Farbregelung 13x9
Silikon ist für Health-Care-Produkte ein beliebter Werkstoff, für dessen Verarbeitung verschiedene Komponenten exakt dosiert werden müssen. (Bildquelle: Elmet)

Silikon ist für Health-Care-Produkte ein beliebter Werkstoff, für dessen Verarbeitung verschiedene Komponenten exakt dosiert werden müssen. (Bildquelle: Elmet)

Der Einsatz eines hochauflösenden Durchflussmessers in der geregelten Farb- und Additivaustragung ermöglicht jetzt das Erfassen des zugeführten Additiv-Volumens mit einer Genauigkeit von 640.000 Inkrementen pro Liter. Mithilfe dieser Messwerte regelt das System dann die Zuführung entsprechend dem am Touchdisplay eingestellten Prozentsatz aus, und zugleich stellt es die entsprechenden Werte für die Dokumentation zur Verfügung.

Der neue Durchflussmesser ist Teil des Regelsystems des Mehrkomponenten-Dosiersystems TOP 3000 S von Elmet, das darauf ausgelegt ist, ein über den gesamten Fassinhalt gleichbleibendes Mischverhältnis einzuhalten, eine Materialausnutzung von über 99 Prozent zu sichern und damit Maßstäbe hinsichtlich der Stabilität des Spritzgießprozesses sowie der Kosteneffizienz zu setzen. Dabei erfolgt auch die Dosierung und Förderung der LSR-Komponenten A und B in einem geschlossenem Regelkreis, in dem präzise Volumenzähler die abgegebenen Materialmengen ermitteln. Darüber hinaus lassen sich die zugehörigen Prozessdaten für jeden einzelnen Schuss unaufwändig per USB-, LAN oder WLAN-Schnittstelle exportieren.

Bei der Dosierung der Additive gibt es nach unten theoretisch keine Grenzen, weil die Menge über die Taktfrequenz bestimmt wird. (Bildquelle: Elmet)

Bei der Dosierung der Additive gibt es nach unten theoretisch keine Grenzen, weil die Menge über die Taktfrequenz bestimmt wird. (Bildquelle: Elmet)

Dazu Geschäftsführer Kurt Manigatter: „Mit unserem aktuellen Schritt zu noch mehr Präzision unterstreichen wir erneut den hohen Anspruch von Elmet an die Genauigkeit der Prozessführung, die unsere Dosiersysteme schon seit ihrer Markteinführung vor rund zehn Jahren auszeichnet und ihren Einsatz so wirtschaftlich macht. Mit der aktuellen Weiterentwicklung sind diese Systeme bestens aufgestellt, um auch die besonderen Ansprüche sensibler Branchen wie der Automobilindustrie und der Medizintechnik zu erfüllen.“

Das umfangreich ausgestattete Mehrkomponenten-Dosiersystem TOP 3000 S verfügt über robuste und energieeffiziente pneumatische Antriebe und eignet sich für 20-l- sowie für 200-l-Gebinde. Seine maximale Förderleistung beträgt 2,5 l/min, wobei bis zu 10 Prozent Farbmittel zudosiert werden können.

Interview mit Wolfgang Leitner, Leiter Vertrieb und Produktmanagement, Elmet Elastomere Produktions- und Dienstleistungsgesellschaft, Oftering, Österreich

Wolfgang Leitner, Elmet, Oftering, Österreich

Wolfgang Leitner, Elmet, Oftering, Österreich

Exakte und zuverlässige Additiv-Dosierung im Promille-Bereich

KGK Worin liegt die technische Herausforderung in der Dosierung von Additiven und Farbstoffen in LSR-Mischungen? Eher im Material oder eher in der Verfahrenstechnik? Warum ist das so?

Leitner Die Herausforderung bei der prozentualen Beimengung von Additiven liegt einerseits darin, dass die Menge des Grundmaterials exakt bekannt sein muss. Wir verwenden dazu Volumenzähler, die den Strom des Flüssigsilikons mit einer Auflösung von 64.000 Inkrementen pro Liter erfassen. Andererseits liegt die Schwierigkeit in den extrem kleinen Mengen der Additive, die dem Flüssigsilikon hinzugemischt werden: Bei einem Schussgewicht von wenigen Gramm und einem Farbanteil von 2% muss die Auflösung des Volumenzählers für diese Additive wesentlich höher sein als bei der Messung des Flüssigsilikon-Volumenstroms. Darum setzen wir für die Messung des Additiv-Volumenstroms Zähler mit einer Auflösung von 640.000 Inkrementen pro Liter ein. Mit den Materialströmen, die der hochaufgelöste Volumenzähler ermittelt, und dem vorgegebenen Prozentsatz, den der Bediener am Touchpanel einstellt, errechnet und regelt das Steuerungssystem die Zuführung des Additives mit einer Genauigkeit im Promille-Bereich.

KGK Stellen Farben andere Anforderungen als Additive?

Leitner Grundsätzlich nein, denn als Additive bezeichnen wir alle Arten von Zusatzstoffen, die als zusätzlicher Materialstrom der A- und B-Komponente des Flüssigsilikons beigemengt werden. Bei den meisten uns bekannten Anwendungen handelt es sich um Farbe. Es gibt aber auch Anwendungen, bei denen zum Beispiel Öle, medizinische Wirkstoffe oder leitende Zusatzstoffe in einer exakt bestimmten und nachzuweisenden Menge beigemengt werden müssen. Gerade für diese Fälle ist das System von großem Nutzen, weil das Additiv bisher vor der Verarbeitung direkt ins Fass gemischt werden musste, wobei es im Laufe der Zeit zu Entmischungen kommen konnte. Zudem konnte es beim externen Mischvorgang auch zu Kontaminierungen des Materials kommen.

Der hochauflösende Durchflussmessers steigert die Präzision der Zudosierung von Additiven und Farben auf 640.000 Inkremente pro Liter.

Der hochauflösende Durchflussmessers steigert die Präzision der Zudosierung von Additiven und Farben auf 640.000 Inkremente pro Liter.

KGK Wo liegen die Grenzen der möglichen Dosiermengen?

Leitner Mit der Elmet Additivlinie können in der Standardausführung bis zu 10 Prozent Additiv beigemengt werden. Im Spezialfall sind auch 20 Prozent möglich. Nach unten gibt es theoretisch keine Grenzen, weil die Menge über die Taktfrequenz bestimmt wird. Wir wissen von Anwendungen, bei denen Kunden nur 0,2 Prozent beimengen und dabei sehr gute Ergebnisse erzielen.

Die Farbpumpe ist für 20-l-Gebinde geeignet. Ein Rührwerk sorgt für eine effektive Durchmischung. (Bildquelle: Elmet)

Die Farbpumpe ist für 20-l-Gebinde geeignet. Ein Rührwerk sorgt für eine effektive Durchmischung. (Bildquelle: Elmet)

 

 

 

 

 

 

KGK Bei Flüssigkeiten in Fässern bilden sich gerne Agglomerate. Damit einhergehen kann nicht nur eine Viskositäts-, sondern auch eine Konzentrationsänderung. Wie regelt das System dies?

Leitner Ob dieses Phänomen ein Problem ist, hängt davon ab, ob in der jeweiligen Anwendung Anteilstoleranzen erlaubt sind und wie stark das Additiv dazu neigt, die Homogenität zu verlieren. Für kritische Fälle setzen wir das 20-Liter-Farbsystem ein, bei dem ein vollständiges Gebinde eingespannt werden kann und ein Rührwerk diesen Effekt durch permanente Bewegung des Additivs verhindert. Unsere Additivelinie verfügt zudem über einen feinen Filter, der das Beimengen von größeren Partikeln oder Agglomeraten verhindert.

KGK Wie werden Verschmutzungen erkannt?

Leitner Das eingesetzte Farbventil beruht auf dem Verdränger-Prinzip. Dabei wird die immer gleiche Menge an Additiv in den Flüssigsilikon-Materialstrom eingetaktet, bevor dieser zuerst im Mischer statisch und dann beim Aufdosieren in der Schnecke der Spritzgießmaschine dynamisch homogenisiert wird. Das System erfasst und dokumentiert die beigegebene Additivmenge pro Takt und errechnet abhängig vom aktuellen Materialstrom des Flüssigsilikons, wann die nächste Eintaktung stattfinden muss. Ver-ringert sich zum Beispiel durch Verschmutzung das Volumen, das pro Takt beigemengt wird, so erhöht das System entsprechend die Taktfrequenz. Somit wird sichergestellt, dass der eingestellte Prozentwert immer exakt erreicht wird. Erkennt das System, dass das durchschnittliche Eintaktvolumen zunehmend vom ursprünglichen Eintaktvolumen abweicht, aktiviert es bei Erreichen einer Warngrenze die orangene Statusleuchte, und es gibt am Display einen Hinweis aus, dass eine Wartung durchzuführen ist. Verschlechtert sich die Situation weiter, weil zum Beispiel die Wartung nicht durchgeführt wird, so stellt das Dosiersystem die Produktion bei Erreichen der Störungsgrenze ab.

KGK Lassen sich Anlagen mit der Dosiertechnik nachrüsten?

Leitner Alle Anlagen, die mit der letzten Controller-Generation ausgeliefert wurden (ca. ab Frühjahr 2014), können nachgerüstet werden. Anhand der Seriennummer des Gerätes können wir  feststellen, ob das gelieferte Gerät für ein Upgrade geeignet ist.

KGK Lassen sich mehrere Additiv-Dosierstränge über eine Steuerung bedienen?

Leitner Derzeit können zwar mehrere Additiv-Dosierstränge bedient werden, jedoch kann nur eine davon mit dem Regelsystem ausgestattet werden. Ab Juni 2016 wird auch der parallele Einsatz von zwei geregelten Dosiersträngen möglich sein.

KGK Ist die Technik auch mit elektrischem Antrieb erhältlich?

Leitner Nein. Elmet setzt nach wie vor auf die pneumatischen Antriebssysteme. Ausschlaggebend für die Prozessstabilität ist nicht das Antriebsmedium sondern das Regelsystem. Auch die niedrigen Energiekosten von 300 EUR bei einem Jahresverbrauch von 20 Tonnen Flüssigsilikon rechtfertigen aus unserer Sicht nicht, auf die Vorteile der robusten Technik und der sicheren Ersatzteilversorgung über die gesamte Produktlebenszeit zu verzichten.

Der Turnkey-Anbieter hat die Dosier-Technik weiter entwickelt, sodass damit nicht nur die Produkt-Qualität, sondern auch die Effizienz des LSR-Spritzgießprozesses verbessert werden kann.

Der Turnkey-Anbieter hat die Dosier-Technik weiter entwickelt, sodass damit nicht nur die Produkt-Qualität, sondern auch die Effizienz des LSR-Spritzgießprozesses verbessert werden kann.

KGK Über welche Schnittstelle erfolgt der Anschluss an die Maschine und welche Einbindung in übergeordnete Systeme ist möglich? In welchen Sprachen ist die Steuerung verfügbar?

Leitner Die meisten Dosiersysteme kommunizieren mit der Spritzgießmaschine über eine einfache digitale Schnittstelle, die von Maschinenhersteller zu Maschinenhersteller leicht variieren kann. Im Störfall meldet das Dosiersystem keine Bereitschaft zum Fördern mehr, und die Spritzgießmaschine dosiert nicht mehr auf. Wenn diese elektrische Schnittstelle nicht vorhanden ist, bemerkt die Spritzgießmaschine, dass kein Material mehr nachgefördert wird und geht ebenfalls auf Störung. Die dokumentierten Daten lassen sich direkt am Display aufrufen, können im Tabellenformat auf ein USB-Speichermedium gespeichert werden und stehen ebenfalls über LAN oder WLAN für ein übergeordnetes Prozessleitsystem zur Verfügung. Das Display des Dosiersystems kann in zwölf Standardsprachen aufgerufen werden.

KGK Wie wird ein Farb- oder Additivwechsel technisch gelöst?

Leitner Grundsätzlich ist es möglich, Farben und Additive nach
einem Wechsel durch das nachfolgende Medium auszuspülen. Wichtig ist hierbei, dass immer helle Farben durch dunklere Farben ausgespült werden und die Anwendung nicht zu sensibel in Hinblick auf verbleibende Partikel des zuvor verwendeten Additivs ist.  Im Zweifelsfall ist die Farb- bzw. Additivlinie zu reinigen und erst dann mit dem neuen Medium zu nutzen. Um diese Arbeiten zu erleichtern, legt Elmet besonderen Wert darauf, die Reinigung so einfach wie möglich zu gestalten.

KGK Sollte die Maschine stoppen müssen – wie lange dauert es, die Anlage zu reinigen und erneut anzufahren bis zur Gutteil-Produktion?

Leitner Dies hängt natürlich stark von der Anwendung und dem Grund für den Stopp ab: Wenn es zu einem Stopp aufgrund von fehlender Farbe kommt, dann ist diese einfach nachzufüllen, und die Produktion kann nach wenigen Minuten weitergehen. Ein Stopp, der aufgrund des Wartungs- oder Reinigungszustandes der Additivlinie erforderlich ist, kann durch den raschen Tausch gegen eine bereits gereinigte Additivlinie auf wenige Minuten reduziert werden. Zu diesem Zweck ist die Schlauchverbindung zwischen Farbbehälter und Volumenzähler als Bajonettverschluss und die Datenleitung steckbar ausgeführt.

KGK Welche Zielbranchen möchten Sie mit der neuen Dosiertechnik bedienen?

Leitner Einerseits jene Branchen, in denen der Anteil des Additives von höchster Bedeutung ist. Ich denke hier in erster Linie an die Medizinbranche oder Anwendungen, bei denen die fertigen Silikonteile eine elektrische Leitfähigkeit haben müssen. Andererseits zahlt sich der Einsatz in allen Branchen bei der Serienproduktion von Silikonteilen im Automatikbetrieb aus. Durch das System kann es einfach nicht mehr passieren, dass Teile ohne die eingestellte Farbe oder das Additiv produziert werden.

KGK Können Sie als Lohnfertiger Reinraum-Bedingungen anbieten, und ist die neue Dosiertechnik Reinraum-tauglich?

Leitner Elmet verfügt derzeit über keinen echten Reinraum. Die Dosiersysteme, die für die Produktion von Teilen unter Reinraumbedingungen eingesetzt werden, stehen meist außerhalb des Reinraums, und nur die Materialschläuche und Kabel werden in den Reinraum geführt. Abhängig von der Reinraumklasse gibt es aber auch Kunden, die das Dosiersystem im Reinraum einsetzen.

KGK Lässt sich der ROI für das Nachrüsten mit dem Dosiersystem an bestehenden Anlagen beziffern?

Leitner Abhängig von der Anwendung lassen sich verschiedene ROI Betrachtungen machen:

  1. Externe Additiv-Beimengung
    Für Anwendungen, bei denen Additive bisher im Vorfeld der Produktion beigemengt werden mussten, ist, je nach Materialverbrauch, bereits nach einem Jahr der Return on Investment
    erreichbar.
  2. Reduzierte Farbmenge
    In vielen Anwendungen werden heute 2 Prozent Farbe oder mehr verwendet um sicher zu gehen, dass das gewünschte Erscheinungsbild des Endproduktes auch bei starken
    Prozessschwankungen wirklich immer erreicht wird. Mit der  Farbregelung kann durch die hohe Prozessstabilität weniger aber dafür intensivere Farbe eingesetzt werden. Laut
    Farbherstellern sind somit Einsparungen bis zu 20 Prozent der jährlichen Farbkosten möglich.
  3. Verhinderung von Fehlproduktionen
    Viele Silikon-Verarbeiter haben bereits die schmerzliche Erfahrung gemacht, dass aufgrund einer technischen Störung oder fehlender Farbe über mehrere Stunden bzw. sogar über ganze
    Schichten transparente Teile produziert wurden. Rechnet man den Produktionsentgang, die K    osten für das verschwendete Material und die Gefahr eines Lieferverzuges, so hat sich das
    System bereits beim Verhindern der ersten Fehlproduktion gerechnet.

KGK Welchen Service bieten Sie mit Blick auf Wartung und Ersatzteilbeschaffung an?

Leitner Die Wartung des Dosiersystems kann der Kunde aufgrund des im Angebot enthaltenen Trainings und des mitgelieferten Handbuchs selbst durchführen. Die gängigen Ersatzteile sind bei Elmet in Österreich und in Lansing, Michigan, USA lagernd. Bei schwierig zu lösenden Problemen stehen Techniker bereit, um kurzfristig zum Kunden zu reisen. Außerdem halten wir immer Dosiersysteme bereit, die im Notfall als Leihgerät zum Kunden geschickt werden können, damit dieser seine Produktion aufrechterhalten kann.

 

 

 

 

 

 

Wolfgang Leitner, Elmet, Oftering, Österreich

Dr. Etwina Gandert

Redakteurin KGK

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