Sempermed(2)

(Bild: Semperit)

Der gestiegene Absatz von Schutzhandschuhen sorgte unter anderem für eine gute Bilanz. (Bildequelle: Semperit)

Die Semperit-Gruppe konnte im ersten Halbjahr 2020 eine deutliche Profitabilitäts- und Liquiditätssteigerung erzielen. Die bereits seit dem zweiten Halbjahr 2019 beobachtbaren rezessiven Entwicklungen wurden durch die globale Wirtschaftsdepression aufgrund der Coronapandemie überlagert. An den relevanten Rohstoffmärkten gab es weitgehend rückläufige Entwicklungen. Sie sind vorrangig auf geringere Industrienachfrage sowie den Absturz der Rohölpreise im Frühjahr 2020 zurückzuführen.

Auch wenn nach der Lockerung eine kurzzeitige Erholung der wirtschaftlichen Aktivitäten und Lieferketten im Juni und Juli 2020 einsetzte, gab es immer wieder Rückschläge und stellenweise neue Schließungen in regionalen Clustern. Diese marktrelevanten externen Faktoren werden das Geschäft der Gruppe vor allem im Sektor Industrie im zweiten Halbjahr 2020 zunehmend beeinflussen, wobei jüngste Entwicklungen auf die Gefahr weiterer Coronawellen in den kommenden Monaten hinweisen.

Die Ergebnisse des Sektors Industrie werden seit 1. Januar 2020 in der neuen Struktur berichtet. Die Gruppe verzeichnete im ersten Halbjahr 2020 einen Umsatzrückgang von -4,2 Prozent auf 418,9 Mio. EUR im Vergleich zum entsprechenden Vorjahreszeitraum. Die Auswirkungen der Coronapandemie auf die Gruppe waren in den Sektoren Medizin und Industrie gegenläufig. Im Sektor Industrie ging der Umsatz um -13,9 Prozent zurück. Hingegen konnte der Sektor Medizin eine Steigerung von +14,8 Prozent verzeichnen. Der Sektor Industrie – allen voran das Segment Semperflex – war einerseits durch den bereits 2019 einsetzenden konjunkturellen Abschwung und andererseits durch die negativen Effekte der Corona-Krise geprägt. Die Umsatzsteigerung im Sektor Medizin – Segment Sempermed – beruht auf zwei Faktoren: einerseits auf dem Anstieg der produzierten Mengen, die unter anderem durch die verbesserte Kapazitätsausnutzung ermöglicht wurden und andererseits auf der außergewöhnlich hohen Nachfrage nach Handschuhen infolge der Pandemie und der Erhöhung der Marktpreise.

Das Ebitda stieg infolge des guten Ergebnisses des Sektors Medizin von 39,1 Mio. EUR im ersten Halbjahr 2019 auf 57,6 Mio. EUR im ersten Halbjahr 2020. Neben den Absatz- und Marktpreis-Steigerungen wirkten sich die nun auch bei Sempermed erfolgreichen Restrukturierungs- und Transformationsmaßnahmen positiv aus. Die Ebitda-Marge stieg entsprechend von 9,0 auf 13,7 Prozent. Im Umfeld der Pandemie und der globalen Konjunkturabschwächung war es erforderlich, die Segmente auf das Vorliegen von Anhaltspunkten für eine Wertveränderung des Segmentvermögens zu untersuchen. Bei den Segmenten Sempermed und Sempertrans führte diese Untersuchung zu einem Wertaufholungs- (von 88,8 Mio. EUR) und Wertminderungsbedarf (von 20,0 Mio. EUR). Entsprechend sprang das Ebit auf 112,2 Mio. EUR im ersten Halbjahr 2020 gegenüber 20,9 Mio. EUR im Vorjahreszeitraum. Die Ebit-Marge stieg von 4,8 auf 26,8 Prozent. Das um die Wertberichtigungen bereinigte Ebit lag mit 43,4 Mio. EUR trotzdem mehr als doppelt so hoch wie im ersten Halbjahr 2019. Die bereinigte Ebit-Marge lag bei 10,4 Prozent – ebenfalls mehr als doppelt so hoch wie in der Vergleichsperiode.

Die zahlungswirksamen Investitionen in Sachanlagen und immaterielle Vermögenswerte lagen im ersten Halbjahr 2020 mit 11,9 Mio. EUR unter dem Vorjahresniveau von 21,4 Mio. EUR. Die Schwerpunkte bildeten überwiegend kapazitätserhaltende Investitionen. Die liquiden Mittel lagen per 30. Juni 2020 bei 166,8 Mio. EUR.

Schmalere Ergebnisse im Sektor Industrie

Der Sektor Industrie wurde sowohl von dem seit 2019 erkennbaren konjunkturellen Abschwung als auch durch die Corona-Auswirkungen getroffen. Hierbei wirkte unterstützend, dass der Sektor Industrie aufgrund der Maßnahmen aus dem Restrukturierungs- und Transformationsprogramm solide aufgestellt ist. Durch striktes Kostenmanagement und engen Kundenkontakt konnten negative Effekte der Krise zum Teil aufgefangen werden. Der Umsatz des Sektors ging in Summe von 289,5 Mio. EUR um -13,9 Prozent auf 249,2 Mio. EUR zurück.

Das Ebitda nahm zwar aufgrund des Umsatzrückgangs um -14,9 Prozent auf 44,8 Mio. EUR ab, die Ebitda-Marge blieb im ersten Halbjahr 2020 allerdings fast unverändert bei 18,0 Prozent. Aufgrund der aktuellen Marktentwicklungen musste im Segment Sempertrans eine Wertberichtigung um 20,0 Mio. EUR vorgenommen werden. Das Eit sank damit um -69,1 Prozent auf 12,2 Mio. EUR und die EBIT-Marge von 13,6 auf 4,9 Prozent. Bereinigt lag das Ebit bei 32,2 Mio. EUR und die Ebit-Marge bei 12,9 Prozent.

Sektor Medizin im Aufwind

Die Entwicklung des Segments Sempermed war im ersten Halbjahr 2020 durch zwei wesentliche Faktoren gekennzeichnet. Einerseits wurden die Produktionsmengen und die operative Effizienz infolge der Restrukturierungsmaßnahmen erhöht. Andererseits war der deutliche Nachfrageanstieg nach medizinischen Schutzhandschuhen gekoppelt mit einem marktseitig getriebenen Anstieg der Preisniveaus für das positive Ergebnis ausschlaggebend. Die Absatzmengen stiegen signifikant an; dies trug zum Umsatzanstieg von +14,8% gegenüber der Vergleichsperiode des Vorjahres bei. Aufgrund der veränderten Marktsituation wurde zudem eine Wertaufholung in Höhe von 88,8 Mio. EUR in dem Segment Sempermed erfasst. Zusätzlich zum Absatzschub durch Corona zeigten die Maßnahmen des Restrukturierungs- und Transformationsprozesses nicht nur bei Produktionsmenge und Umsatzanstieg positive Auswirkungen auf das Medizingeschäft, sondern auch bei der Produktivität und Profitabilität: Das Ebitda lag im ersten Halbjahr 2020 bei 23,0 Mio. EUR nach –0,3 Mio. EUR im Vorjahreszeitraum. Das Ebit betrug 110,7 Mio. EUR nach –4,2 Mio. EUR im ersten Halbjahr 2019. Das um die Wertaufholung bereinigte Ebit verbesserte sich ebenfalls deutlich auf 21,9 Mio. EUR, die bereinigte Ebit-Marge lag über dem Vorjahresniveau bei 12,9 Prozent.

Das Vorstandsmandat von Dr. Felix Fremerey läuft plangemäß per 30. November 2020 aus. Fremerey steht für eine Verlängerung nicht zur Verfügung. Seit seinem Eintritt im September 2018 und unter seiner Leitung wurde die Performance des Sektors Medizin in allen Bereichen wesentlich verbessert. Dadurch wurde die Basis für die Ergebnisentwicklung des Medizingeschäftes gelegt. Die operative Restrukturierung sieht die Gruppe als weitestgehend erfolgreich abgeschlossen und ein kompetentes Führungsteam für die Sparte etabliert. Fremereys Zuständigkeiten übernehmen CEO Dr. Martin Füllenbach (Business Medical Sector), COO Kristian Brok (Production Operations Medical Sector) und CFO Petra Preining (IT).

Ausblick

Aufgrund deutlicher Nachfrageanstieg sowie Erhöhung des Preisniveaus und angesichts der verbesserten operativen Performance werden die Ergebnisse des Sektors Medizin im laufenden Geschäftsjahr deutlich über dem Vorjahresniveau liegen. Die sich abzeichnenden Effekte der globalen Pandemie werden als bedingt nachhaltig bewertet. Aus diesem Grund ist die strategische Grundsatzentscheidung vom 28. Januar 2020, wonach Semperit in Zukunft auf das Geschäftsfeld Industriegummi fokussieren und sich vom Medizingeschäft trennen wird, unabhängig von der Coronakrise und seinen Entwicklungen weiter aufrecht. Die Umsetzung der Trennung vom Medizingeschäft wird sich verzögern.

Der Sektor Industrie wurde von der globalen Rezession, die sich in den vergangenen Monaten aufgrund des weltweiten Lockdowns verschärft hat, getroffen. Die Ergebnisse des Sektors Industrie im laufenden Geschäftsjahr werden daher erkennbar unter dem Vorjahresniveau liegen. Die auf absehbare Zeit positiven Effekte aus dem Medizingeschäft werden diesen Rückgang aber deutlich überkompensieren. In Summe ist derzeit auf Basis aktueller Zahlen davon auszugehen, dass das Ebitda auf Gesamtjahres-Sicht signifikant über dem Wert des Vorjahres von 67,8 Mio. EUR liegen wird. Die derzeit nicht absehbare Dauer der Coronakrise und deren Folgen für die Weltwirtschaft erschweren dabei allerdings zuverlässige Prognosen über finanzielle Auswirkungen auf die Gruppe.

Aufgrund der Entwicklungen wurden Anhaltspunkte geprüft und eine Wertaufholung im Segment Sempermed sowie Wertminderung im Segment Sempertrans Ende des zweiten Quartals 2020 festgestellt. So ist aktuell von einem Ebit der Gruppe von 110 bis 160 Mio. EUR für das Gesamtjahr 2020 auszugehen. Diese Erwartungen wurden bereits am 3. Juli 2020 entsprechend in der Ad-hoc-Aussendung kommuniziert. Vor diesem Hintergrund erwartet Semperit ein zweites Halbjahr, das von signifikanten Herausforderungen gekennzeichnet sein wird. Dies wird sich in sichtbar niedrigeren Ergebnissen im Sektor Industrie widerspiegeln: Es ist damit zu rechnen, dass sich die Coronakrise und der sich dadurch verstärkende wirtschaftliche Abschwung auf die Semperit-Gruppe erst leicht verzögert auswirken wird, deutliche Rückgänge bei Umsatz und Ergebnis werden, allerdings besonders ab dem 2. Halbjahr erwartet.

Das Ergebnis im Sektor Medizin wird von der deutlich gesteigerten Nachfrage und Preissteigerungen am Markt positiv beeinflusst. Der Anfang 2018 eingeleitete Restrukturierungs- und Transformationsprozess der Gruppe wurde durch die Coronakrise weiter beschleunigt und läuft weiter: In diesem Zusammenhang wird in den kommenden Monaten der Fokus auf Kostensenkungsmaßnahmen nochmals geschärft. (jhn)

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