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Das Handling der Linsen übernimmt ein Linearroboter. Alle 50 Sekunden legt er zwei einbaufertige Linsen ab. (Bild: alle Engel, ACH Solution)

Die Automobilindustrie gehört zu den Vorreitern, wenn es um den Einsatz optischer Silikone für Lichtsysteme geht. Frontscheinwerfer-linsen werden für einige Serienmodelle bereits aus LSR produziert. Und dies ist erst der Anfang, zumal sich weitere Branchen anschließen. Auch für die Straßen- und Gebäudebeleuchtung rückt LSR als Linsenwerkstoff zunehmend in den Fokus. Wie auch die etablierten thermoplastischen Linsenmaterialien PMMA und Polycarbonat er-möglicht Silikon im Vergleich zu Glas eine deutliche Gewichtsersparnis.
Was die thermische und chemische Beständigkeit betrifft, ist LSR organischen Polymeren jedoch überlegen. Die hochtransparenten Typen für optische Anwendungen weisen einen niedrigeren Vergilbungsindex als thermoplastische Linsenmaterialien auf. Sie sind sehr resistent gegenüber Umwelteinflüssen, wie UV-Strahlung, und von -40 bis +200 °C über einen sehr breiten Temperaturbereich einsetzbar. Hinzu kommt, dass sie eine noch höhere Design- freiheit bieten. Im Gegensatz zu PMMA sind bei der Geometrie in der Spritzguss-Verarbeitung von LSR fast keine Grenzen gesetzt.

Einbaufertig aus der Spritzgieß­maschine

Die Fertigungszelle am Messestand von Dow Silicones auf der Fakuma (Halle B2, Stand 2220) macht das große Potenzial dieser Materialklasse deutlich. Verarbeitet wird Dowsil MS-1002 Moldable Silicone, das gezielt für die Verarbeitung auf Spritzgießmaschinen entwickelt wurde. Die Vernetzungsgeschwindigkeit wurde dahingehend optimiert, eine thermoplastähnliche glatte und sehr harte Oberfläche zu erhalten. Die hohe Lichtdurchlässigkeit stellt eine sehr gute Lichtausbeute sicher. Zudem sorgt die hohe thermische Stabilität für eine herausragende Transparenz. Die äußerst filigran strukturierte Oberfläche wird mit höchster Reproduzierbarkeit abge-formt. Es verlassen einbaufertige LED-Linsen die Fertigungszelle.
Für die Messedemonstration arbeitet die holmlose Engel E-victory 310/120 Spritzgießmaschine mit einem Zwei-Kavitäten-Kaltkanalwerkzeug von ACH-Solution, das mit der neuen elektrischen Düsenregulierung Servoshot ausgerüstet ist. Ebenso stammt die LSR-Dosieranlage vom Typ Maximix G2 aus der Entwicklung und Fertigung von ACH. Das Teilehandling übernimmt ein Engel viper 40 Linearroboter. Pro Zyklus wird ein Gesamtschussgewicht von 16 g verarbeitet, die Zykluszeit beträgt rund 50 s.

Holmlostechnik als Effizienzfaktor

Nicht nur aufgrund der komplexen Geometrie stellt das Herstellen der LED-Linsen hohe Anforderungen an die Prozesstechnik. Generell gilt, dass erst ein automatisierter, nacharbeitsfreier Prozess Hightech-Produkte aus LSR wirtschaftlich macht. Spritzgießmaschi-nen mit holmloser Schließeinheit bringen bereits konstruktiv gute Voraussetzungen hierfür mit. Dass der Roboter ohne Störkanten-Umfahrung direkt von der Seite aus die Kavitäten erreichen kann, reduziert die Handling- und damit die Werkzeug-Offenzeit. Darüber hinaus ermöglicht die Holmlostechnik besonders kompakte Fertigungszellen. Da keine Holme stören, lassen sich die Werkzeugaufspannplatten bis an den Rand vollständig ausnutzen, so dass das aufgrund der komplexen Bauteilstruktur voluminöse Linsenwerkzeug auf eine vergleichsweise kleine 120-Tonnen-Spritzgießmaschine passt.

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Dank ihrer barrierefreien Schließeinheit eröffnet die holmlose Spritzgießmaschine in der Verarbeitung von Flüssigsilikon ein großes Effizienzpotenzial. Bildquelle Engel

Darüber hinaus punktet die holm-lose E-victory mit einer besonders exakten Parallelität der Werkzeugaufspannplatten. Der Force Divider sorgt dafür, dass die bewegliche Platte während des Schließkraftaufbaus dem Werkzeug exakt folgt und die eingeleitete Kraft gleichmäßig über die Fläche verteilt wird. Selbst beim Einsatz von Mehrkavitäten-Werkzeugen erfahren auf diese Weise alle Kavitäten in der Trennebene die gleiche Flächenpressung. Dies stellt sicher, dass beim Verarbeiten sehr niedrigviskoser Silikone keine Grate entstehen und die Spritzgießteile keinerlei Nacharbeit erfordern.

Intelligente Assistenz verhindert Ausschuss

Um auch beim Einspritzen die geforderte Präzision zu garantieren, ist die Spritzgießmaschine mit einer elektrischen Spritzeinheit ausgestattet. Durch IQ Weight Control wird die Prozesskonstanz zusätzlich gesteigert. Das intelligente Assistenzsystem aus dem Inject 4.0-Programm des Maschinenbauers ist in der Lage, Schwankungen in den

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Die Dosieranlage lässt sich im Gesamtprozess bequem über das Bedien- panel der Spritzgießmaschine steuern. Bildquelle ACH Solution

Umgebungsbedingungen und im Rohmaterial zu erkennen und noch im selben Schuss automatisch auszugleichen. Ausschuss wird auf diese Weise pro-aktiv verhindert.
Als qualitätsrelevanten Prozessparameter analysiert IQ Weight Control den Druckverlauf über der Schneckenposition und passt das Einspritzprofil und den Umschaltpunkt Schuss für Schuss an die aktuellen Gegebenheiten an. Das Einspritzvolumen bleibt so über die gesamte Fertigungsdauer konstant.
Ebenso regulieren sich die elektrischen Nadelverschlussdüsen im Werkzeug automatisch selbst. Sie sind dafür mit einem Wiegesystem gekoppelt. Das Servoshot System von ACH Solution ermöglicht es, jeden Nadelverschluss einzeln anzusteuern. Optimierungsarbeiten können auch während des laufenden Prozesses mit einem Smartphone oder Tablet-Computer über W-Lan durchgeführt werden. Das im Prozess integrierte Kamerasystem prüft und dokumentiert die Qualität der Teile.

Komplexität reduzieren

Das permanente Anpassen qualitätsrelevanter Prozessparameter auf Basis von Echtzeitdaten ist ein wesentliches Merkmal der Smart Factory, die das Ziel von Industrie 4.0 beschreibt. Dabei trägt die zunehmende Integration von Expertenwissen in die Prozesssteuerung dazu bei, die Komplexität der Prozesse zu reduzieren und die Bedienung besonders einfach zu machen. Auch angelernte Mitarbeiter, die noch nicht viel Spritzgieß-erfahrung haben, sind in der Lage, eine konstant hohe Qualität zu produzieren.
Um den Gesamtprozess von einem zentralen Bedienpanel aus kontrollieren zu können, integriert das Maschinenbauunternehmen die Steuerungen aller Komponenten der Fertigungszelle in die CC300 Steuerung der Spritzgießmaschine und erhöht damit zusätzlich die Übersicht und den Bedienkomfort. Am Messestand von Dow lässt sich der Gesamtprozess inklusive LSR-Dosierung und Handling über das Bedienpanel der E-victory Maschine steuern.

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Das Handling der Linsen übernimmt ein Linearroboter. Alle 50 Sekunden legt er zwei einbaufertige Linsen ab. Bildquelle

Eine weitere zentrale Kundenanforderung ist die lückenlose Chargenrückverfolgung. Dafür werden alle Prozessdaten dokumentiert – sowohl die der Maschine als auch die des Werkzeugs. Mit Mold 4.0 macht es der Werkzeugbauer möglich, den Ist-Zustand des Werkzeugs und weitere für den Formprozess relevante Parameter wie Teilegewicht, Bildauswertung der Kamera, Luftdruck, Vor und Rücklauftemperatur des Wassers, Vakuum und die gemessene Temperatur der einzelnen Heizkreise des Werkzeugs Schuss für Schuss zu erfassen.

Arbeitsplatz der Zukunft mit Augmented Reality

Eine Besonderheit auf der Fakuma: Der Messebesucher kann sich mit einer AR (Augmented-Reality)-Brille durch die einzelnen Arbeitsschritte, die zum Starten der Fertigungszelle erforderlich sind, führen lassen. In Form von Texten, animierten Objekten oder kurzen Videosequenzen blendet die Brille für die Anlagenbedienung hilfreiche Zusatzinformationen ein, die genau beschreiben, was wo und wie zu tun ist. Wenn ein Arbeitsschritt erledigt ist, führen Pfeile den Anwender zur nächsten Aufgabe. Im Spritzgießbetrieb der Zukunft kann Augmented Reality zum Beispiel die Maschineneinrichter oder Instandhalter unterstützen mit dem Ziel, noch effizienter zu arbeiten und das Risiko von Bedienungsfehlern zu reduzieren. Die AR-Lösung auf der Fakuma wird von AVR Tech Innovations aus Österreich realisiert.

Leopold Praher

Verkaufsleiter elast/LIM

Christian Hefner, Geschäftsführer, ACH-Solution, Fischlham, Österreich,

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