Die Diversität in der Fertigung von Gummiprodukten nimmt seit Jahren, bei reduzierten Tonnagen, zu. Es ist zu erwarten, dass dieser Trend auch in den kommenden Jahren anhalten wird. Dies hat speziell Auswirkungen auf die Wirtschaftlichkeit von Strainerprozessen. Auf Grund der sich ändernden Losgrößen beim Strainern, kommt der beim Siebwechsel und zum Auftragsende entstehende Mischungsabfall, immer mehr in den Focus. Das im folgenden Beitrag vorgestellte Konzept stellt eine Weiterentwicklung der bewährten Systeme dar, bei dem die Funktion der einmalig genutzten Strainerstützsiebe von der mehrfach zu verwendende Siebabstützung, übernommen werden. Dieses Konzept führt zu signifikant reduzierten Siebkosten bei einer Kombination aus erhöhter verfügbarer Siebfläche und reduziertem Strainerkopfvolumina.
Herkömmliche Strainerkopfsysteme basieren auf einer beziehungsweise mehrteiligen Breakerplate plus einem mehrlagigen Siebpaket. Der Aufbau des Siebpaketes ist hierbei immer ein Kompromiss, aus einer zulässigen Verformung des Siebes beim Strainern unter dem Mischungsdruck und einer möglichst großen Fließkanalbohrung in der Breakerplate [3]. In der linken Hälfte von Bild 1 ist ein entsprechendes kurantes, marktübliches System dargestellt. Bei dem hier vorgestellten Beispiel wurde ein in der Praxis übliches dreilagiges Siebpaket verwendet. Die Abbildung zeigt, wie die unterschiedlichen Stützsieblagen (orange und blau) bereits einen erheblichen Anteil der zur Verfügung stehenden Maschen des qualitätsbestimmenden Feinsiebes verdecken [2].
Weitere Maschen werden durch die Stege zwischen den Bohrungen der Breakerplate verschlossen. Dies führt zu lokalen hohen Scherraten beziehungsweise Zonen ohne jegliche Fließbewegung. Unabhängig von diesen verfahrenstechnischen Unzulänglichkeiten führt die in Bild 1 unten links dargestellte Verformung des Siebes, unter dem Mischungsdruck, zu einer in vielen Fällen nicht kompensierten Aufweitung der Siebmaschen. Diese unkontrollierte Aufweitung der Siebmaschen steht in direktem Zusammenhang zur möglichen maximalen Fremdkörpergröße in Compounds. Im rechten Teil von Bild 1 ist eine Siebabstützung dargestellt, bei der die Funktion der Stützsiebe bereits in die mehrfach zu verwendende Siebabstützung integriert ist.
Im Vergleich der beiden Bildhälften ist die deutlich höhere Anzahl an, für den Prozess nutzbaren Maschen des Feinsiebes, in Bezug auf die eingesetzte Siebfläche, zu erkennen. Dieser Effekt wird kombiniert mit einer erheblich, geringeren Siebdeformation und damit verbundenen Siebmaschenaufweitung (Bild 1 rechts unten), da das Strainersieb in kürzeren Abständen abgestützt wird.
Wenn aus einem 2D- ein 3D-System wird
Dieses bereits bekannte System wurde nun um eine dreidimensionale Variante erweitert. Bild 2 zeigt den Vergleich zweier Siebabstützungskonzepte anhand eines Zahnradpumpen-Strainers, der für einen Durchsatz von bis zu 1.000 l/h ausgelegt wurde. Für den geplanten Durchsatz werden bei herkömmlichen Strainerkonzepten in der Regel Strainerköpfe mit einem Siebdurchmesser von mindestens 300 mm eingesetzt (siehe Bild 2).
In der unteren Bildhälfte von Bild 2 ist eine schematische Darstellung eines Systems mit einer dreidimensionalen Siebflache zu sehen. Die roten Linien in Bild 2 steht hierbei für die zum Einsatz kommenden Siebe beziehungsweise Siebpakete. Die Fließdiagramme im oberen und unteren Bereich von Bild 2 zeigen die Unterschiede der benötigten Strainerkopfflächen und Fließwege. Es ergeben sich aus dem Integral der unterschiedlichen Kopfflächen über dem Fließweg deutliche Unterschiede beim Strainerkopfvolumen. Im linken Bereich ist die projizierte Siebfläche im Vergleich zu dem förderwirksamen Spalt der Zahnradpumpe dargestellt. Dies zeigt, dass beim marktüblichen System eine erheblich größere Strangaufweitung im Bereich vor dem Sieb notwendig wird, was unweigerlich zu unterschiedlichen Fließgeschwindigkeiten und einer erheblichen Aufspreizung des Verweilzeitspektrums führt.
Das zeigt der Vergleich
Für die Erprobung der unterschiedlichen Siebabstützungskonzepte (Bild 3) stand ein zylindrischer Doppelschneckenextruder-Strainer mit einem Schneckendurchmesser von 110 mm der Firma HF Mixing Group zur Verfügung. Der zylindrische Doppelschneckenextruder weist, vergleichbar einer Zahnradpumpe, ein volumetrisches Förderverhalten auf. Aufgrund seines technischen Aufbaus kommt der Doppelschneckenextruder im Vergleich zur Zahnradpumpe jedoch ohne kontinuierliche Compoundverluste über die Gleitlagerung der Zahnräder aus [1]. In der Regel werden diese Lagerverluste der Zahnradpumpen von den Anlagenherstellern mit 1 % des Durchsatzes beziffert.
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Als Versuchsmischung wurde ein weiches, rußgefülltes EPDM-Compound (ML 1+4 100 °C: 35ME) ausgewählt, da bekanntlich der Effekt unterschiedlicher Siebabstützung gerade bei niedrigviskosen Mischungen kleiner ausfällt. In Tabelle 1 sind die Vergleichsergebnisse zwischen dem Standardsystem und den rechteckigen Systemen zu entnehmen. Es ergibt sich aus dem bereits in Bild 1 vorgestellten, visuell zu erkennenden Effekt, eine erhebliche Druck- und Temperaturreduzierung bei gleichem Durchsatz, die zu mehr Prozesssicherheit bei geringerem Energiebedarf führt.
Die oben gezeigten Versuchsergebnisse zeigen das Potential einer
Strainersiebabstützung auf, bei der die Funktion der einmal zu verwendenen Stützsiebe bereits in die mehrfach zu verwendende Siebabstützung integriert wird. Die hier vorgestellte Erweiterung des Systems, um eine dreidimensionale Siebfläche, führt zu einer vergrößerten Siebfläche ohne das Strainerkopfvolumen und damit die Abfallmenge beim Siebwechsel und Auftragsende zu vergrößern. Das vorgestellte System kann in Neuanlagen implementiert werden und eignet sich auch für die Nachrüstung bestehender Anlagen.
Das sind die nächsten Schritte
Aktuell wird das vorgestellte Konzept um ein neuartiges Temperiersystem erweitert. Der rechteckige Siebaufbau ermöglicht ein Temperiersystem innerhalb der Fließkanäle des Strainerkopfes, da Temperierkanäle nicht nur im Peripheriebereich des Kopfes angebracht werden können. Diese produktnahe Temperierung wird zu einer erheblich verbesserten Temperaturführung im Prozess beitragen. n
Literatur
[1] J. Jennissen, Strainern – Aktuelle Entwicklungen und neue Möglichkeiten GAK 7/2018, Seite 388-393.
[2] J. Jennissen, Strainern – Aktuelle Entwicklungen und neue Möglichkeiten Teil 2, GAK 1/2019, Seite 36-43.
[3] J. Jennissen, Strainern – Aktuelle Entwicklungen und neue Möglichkeiten Teil 3, GAK 7-8/2020, Seite 318-325.
Quelle: Rade, Lippstadt