Abb.1_Aufmacherbild PKW-Fenster_umspritzt

Abb.1: Das Montieren von Gummi- oder Kunststoffrahmen auf PKW-Fensterscheiben
erfolgt heute in zunehmendem Maße in Vertikal-Spritzgießmaschinen mit Schiebe-
oder Rundtisch-Schließeinheiten durch das Umspritzen mit Kunststoff oder Gummi. (Bild: alle LWB Steinl)

Die 1902 vom US-amerikanischen Automobilpionier Ransom Eli Olds (Oldsmobile, REO) erfundene und von Henry Ford 1913 perfektionierte Fließbandmontage von Personenkraftwagen wäre ohne die Zulieferung montagefreundlicher Einzelteile bzw. Baugruppen nicht zum Erfolgskonzept geworden. Dies gilt unverändert bis heute. Eine wichtige Baugruppe für den Karosseriebau sind die Glasfenster, die mittels flexibler „Interfaces“ mit der Karosserie verbunden werden. Die größten Glasscheiben (Front- und Heckscheibe, ein optionales Glasdach) werden in der Regel auf die Karosserie geklebt. Die beweglichen Scheiben in den Türen werden zusammen mit den Führungen, die gleichzeitig auch die Dichtfunktion übernehmen, montiert.

Abb.2_LWB-VC 2500 mit L

Abb.2: Die Serienmaschinen der VC-Baureihe mit holmloser C-Rahmen-Schließeinheit undvertikalem Spritzaggregat (hier in Thermoplast-Ausführung) können mit Schiebe- oder Rundtischmodulen und mittels Lichtvorhängen gesicherten Schutzumwehrungen zu effizientenProduktionszellen hochgerüstet werden.

Die fixen Seitenscheiben werden inklusive elastischem Dicht- und Halterrahmen aus Gummi- oder thermoplastischem Elastomer ans Montageband angeliefert und dort als Einheit in die Karosserie eingebaut.

Dabei rastet die profiliert ausgeführte Fensterdichtung im Karosserieblech ein und stellt einen mechanisch festen und dichten Haftsitz her. Das Größenspektrum dieser fixen PKW-Scheiben ist groß und reicht vom kleinen Dreiecksfenster im A-Säulenbereich bis zu den hinteren Seitenscheiben für 2-türige Limousinen, Coupes, oder Combi-Pkw und die etwas höheren SUV- und Van-Versionen. Als Leichtbaualternative zu den Scheiben aus Mineralglas werden in Sonderfällen auch Scheiben aus Polykarbonat eingesetzt.

Montagespritzguss auf Vertikal­maschinen

Der Produktionsprozess für die Spritzgießmontage von Glasscheibe und Dichtung ist einfach erklärt. Eine entsprechend vorbehandelte Glasscheibe wird in ein Spritzgießwerkzeug eingelegt, über Vakuumsauger fixiert, dann entweder mit TPE (thermoplastisches Elastomer) oder Gummi umspritzt und das Verbund-Bauteil anschließend aus dem Werkzeug entnommen.

Nicht so einfach wie der Spritzgießvorgang ist das Einlegen und Entnehmen der zu umspritzenden Komponenten. Denn die konstruktive Gestaltung des Fenstermoduls erfordert oftmals, dass mit der Glasscheibe auch Zusatzteile wie Versteifungsleisten, Scharniere etc. präzise im Spritzgießwerkzeug positioniert werden müssen. Je größer die Scheibe und je höher die Zahl der Einlegeteile, umso weniger kommen für deren Verarbeitung Spritzgießmaschinen mit horizontalen Schließeinheiten in Frage. Zu sehr ist dort die Zugänglichkeit zur Schließeinheit eingeschränkt. Zusätzlich ist mit steigenden Teilegrößen und -gewichten der Einfluss der Schwerkraft auf die Teilemanipulation zu berücksichtigen, das heißt es müssen konstruktive bzw. organisatorische Fallsicherungen vorgesehen werden.

Abb.3_LWB VC 2500_C-Rahmen

Abb.3: Vertikale, von unten schließende C-Rahmen-Maschine mit verbreiterter 2.500 kN Schließeinheit in Kombination mit Drehtischeinheit und horizontalem Spritzaggregat.

Als Alternative bieten sich Maschinen mit vertikalen Schließeinheiten an. Sie bieten die notwendige bessere Zugänglichkeit zum Werkzeugbereich und ermöglichen eine Teilemanipulation ohne störenden Schwerkrafteinfluss. LWB Steinl baut seit mehr als 20 Jahren Vertikalmaschinen für die Spritzgießmontage von Scheibenmodulen und hat in diesem Zeitraum einen modularen Komponenten-Baukasten dafür entwickelt. Dieser erlaubt, ohne lange Projektlaufzeiten auf den jeweiligen Anwendungsfall reagieren zu können.

 

Holmlose C-Rahmen-Maschinen für kleine Scheiben

Im einfachsten Fall kann auf die vertikale C-Rahmenbauweise der VC-Baureihe zurückgegriffen werden. Da die VC-Serienmaschinen mit Aufspannplatten bzw. Heizplatten-Größen von 500 x 400 mm bis 1.100 x 700 mm zur Verfügung stehen, sind sie gut geeignet, um damit kleine bis mittelgroße PKW-Scheiben mit Kunststoff oder Gummi zu umrahmen. Dass die Schließkraftstufen der VC-Maschinen von 500 bis 2.500 kN reichen, ist für die Glas-Umspritzung gegenüber der Größe der Aufspannfläche von sekundärer Bedeutung. Vergleichsweise wichtiger ist, dass das Plastifizier-/Spritzaggregat vertikal von oben einspritzt und dadurch Werkzeuge im Standardlayout mit zentraler Düse verwendet werden können. Der mit der Verwendung dieser Maschine verbundene Kompromiss ist, dass das Einlegen der Glasscheibe sowie das Entnehmen des Kunststoff-Glas-Verbundteils eine überlange Pausenzeit zwischen zwei Spritzzyklen zur Folge hat.

Steigern lässt sich die Produktionseffizienz durch die Kombination der Standard-Maschine mit einem Schiebetisch- oder alternativ mit einem Rundtisch, wodurch die aufwändige Manipulation von Glasplatten und Einlegeteilen parallel zum Spritzgießzyklus abgewickelt werden kann (Abb.2).

C- und Portalrahmen-Spezialmaschinen für zwei Scheiben gleichzeitig

Die nächste Effizienzstufe ist die gleichzeitige Umspritzung zweier Glasscheiben (zum Beispiel linkes und rechtes Seitenfenster). Um zwei Werkzeuge nebeneinander positionieren zu können, muss die Werkzeug-Aufspannfläche in der Breite wachsen. Das kann auf unterschiedliche Weise gelöst werden können:

Alternative 1: C-Rahmen-Schließeinheit in verbreiterter Ausführung (Abb.3)
Alternative 2: Portalrahmen-Schließeinheit in verbreiterter Ausführung (Abb.4a+b)

Sowohl die C-Rahmen- als auch die Portalrahmen-Maschinen können in mehreren Größen- und Schließkraftstufen realisiert werden, mit oder ohne Drehtischmodul. Obwohl beide Maschinenvarianten auf annähernd die gleiche Produktionsleistung hin ausgelegt werden können, weisen sie einige signifikante Unterschiede auf.

Die C-Rahmen-Maschine baut konzeptbedingt höher als die Portalrahmenmaschine, muss daher entweder von einer Arbeitsbühne umgeben sein oder in einem vertieften Fundament aufgestellt werden. Sie bietet aber den Vorteil einer an drei Seiten offenen und daher frei zugänglichen Schließeinheit.

Die in Abb. 4a abgebildete Portalrahmen-Maschine mit 3.000 kN Schließkraft bietet durch ihre von oben schließende Ausführung den Vorteil, dass der Drehtisch (hier mit 3000 mm Durchmesser) sehr niedrig positioniert werden kann, hier konkret mit Aufspannfläche von 850 mm über Bodenniveau. Mit üblicherweise 300 mm hohen Umspritzwerkzeugen ergibt dies eine ergonomisch günstige Höhe zum Einlegen bzw. Entnehmen der Glasscheiben von 1150 mm über Boden. Ein weiterer Vorteil des verbreiterten Portalrahmenkonzepts ist die Möglichkeit zur Aufteilung der Schließkrafteinleitung auf bis zu vier in Reihe nebeneinander positionierte Druckkissen, wodurch eine sehr gleichmäßige Kraftverteilung auf die langen Dichtflächen der Glas-Umspritzwerkzeuge gewährleistet ist (Abb.4b.)

Abb.4b_LWB-VRRS 3000 _ SP750 t_Bedienbereich

Fig.4a + b: Vertical, top-closing turntable type VRRS 3000 / SP750 t with two injection units for two tools simultaneously on a 3,000 mm turntable. The total clamping area of 2,200 x 700 mm is at only 850 mm above ground level.

Abb.4a_LWB-VRRS 3000 _ SP750 t

Ähnlich ist an beiden Maschinen die Absicherung des Manipulationsbereichs vor der Schließeinheit durch Lichtvorhänge. Sie gestatten das Be- und Entladen der Glasmodule mit größtmöglicher Bewegungsfreiheit, was beispielsweise bei der Produktion von Scheibenfassung aus TPE, die üblicherweise Kühlzeiten von nur rund 35 bis 40 Sekunden haben, auch notwendig ist, da zum Be- und Entladen von 2 Kavitäten in dieser kurzen Zeit mehr als eine Bedienperson erforderlich sein kann. Sollte alternativ eine Automatisierung der Glasplatten-Manipulation zur Diskussion stehen, so bieten beide Maschinen im Rundtischbereich den benötigten Freiraum zur Ausrüstung mit Handling-Robotern.

Ebenso unterschiedlich sind die realisierten Optionen für die simultane Anspritzung beider Glasplatten. Auf der C-Rahmen-Maschine (Abb.3) erfolgt dies über ein einziges, entsprechend groß dimensioniertes, Spritzaggregat in Kombination mit einem Materialverteiler (Kalt-oder Heißkanal, je nach verarbeitetem Material) zu beiden Formkavitäten.

Auf der abgebildeten Portalrahmen-Maschine ist die Abspritzung über zwei parallele, horizontale Spritzaggregate dargestellt (Abb.4b). Sie spritzen durch die Formtrennebene jeweils eine Glasscheibe separat, aber simultan an. Dies hat den Vorteil, dass kostengünstigere Einzelwerkzeuge ohne Kalt- bzw. Heißkanalsystem eingesetzt werden können.

Ergonomie-Champion 3-Säulen-Maschine

Die Praxiserfahrung hat gezeigt, dass jede der oben beschriebenen Maschinenvarianten, unterschiedliche Möglichkeiten bietet, aber auch, je nach produzierter Glasscheiben- bzw. Dichtungsausführung spezifische Kompromisse abverlangt. Die vertikalen C-Rahmen-Serienmaschinen bauen durch ihre vertikalen Spritzaggregate relativ hoch, die verbreiterten C-Rahmen-Maschinen verlangen Maßnahmen zur Erleichterung der Be- und Entladung, die Portalrahmen-Schließeinheiten erschweren den seitlichen Zugang zur Schließeinheit.

Abb.5_LWB-VSRS 2500_1000_Gesamtansicht

⊳ Abb.5: Produktionszelle zur Glasscheiben-Umspritzung mit Drei-Säulen-Schließeinheit und Anspritzung über ein horizontales Plasti-fizier- und Spritzaggregat mit zentraler Einspritzung von oben aufBasis des Maschinentyps VSRS 2500/1000.

Um den Scheibenmodul-Produzenten eine weitere Alternative anbieten zu können, entwickelten die LWB-Ingenieure dafür ein von Grund auf neues Maschinen-Konzept: Die frei stehende und daher allseitig zugängliche 3-Säulen-Schließeinheit mit einer darüber „schwebend“ anmutenden horizontalen Plastifizier- und Spritzeinheit, die über eine Umlenkung zentral durch die obere Maschinenplatte einspritzt (Abb.5 bis 7). Das neue Maschinenkonzept bietet über die freie Zugänglichkeit des Werkzeugbereichs hinaus noch weitere Vorteile, insbesondere die niedrige Rundtisch-Aufspannfläche von lediglich 1.000 mm über Boden. Der Werkzeugbereich ist für Wartungsarbeiten von allen vier Seiten zugänglich, der Bedienbereich von drei Seiten.

 

 

Abb.6_LWB-VSRS 2500_1000_Detail-Schlie_ƒeinheit_1

Abb.6: Detailansicht der Drei-Säulen-Schließeinheit in Kombination mit dem 2-Stationen-Drehtisch-Modul. Das neue Maschinenkonzept bietet maximalen Freiraum für die Werkzeugspannung und das Formteilhandling in der Arbeitsstation.

Die Betriebsmedien und die Elektroverbindungen sind nicht wie üblich von unten über eine Drehdurchführung zu den Werkzeugen geführt, sondern leicht zugänglich über einen Kabelschlepp von oben. Erwähnenswert ist auch, dass die Maschinenhydraulik samt Antrieb als Kompakteinheit frei neben der Schließeinheit steht und daher im Wartungsfall optimal zugänglich ist. Das horizontale Plastifizier- und Spritzaggregat hält die Gesamthöhe der Produktionszelle niedrig, was einen Einsatzvorteil in Hallen mit geringer lichter Höhe darstellt. Wie die anderen Maschinentypen ist auch die 3-Säulen-Maschine bei Bedarf in mehreren Größenstufen verfügbar.

4-Säulen-Maschine für große Glasformate

Für noch größere Glasscheiben und noch größere Werkzeuge hat das Unternehmen eine Vertikalmaschine entwickelt, die auf das Handling dieser Dimensionen abgestimmt ist. Sie besitzt eine von oben schließende 4-Säulen-Schließeinheit mit einer Aufspannfläche von 2.000 x 1.000 mm und 4.500 kN Schließkraft und ein horizontales 1.400 cm³ Plastifizier- und Spritzaggregat. Bemerkenswert ist die niedrige Höhe der Werkzeugaufspannfläche von nur 700 mm über Boden, wodurch sich auch mit den Großformen eine ergonomisch günstige Bedienhöhe ergibt. Die Schließeinheit ist mit einem Links/Rechts-Schiebetisch kombiniert, der eine effiziente Großteile-Manipulation ermöglicht.

Abb.7_LWB-VSRS 2500_1000-Ru_êckansicht

Abb.7: Die „schwebende Überkopf-Position“ des Plastifzieraggregates oberhalb der Schließ-einheit schafft die Voraussetzung für einen allseitig zugänglichen Werkzeugbereich.

Automatisierungs-Kompetenz komplettiert das Angebot

Zahlreiche über einen Zeitraum von mehr als 20 Jahren abgewickelte Projekte zur PKW-Glasscheibenkonfektion haben eine breite Expertise über die Anforderungen in dieser sehr speziellen Produktnische geschaffen. Dabei stand die ergonomisch günstige und damit effiziente Manipulation der sperrigen und gegenüber mechanischen Beanspruchungen empfindlichen Glasscheiben im Fokus. Wie die exemplarischen Beispiele aus realisierten Kundenprojekten dokumentieren, kann LWB Steinl für jede einschlägige Produktionsaufgabe auf Referenzen verweisen. Darüber hinaus können mit der 2017 gegründeten Gruppenfirma LWB Automation zukünftig auch weitreichende Automatisierungslösungen für die Teilelogistik rund um die Maschine angeboten werden.

Dipl.-Ing. Reinhard Bauer

Technokom, Gmünd, Österreich

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LWB Steinl GmbH & Co.KG

Sonnenring 35
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