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Wasser perlt in Tropfen von einer wasserabweisenden Oberfläche ab und „spült“ dabei gleichzeitig Schmutzpartikel weg. Diese aus der Natur bekannte Superhydrophobie wird landläufig als Lotuseffekt bezeichnet. Freudenberg Sealing Technologies ist es gelungen, dieses Phänomen auf Dichtungen aus Flüssigsilikon zu übertragen ohne den Dichtungswerkstoff zu verändern und ohne die Dichtung zu beschichten.

Der entscheidende Kniff liegt im Werkzeug. Es hinterlässt auf der Dichtungsoberfläche eine mit dem Auge nicht erkennbare, im Mikrometerbereich liegende Berg- und Tal-Struktur, die der Oberfläche der Lotusblume nachempfunden ist. Nicht nur Wasser, sondern auch zähflüssiger Honig perlt auf der sich samtartig anfühlenden Fläche der Dichtung einfach ab.

Diese rein geometrische Modifikation der Oberfläche lässt beispielsweise die Hersteller von Dosierventilen von Lebensmitteln aufhorchen. Flüssigsilikone eignen sich generell sehr gut für die Lebensmittel- und Getränkeindustrie sowie für den Kontakt mit Trinkwasser; unter anderem sind sie ausgezeichnet sterilisierbar.

„Für viele Anwender ist die mit dem Perleffekt verbundene Reduktion des Reibungskoeffizienten um den Faktor 2 entscheidend“, nennt Entwicklungsingenieur Michael Klemt einen zweiten Pluspunkt. Dieser ist insbesondere für die Montage der Dichtung von Bedeutung. Die neue reibungsreduzierende Mikrostruktur der Dichtungsoberfläche kann dazu beitragen, die Montage deutlich zu erleichtern: im trockenen Zustand, ohne dass Schmierstoffe nötig sind.

So nehmen Flüssigsilikondichtungen mit Lotuseffekt sogar dem gefürchteten Stick-Slip-Effekt den Schrecken. Wird eine herkömmliche Dichtung beispielsweise über ein Gehäuse gestülpt, kann dabei das unerwünschte Ruckgleiten gegeneinander bewegter Festkörper auftreten. Dieses „Ruckeln“ erschwert einen automatisierten Einbau.

Das Competence Center Liquid Elastomer Solutions hat für einen Kunden ein neuartiges Flüssigsilikon entwickelt. Seine Besonderheit: Es ist bis zu knapp 40 % leichter als herkömmliche Flüssigsilikone. „Seine Massendichte lässt sich je nach Einsatzzweck in einem weiten Bereich variabel einstellen“, erklärt Klemt.

Diese Gewichtsersparnis ist in der konkreten Anwendung notwendig, da die Dichtung schwimmfähig sein muss. Gleichzeitig muss sie dauerhaft Ablagerungen sowie aggressiven Chemikalien widerstehen – was Dichtungen aus anderen Materialien bisher nicht ausreichend lange gelang.

Die Gewichtsreduzierung eröffnet dem neuen Werkstoff neben Schwimmkörpern auch ganz andere Einsatzmöglichkeiten. Leichtbau steht aus Gründen der Effizienz, Wirtschaftlichkeit und vor dem Hintergrund rechtlicher Emissionsvorgaben bei Kunden in der Automobilindustrie, aber auch in der Luft- und Raumfahrt hoch im Kurs. Überall werden Präzisionsformteile aus Flüssigsilikon beispielsweise zur Abdichtung von Schaltern und Steckern, als Dichtmatten zur Kabeldurchführung oder als Staubschutzkappen eingesetzt. Seine sehr guten elektrischen Isolationseigenschaften in Kombination mit hoher mechanischer Dauerbelastbarkeit und UV-Beständigkeit prädestinieren Flüssigsilikon für diese Anwendungen.

Produkte aus dem neuen „leichten“ Werkstoff werden im selben Formgebungsverfahren hergestellt wie klassische Flüssigsilikone. „Sie verfügen über vergleichbare Grundeigenschaften und eine vergleichbare Dichtwirkung. Es besteht großes Potenzial, das neue Flüssigsilikon auch beispielsweise für 2-K- oder Mehrkomponententeile anzuwenden“, erläutert Klemt.

Bei der Industrialisierung kommt dem Hersteller sein Know-how in der Werkzeug- und Prozessentwicklung bei der Flüssigsilikonverarbeitung zugute. „Unser eigener Werkzeugbau und unsere selbst entwickelte Kaltkanaltechnologie für bis zu mehrere Dutzend Kavitäten für eine angussfreie Fertigung sind entscheidende Erfolgsfaktoren“, sagt Klemt.

(dw)

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