwirkung durchläuft.

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Schematische Darstellung einer PVC-Direktcompoundierung.

Einsparpotenzial durch Direkt­compoundierung

Diese Erkenntnis zeigt auch das Energie-Einsparpotential durch eine Direktcompoundierung auf. Die gesamte Rezeptur durchläuft nur einen einzigen Heiz- und Kühl-Zyklus. Die dabei benötigte Temperierleistung ist vergleichbar mit jener, die zum Extrudieren eines Dry-Blends derselben Rezeptur benötigt wird. Ebenso verhält es sich mit der Antriebsleistung des Extruders – auch diese Werte liegen auf einem ähnlichen Niveau einer vergleichbaren Dry-Blend-Verarbeitung. Der Energiebedarf für die Herstellung der Vormischung entfällt jedoch. Folgende Vorteile werden in der Direktcompoundierung gesehen. Verbesserung der Produktqualität durch:

  • Verringerung der thermischen und mechanischen Materialbelastung,
  • Eliminierung von Chargenschwankungen durch kontinuierliche Produktion
  • hoher Automatisierungsgrad
  • vereinfachte Prozessüberwachung durch Fokus auf nur eine Anlage
  • verringerte Anzahl an Prozessschritten – verringertes Fehlerpotential;
    Kosteneinsparungen durch:

Reduzierung des Gesamt-Energiebedarfs schlanker Prozess mit wenigen Anlagenbestandteilen kurze Produktdurchlaufzeit
Reduzierung des Personalaufwands durch höheren Automatisierungsgrad und verringerten Reinigungsaufwand.

Untersuchungen haben gezeigt, dass Anhaftungen und Rückstände auf der Einzugsschnecke des PWE auch bei einem solchen Setup eine mögliche Quelle für Produktverunreinigungen darstellt und dementsprechend eine sorgfältige Überwachung und Reinigung erfordert. Um hier eine Verbesserung zu erzielen wurden, wie in der unteren Abbildung dargestellt, Versuche mit einem Planeteneinzugsmodul (PEZ) unternommen. Dieses Modul ersetzt die sonst übliche Einzugsschnecke eines PWE – Feststoffe werden stattdessen frei rieselnd direkt in ein Planetwalzenmodul dosiert. Es wurde eine gute Eignung dieses Modultyps für die Direktcompoundierung festgestellt, insbesondere durch ein überzeugendes Einzugs- und Selbstreinigungsverhalten des pulverförmigen Materials in Kombination mit hohen Flüssiganteilen.

In Laborversuchen wurde die Direktcompoundierung bereits für eine große Bandbreite von PVC-Rezepturen erprobt. Insbesondere in der Herstellung von PVC-P und hochgefüllten Compounds werden vielversprechende Ergebnisse erzielt – erste industrielle Umsetzungen sind bereits erfolgt. Die Untersuchungen auf diesem Anwendungsgebiet werden nun umso stärker vorangetrieben, um die Marktpräsenz dieses Verfahrens weiter steigern zu können.

Dr. – Ing. Thomas Birr

Entex Rust & Mitschke, Bochum

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