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Für die Trends in der Automobilentwicklung sind neue Werkstoffe gefragt, die unter anderem hitzestabil, mechanisch beständig und funktional sind.

Der Markt für Elastomere wächst und bietet gerade für die Automobilindustrie neue Lösungen. Mit Blick auf die neue Antriebstechniken ändern sich die Anforderungen an die Werkstoffe. Weil beispielsweise die Leistungsdichten in Elektromotoren hoch sind, entstehen im Innern der Maschine hohe Temperaturen. Silikone schützen die sensible Elektronik und unterstützen das Wärmemanagement, sie sichern zuverlässige Ergebnisse bei Energieübertragung und Klimatechnik. Die Beschichtung mit flammhemmenden Silikonen ermöglicht den Einsatz von Leichtbaulaminaten zur Trennung von Fahrzeugbereichen, etwa zwischen Batterie und Fahrgastraum.

Christian Gimber, Engineering Silicones, Wacker Silicone, Wacker Chemie, gibt im Interview einen Ausblick auf die wichtigsten Entwicklungstrends bei Silikonen.

Christian Gimber

Christian Gimber, Wacker Chemie

KGK Welche Fortschritte wurden in der Werkstoff-Entwicklung in den letzten zehn Jahren bei Silikon erreicht?
Christian Gimber Einer der wichtigsten Fortschritte im Silikonkautschuk-Bereich war sicherlich die Entwicklung selbsthaftender Flüssigsilikone. Dadurch wurde es möglich, Hart-Weich-Verbundbauteile sehr effizient und ohne den Einsatz von Haftvermittlern herzustellen. Im Bereich der Dichtungstechnik bringt das viele Vorteile. Silikondichtungen können jetzt mit dem Bauteil verklebt werden, was die Montage vereinfacht und die Dichtigkeit verbessert. Auch mechanische Eigenschaften wie Reißfestigkeit, Druckverformungsrest und Medienbeständigkeit haben sich in den letzten zehn Jahren enorm verbessert.

Inzwischen bieten wir einen Flüssigsilikonkautschuk mit einer Härte von 90 Shore A. Das kommt der Festigkeit eines Thermoplast schon recht nahe. Fortschritte wurden auch bei der Entflüchtigung erzielt. Sogenannte Non-Post Cure-Typen besitzen bereits nach der Vulkanisation so hohe Festigkeiten, dass sie nicht mehr getempert werden müssen. Dadurch entfällt in vielen Fällen eine zeit- und kostenintensive Nachbehandlung des Elastomers.

KGK Welches sind die wichtigsten Aufgaben, welche die Werkstoffklasse in Zukunft erfüllen muss und worin liegt das größte Entwicklungspotenzial?
Christian Gimber Silikonelastomere haben sich schon immer durch gute mechanische Eigenschaften, hohe Elastizität und extreme Hitzebeständigkeit ausgezeichnet. Das wird in Zukunft immer wichtiger. Besonders hoch sind die Anforderungen bei Dichtungsmaterialien: Ob im Auto, im Bügeleisen, in der Kaffeemaschine: Immer häufiger werden Silikonelastomere eingesetzt, weil sie dank ihrer Medienbeständigkeit und ihres hohen Rückstellvermögens sehr robust sind und gut abdichten. Als Vergussmassen sind Silikone mittlerweile unentbehrlich. Sie schützen empfindliche Elektronikbauteile vor Staub und Vibrationen. Auch LEDs werden mittlerweile mit hochtransparenten Spezialsilikonen vergossen. Silikone besitzen außerdem hervorragende dielektrische Eigenschaften. Sie werden deshalb in der elektrischen Energieversorgung oder als Kabelgarnituren eingesetzt.

Auch Brandschutzkabel in Flughäfen und öffentlichen Gebäuden werden häufig mit keramifizierenden Silikonen isoliert. Sollte es zu einem Brand kommen, löst sich das Silikon nicht einfach in Rauch auf, sondern formt eine keramikartige Hülle, die das Kabel vor einem Kurzschluss schützt. Dadurch bleiben Aufzüge und Meldeanlagen länger funktionstüchtig, was im Falle eines Falles lebensrettend sein kann.

Abgesehen von solchen industriellen Anwendungen werden immer mehr Silikone auch in der Medizintechnik eingesetzt. Das reicht von Kathetern, Beatmungsmasken und OP-Bedarf bis zur Orthopädie und Prothetik. Inzwischen sind sogar Wundauflagen und medizinische Tapes auf dem Markt, die mit sanft haftenden Silikon-Gelen beschichtet sind. Das ist ein sehr interessanter Markt, der in Zukunft noch enorm wachsen wird.

KGK Welche Rolle spielt Silikon im Hinblick auf Nachhaltigkeit und ressourcenschonende Produkte? Welchen Beitrag kann der Werkstoff leisten?
Christian Gimber Silikone sind Hochleistungswerkstoffe. Sie verkraften höhere Temperaturen und besitzen oft eine bessere Mechanik als andere Kautschuke. Dadurch lassen sich beispielsweise effizientere und sparsamere Motoren kon­struieren. Ich nenne nur das Beispiel Downsizing. Dank modernem Motormanagement und einer kompakteren Bauweise sind Automotoren heute deutlich effizienter und sparsamer als früher. Die Kehrseite der Medaille: Unter der Haube wird es immer heißer. Viele Kunststoffe sind bereits jetzt am Limit. Nicht so Silikone. Sie haben dank ihrer thermischen Stabilität noch genügend Reserven, um die steigenden Anforderungen zu erfüllen, die die Entwicklung sparsamerer Motoren mit sich bringt. Silikone lassen sich aber auch sehr effizient verarbeiten. Flüssigsilikonkautschuke sind beispielsweise prädestiniert fürs Spritzgießen, ein sehr effizientes Verfahren, das sich insbesondere für die Massenherstellung von Bauteilen eignet. Ressourcenschonend sind auch unsere UV-aktivierbaren Silikongele. Sie vernetzen schnell und ohne Ofenhärtung. Das spart nicht nur Zeit, sondern auch Energie und Heizkosten.

KGK Wenn Sie an E-Mobility und Leichtbau denken: Was fällt Ihnen dazu ein im Kontext zu Elastomeren?
Christian Gimber Die zunehmende Elektrifizierung von Autos und der Siegeszug von Fahrerassistenzsystemen bis hin zum autonomen Fahren ist für Hochleistungswerkstoffe wie Silikone eine Herausforderung, aber auch eine große Chance. Silikone werden in vielen Bereichen eingesetzt, zum Beispiel zur Isolierung von Hybridkabeln, zum Vergießen der Bordelektronik und Sensoren oder zur Wärmeabführung. Gerade das Wärmemanagement wird angesichts steigender Fahrleistungen und Reichweiten immer wichtiger. Batterie, Motor und Elektronik produzieren Wärme, die abgeführt werden muss. Gapfiller und spezielle Silikonklebstoffe verbinden die Elektronik mit dem Kühlkörper und leiten dadurch die überschüssige Wärme ab. Auf diese Weise bleibt die Betriebstemperatur im grünen Bereich. Auch beim Thema Leichtbau sind Silikone gefragt. Wacker hat beispielsweise schäumbare Silikonelastomere für Flugzeuge entwickelt. Sitze und Kissen aus dem Material sind nicht nur extrem leicht, sondern bieten auch ein hohes Maß an Sicherheit, weil Silikone nur schwer entflammbar sind.

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Dr. Etwina Gandert

Redakteurin KGK

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