Staffellauf

Wie eine Staffelübergabe wird der „Rohstoff Kautschuk“ als Recyclingware in Form von Granulat oder Gummimehl zu einem neuen Zielprodukt verarbeitet – zum Beispiel in einer Tartanbahn.
ild (Bild: Volker Wierzba – Adobe-Stock.com)

Die Kreislaufwirtschaft in der deutschen Kautschukindustrie funktioniert. Das stellt die neue Broschüre „Moving in Circles“ heraus, die der Wirtschaftsverband der deutschen Kautschukindustrie (wdk) veröffentlicht hat. Darin werden das nationale Kreislaufwirtschaftssystem für Kautschuk und Elastomere anschaulich dargestellt und erstmals die entsprechenden Stoffströme quantifiziert.
„Das Leitmotiv des Kreislaufwirtschaftskonzepts der Kautschukindustrie lautet ‚von Energie zu Energie‘“, erläutert wdk-Hauptgeschäftsführer Boris Engelhardt. „Energieträger werden in Kautschukprodukte überführt und die eingesetzte Primärenergie wird am Ende des Lebenszyklusses weitgehend zurückgewonnen.“ Pro Jahr fielen rund 800.000 Tonnen Alt-Elastomere an, was etwa 0,2% des gesamten deutschen Abfallaufkommens entspreche. Hiervon würden 250.000 Tonnen wiederverwendet, 160.000 Tonnen für neue Produkte genutzt und 390.000 Tonnen zur Energie- und Zementgewinnung eingesetzt.

Verwertungsmöglichkeiten von Alt-Gummi

In der Kautschukindustrie werden nachwachsender Naturkautschuk und Synthesekautschuke verwendet. Dabei haben beide ihre ganz speziellen Einsatzgebiete und lassen sich in Produkten nicht beliebig austauschen. Neben Kautschuken sind Chemikalien und Füllstoffe für die Kautschukverarbeitung zu Mischungen und Fertigerzeugnissen unverzichtbar. Diese unterscheiden sich in Technische Elastomer-Erzeugnisse (General Rubber Goods) und Reifen. An dieser Zweiteilung orientiert sich auch die Darstellung der Kreislaufwirtschaft in „Moving in Circles“.
Besonders weit ist die deutsche Kautschukindustrie bei der Verwertung von Altreifen. Diese werden entweder energetisch oder stofflich recycelt. Beim energetischen Recycling ersetzen sie etwa in Abfallbehandlungsanlagen oder der Zementherstellung aufgrund ihres hohen Brennwertes fossile Brennstoffe und im Falle von Zement noch weitere für den Zementklinker erforderliche Rohstoffe.

„Es befassen sich derzeit mehrere Kautschuk-Branchenverbände mit einem innereuropäisch grenzüberschreitenden Kreislaufwirtschaftsansatz“ Boris Engelhardt, Hauptgeschäftsführer des Wirtschaftsverbands der deutschen Kautschukindustrie, Frankfurt

Beim stofflichen Recycling von Altreifen gibt es drei wesentliche Verwertungswege: Am häufigsten erfolgt die Granulierung mit dem Ziel der Verwertung des Granulats in Folgeprodukten wie Laufbahnen, Stallmatten oder Kunstrasenplätzen. Ein weiterer Verwertungsweg ist der Einsatz von gekapselten, granulierten Altreifen als Schwingungsdämpfer im Bauwesen. Wegen Vorbehalten der deutschen Oberbehörden ist diese Form der Verwertung jedoch aktuell durch staatliche Regulierung weitgehend versperrt. Beim dritten Verwertungsweg, der Zersetzung des Altreifens in seine Ausgangsmaterialien (Pyrolyse), wird noch an der Wirtschaftlichkeit des Verfahrens gearbeitet. Der Anteil des stofflichen Recyclings am gesamten Reifen-Recycling ist in den vergangenen 20 Jahren von unter 50 Prozent auf über 66 Prozent gestiegen.

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Das Thema Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft geht auch an der Kautschukindustrie nicht vorüber. Der Wirtschaftsverband hat in einer Broschüre das Kreislaufwirtschafts-system für Kautschuk und Elastomere anschaulich dargestellt.Bildquelle: wdk

Recycyling von Kautschuk –  a New Life für Kautschuk-Produkte

Seit Anfang dieses Jahres dokumentiert die Branchen-Initiative „New Life“ Anwendungen und sichere, hochwertige Folgeprodukte. Gegründet wurde die Initiative von acht Mitglieder des Arbeitskreises Sekundärrohstoffe im Wirtschaftsverband der deutschen Kautschukindustrie e. V. (wdk) Ende 2019. Ihr erklärtes Ziel ist es, Medien, Politik und einer breiten Öffentlichkeit die Vorteile von Recycling-Produkten aus End-of-Life Tires (ELT) aufzuzeigen und zum nachhaltigen Handeln zu motivieren. Hersteller, die an New Life teilnehmen, müssen klar definierte Voraussetzungen erfüllen, um ihre Produkte mit dem Label „New Life – Recycling-Produkt“ zu versehen. Die Kriterien wurden von Experten aus Industrie und Verbandswesen entwickelt. Erhält ein Produkt das Label, darf der Hersteller dieses produktbezogen nutzen. Zudem erhält er eine Urkunde als PDF und hat die Möglichkeit, sein Produktportfolio in der Rubrik Produkte auf www.initiative-new-life.de zu listen. Die Website informiert umfassend über Recycling-Produkte, Hintergründe zur Kreislaufwirtschaft sowie über Ansätze für nachhaltiges Handeln bis hin zur Vorstellung von Produkten aus Recycling-Material.

Regulation hemmt unternehmerisches Engagement

In Deutschland werden jedes Jahr rund 72.000 Tonnen Naturkautschuk sowie 261.000 Tonnen Synthesekautschuk zu Technischen Elastomer-Erzeugnissen verarbeitet. Ihre Produktbreite ist gewaltig und reicht von Kondomen und medizinischen Handschuhen über Automobilbauteile, Schläuche, Walzen oder Förderbänder bis hin zu Dichtungen für Bauwerke. Kautschukprodukte sind hier aufgrund ihrer Langlebigkeit oder Elastizität unverzichtbar und in vielen Fällen unersetzbar.
Produkte zum einmaligen Gebrauch werden über den Medizin- oder Hausmüll entsorgt, wobei meist eine thermische Verwertung erfolgt und so die eingesetzte Primärenergie am Ende des Lebenszyklusses zurückgewonnen wird. Bei großen Bauteilen wie etwa Transportbändern wird bereits heute eine Wiederaufbereitung praktiziert. Bei kleinteiligen Bauteilen wie Dichtungen ist eine Sammlung sowie sortenreine Rückgewinnung des Kautschuks weder wirtschaftlich noch technisch realisierbar. Es werde aber geforscht, ob und wie sich bereits in der Konzeptionsphase eines Elastomer-Produkts eine spätere Trennbarkeit der Materialien realisieren lasse, erklärt Engelhardt.
Der wdk-Hauptgeschäftsführer zieht ein positives Fazit. „Unsere Bestandsaufnahme zeigt, dass die Kreislaufwirtschaft in der Kautschukindustrie grundsätzlich funktioniert. In erster Linie ist das aber dem Engagement der Unternehmen und weniger der politischen Unterstützung zu verdanken. Zunehmend wird unsere Branche mit einer Regulierung konfrontiert, die die privatwirtschaftlichen Anstrengungen bei Nachhaltigkeit und Regulierung behindert.“ Als Beispiele nennt Engelhardt die Untersagung der stofflichen Altgummi-Verwertung in Gebäuden, die Verschärfung der Haftungsgrundsätze für Händler bei Bedarfsgegenständen aus Altgummi und die Regulierung bei Gummigranulat in Deutschland und der EU. „Eine stärkere Einbindung der Branchenexperten in die politischen und behördlichen Entscheidungsprozesse ist immer wünschenswert. Für eine auch in Zukunft funktionierende Kreislaufwirtschaft ist sie aber unabdingbar.“

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