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Trends zum Anfassen im Automobilsalon – hier das Future Interior Concept von VW. (Bild: Dr. Etwina Gandert/Redaktion KGK)

Mit rund 1.400 Teilnehmern und über 110 Ausstellern aus 14 Ländern knüpfte der VDI Kongress Kunststoffe im Automobilbau unter dem neuem Namen PIAE 2018 an eine 40-jährige Erfolgsgeschichte an. Teil der Ausstellung war auch dieses Jahr wieder der Autosalon. Hier präsentierten Hersteller Highlights der Automobilentwicklung und Beispiele in Richtung der automobilen Megatrends wie Elektrifizierung, Automatisierung und Digitalisierung. „Die Fahrzeugkonzepte der Zukunft werden nach meiner Einschätzung eine noch vielfältigere Mobilität bieten“, so Thomas Drescher, neuer Tagungsleiter der PIAE und Leiter des Bereichs Fahrzeugtechnik von Volkswagen. Funktionale Kunststoffe sind dafür unentbehrlich. Eine Schlüsselfunktion nimmt Kunststoff auch im Leichtbau ein. Besonders interessant sind für Branchenexperten die Kombinationen aus Metall und Kunststoff. „Sie bieten ein hohes Potenzial hinsichtlich bezahlbaren Leichtbaus in Verbindung mit Funktionsintegration“, hob Joachim Melzig, Leiter des Bereichs Vorentwicklung Interieur Hausfertigung der BMW Group Landshut auf der Pressekonferenz der PIAE 2018 hervor.

Werkstoff-Kombination zu hybriden Bauteilen

Die BMW Group hat in dem Sondermodell des aktuellen BMW M4 erstmalig ein Tragrohr aus 100 Prozent Kunststoff im Einsatz. Hier wird eine ehemals Stahl-Schweißkonstruktion durch eine vergleichbare Struktur aus einem thermoplastischen Hochleistungswerkstoff mit einem relativ hohen Glasfaseranteil ersetzt. „Doch mit Blick auf einen Großserieneinsatz, in dem man sowohl eine Magnesiumkonstruktion als auch eine Stahlvariante durch Kunststoff ersetzen möchte, ist die Wirtschaftlichkeit aufgrund des hohen Materialpreises nur sehr schwer erreichbar bzw. nicht gegeben“, so Melzig. „Der hier eingesetzte Kunststoff ist nicht nur hochpreisig, sondern auch hinsichtlich seiner Verarbeitung ein sehr sensibles Material. Insbesondere die Verweilzeit und Temperaturführung in Spritzgussaggregat und Heißkanalsystem stellen eine besondere Herausforderung dar. Darüber hinaus ist die Abhängigkeit der mechanischen Eigenschaften des Kunststoff Tragrohres von der vorherrschenden Temperatur im Fahrzeug-innenraum deutlich höher im Vergleich zu einer Metalllösung.
Neben anderen Aggregaten und Bauteilen wird auch die Lenksäule an der Tragstruktur befestigt. Ohne die ohnehin vorhandenen Versteifungsmaßnahmen, müsste man zur Vermeidung von Lenksäulenschwingungen Metallelemente in das Kunststoffteil integrieren.“ In der Weiterentwicklung des Projekts wurde eine Metall-Kunststofflösung gefunden. Für die Übertragung von höheren statischen und vor allem dynamischen Kräften auf der Fahrerseite entschieden sich die Entwickler für eine Lösung mit einem höheren Metallanteil im Lenksäulenbereich. Im Gegenzug dazu konnte auf der Beifahrerseite ein günstiger Kunststoff mit Glasfaserfüllung eingesetzt werden. „Auf Basis der hier beschriebenen Metall-Kunststoff Hybrid Bauweise ist es nun aber möglich, weitere Potenziale zu heben. Aufgrund der Eigenschaften und der Kosten des gewählten Kunststoffes können Bauteile und weitere Funktionselemente mit der Tragstruktur in einem Prozessschritt hergestellt werden“, so Melzig.

Highlights von der Ausstellung

Im angegliederten Automobilsalon konnten die Teilnehmer konkrete Einblicke in die Kunststoffinnovationen der Branche erhalten. Das VW Future Interior Concept beispielsweise vermittelt einen Eindruck, wie wir zukünftig reisen könnten. Das loungeartige Interieur des Concept-Cars ist ausgestattet mit vier individuell dreh- und senkbaren Sitzen. An der Sample Bar von Covestro, Leverkusen, konnten die Besucher zahlreiche Muster sehen und fühlen, um die faszinierenden Eigenschaften heutiger Kunststoffe kennenzulernen. Rehau präsentierte auf dem Messestand seine Innovationen für den Bereich Automotive.
Trinseo, Schkopau, stellte auf der Fachausstellung sein neues TPE-Portfolio für automobile Anwendungen vor. Ein thematisches Highlight auf dem Stand von Lanxess, Köln, war die Hohlprofil-Hybridtechnik. Diese neue Prozess- und Leichtbautechnologie für die automobile Großserie ist eine Weiterentwicklung der Kunststoff-Metall-Hybridtechnik. BASF, Ludwigshafen, legte in der Ausstellung einen Schwerpunkt auf die Simulation von Werkstoff-Verhalten. Das Simulationswerkzeug Ultrasim kann dank eines thermomechanischen Modells für faserverstärkte, thermoplastische Kunststoffe präzise Vorhersagen zur temperaturabhängigen Verformung simulieren. Ein zweites neues Tool der Software dient zur Schäumsimulation von Polyurethansystemen aus Elastofoam I für Automobil-Lenkräder.

Dr. Etwina Gandert

Redakteurin KGK

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