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Die Industrie 4.0-Produkt-Strategie wird in die Cluster Smart Machines, Smart Production und Smart Services gegliedert. (Bild: alle HF Mixing Group)

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Hans Martin Monyer, Leiter des Produktbereichs Automation, Harburg-Freudenberger Maschinenbau, Freudenberg Bildquelle: alle HF Mixing Group

KGK Was sind Trends in der Automatisierung in kautschukverarbeitenden Unternehmen? Lässt sich das nach Herstellern von Reifen und technischen Elastomerprodukten aufschlüsseln?
Hans Martin Monyer Bei der Automatisierung von Gummi-Mischsälen beobachtet die HF Mixing Group seit einigen Jahren einen eindeutigen Trend, hin zu Software basierten Systemen als integrierte Lösung für den gesamten Mischsaal und weg von Insel- und Teil-Lösungen. Eine integrierte Lösung bedeutet, eine vertikale Integration, auf der Technologie-Ebene, sprich eine durchgängige Lösung vom Sensor bis zum Mischsaal-IT-Leitsystem, wie aber auch eine horizontale Integration, auf der Prozess-Ebene, also die Abbildung aller Fertigungsprozesse, von der Rohmaterial Annahme bis zur Einlagerung der fertigen Gummimischungen. Und das alles in einem einheitlichen System. Dabei sollten moderne Software-Systeme in ihrer Architektur und Funktionalität sich an internationalen Normen wie der ISA88 orientieren.

KGK Wie stark beeinflusst Industrie 4.0 die Branche und wie kann das konkret aussehen in der Praxis?
Monyer Das seit Jahren anhaltende Bewusstsein in der Branche, dass die Automatisierung der Fertigungsprozesse einer der wichtigsten Wege zur Effizienz- und Qualitätssteigerung im Mischsaal ist, hat gute Voraussetzungen geschaffen, um die nächsten Schritte, hin zur globalen Digitalisierung, zu Industrie 4.0 und dem Internet der Dinge, einzuleiten.
Um diese nächsten Schritte jedoch konsequent umzusetzen, bedarf es einer strukturierten, gezielten Vorgehensweise. Die HF Mixing Group hat daher, angelehnt an die Empfehlungen des VDMA, ihre Industrie 4.0 Produkt-Strategie in die Cluster Smart Machines, Smart Production und Smart Services gegliedert.
Aus dieser Struktur wird deutlich, dass Industrie 4.0 auf mehreren Ebenen Einfluss auf die Branche nehmen wird. Unter Smart Machines werden einzelne Maschinen- und Anlagenfunktionen intelligenter und besser miteinander vernetzt. Beispiele aus dem Produktportfolio der HF Mixing Group sind, die intelligente Stempelsteuerung I-Ram oder die intelligente Staubabdichtung IX-Seal, die an die Mischsaal-Anwendung adaptierten Regler für Temperiergeräte ITCU oder die intelligente Ansteuerung von Mischer Hauptantrieben Advise DS. Weitere Neuentwicklungen und Produkterweiterungen in diesem Bereich sind in Vorbereitung.

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Die Industrie 4.0-Produkt-Strategie wird in die Cluster Smart Machines, Smart Production und Smart Services gegliedert. Bildquelle: alle HF Mixing Group

Auch für den Bereich Smart Production sind bereits einige Produkte am Start, welche zur Optimierung des Misch-Prozesses (Batch Temp Controller, Torque Related Oil Injection, Ram Profile Controller) wie aber auch zur Optimierung der Produktionsplanung (Advise PPS) oder zur Steigerung der Effizienz der Arbeitsabläufe im Mischsaal (Advise IMS), wie auch zur intelligenten Analyse der in der Mischsaalproduktion generierten Daten (Advise IP).

KGK Wo stößt die Automatisierung im Mischsaal, an Grenzen?
Monyer Eines der großen Ziele von Industrie 4.0 ist, Maschinen und Anlagen-Teile in einen autonomen, selbst lernenden Modus zu versetzen und menschliche Eingriffe in den Fertigungsprozess, auf ein Minimum zu reduzieren.
Solche Autonomen-Systeme für den Gummi-Mischsaal zu entwickeln, ist eine enorme Herausforderung und wird die Industrie noch einige Jahre beschäftigen. Unsere Unternehmensgruppe hat daher schon früh entsprechende Entwicklungsziele definiert und die erforderlichen Budgets dafür freigegeben. So werden in Kooperation mit spezialisierten Firmen und Universitäten bereits die Möglichkeiten der heutigen Technologien im Bereich künstliche Intelligenz und Machine Learning auf Ihre Anwendung im Mischsaal hin, untersucht.
Ein weiteres Hindernis auf dem Weg zu innovativen digitalen Lösungen, ist die zurückhaltende und in Teilen sogar ablehnende Haltung der Branche, gegenüber Cloud Computing. Viele unserer Kunden haben Sicherheitsbedenken, wenn die zur Administration und Steuerung der Fertigungsabläufe in einem Mischsaal erforderliche IT-Infrastruktur wie Server, Datenbanken, Programme, oder intelligente Funktionen nicht im eigenen Haus bereitgestellt wird, sondern als Cloud Dienstleistung erworben werden kann. Dabei ist Cloud Computing sicher eine der bahnbrechendsten technologischen Neuerungen, die bereits in vielen Anwendungsfeldern ihre Akzeptanz in der Industrie gefunden hat und die auch für Industrie 4.0 nicht wegzudenken ist.
Die HF Mixing Group hat bereits mit dem Customer Portal MyMixingRoom.com Erfahrungen mit Cloud Dienstleistungen im Bereich Smart Services, gesammelt. Da aber auch die Sicherheitsbedenken der Anwender sehr ernst genommen werden, sind Entwicklungen für Lösungen zur Daten-Verschlüsselung bereits angelaufen und werden in das Mischsaal Automatisierungssystem Advise 4.0 integriert. Somit werden die relevanten Daten im Mischsaal sowohl bei der Übertragung wie auch bei der Speicherung geschützt.

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Horizontale und vertikale Integration - über den gesamten Fertigungsprozess und die Automatisierungsstufen hinweg.

KGK Was entgegnen Sie, wenn Sicherheitsbedenken gegen Cyberkriminalität bestehen?
Monyer Cyberkriminalität ist heute weder im privaten Umfeld und schon gar nicht in Unternehmen zu unterschätzen. Dabei muss dem Rechnung getragen werden, dass für die IT-Sicherheit im Produktionsumfeld eines Unternehmens, andere Maßnahmen erforderlich sind, als sie für ein Office Netzwerk gelten. Unkontrollierte automatisierte Betriebssystem- und Programm-Updates, können zum Beispiel, stundenlange Produktionsausfälle zur Folge haben.
Unsere Unternehmensgruppe hat schon seit einigen Jahren dieses Thema aufgegriffen, entsprechende Experten ausgebildet und für den Gummi-Mischsaal spezifische Lösungen entwickelt, unter Berücksichtigung internationaler ISO Normen sowie den Empfehlungen des Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik.

KGK Welches sind die Voraussetzungen, damit sich eine Investition lohnt und welche Hindernisse bestehen?
Monyer Industrie 4.0 ist keine einmalige Investition, sondern ein Prozess, der über mehrere Stufen hinweg umgesetzt werden sollte. Daher ist es notwendig, mit kompetenten Partnern aus der Branche, einen Stufenplan, basierend auf einer Vision, einem Ziel, zu entwickeln und diesen dann gezielt umzusetzen. Für jede Stufe sind im Vorfeld Wertschöpfungsmöglichkeiten zu identifizieren. Der Nutzen sollte von Stufe zu Stufe ansteigen.
Da die Entwicklungen im Softwarebereich jedoch so rasant fortschreiten, sind heute oft die Wertschöpfungsmöglichkeiten von morgen, noch gar nicht alle erkennbar. Daher macht es Sinn so früh wie möglich mit dem Digitalisierungs-Prozess zu starten, denn die Gefahr liegt darin, zu spät einzusteigen und dann den Anschluss an den Wettbewerb zu verlieren.
KGK Wie lassen sich bestehende Anlagen nachrüsten?
Monyer Eine globale Digitalisierungsstrategie ist ohne die Nachrüstung bestehender Anlagen nicht umzusetzen. Weil jedoch über Jahre hinweg die Risiken für Produktionsausfälle durch veraltete Automatisierungssysteme, vor allem aber durch obsolete Software, oft unterschätzt wurden, ist vielerorts dringender Handlungsbedarf geboten. So gesehen ist die Modernisierung eines Mischsaals nicht nur zur Partizipation am globalen Fortschritt von Industrie 4.0 erforderlich, sondern auch um die Produktionssicherheit und Lieferfähigkeit nachhaltig zu gewährleisten.
In der HF Mixing Group wurde dafür ein Prozess entwickelt, die HFMG-Automation-Retrofit-Engineering-Study. Nach einer Vorbereitung und Sichtung aller vorhandener Unterlagen sowie der Software, erfolgt eine Standortbesichtigung und Bestandsaufnahme der Ist-Situation. Basierend auf der anschließenden Analyse aller Komponenten – Hardware wie Software – des Mischsaal-Automatisierungssystems, erfolgt eine Produktionsausfall-Risikobewertung und die Festlegung der zu ersetzenden Komponenten. Die Erarbeitung eines optimalen Projektplans soll helfen die Produktionsausfallzeiten auf ein Minimum zu reduzieren.
Darauf aufbauend, wird gemeinsam mit dem Betreiber das optimale Modernisierungskonzept festgelegt. Dabei sollten Entscheidungen, sich immer an den Gesamtkosten einer Modernisierung orientieren. Man kommt oft in die Verlegenheit, an bestehenden Komponenten festzuhalten, um Investitionskosten zu sparen und vergisst in der Betrachtung die möglicherweise wesentlich höheren Produktionsausfallkosten.

KGK Wie können Sie Unternehmen bei der Investitionsplanung unterstützen?
Monyer Um die Nachhaltigkeit derartiger komplexer Investition zu gewährleisten, ist neben dem Wissen über die Digitalisierung, vor allem auch umfassendes Know-how über den gesamten Gummi-Mischsaal erforderlich. Hier verfügt unsere Unternehmensgruppe mit ihren Partnern über ein Netzwerk von Experten, und damit über die Expertise komplette Mischsaal-Studien zu erstellen. Mit Hilfe selbst entwickelter spezieller Software Algorithmen, lassen sich komplette Mischer-Linien optimal für die vorher festgelegten Qualitäts- und Durchsatz-Anforderungen, im Detail auslegen.

Das Interview führte Dr. Etwina Gandert, Redaktion KGK

 

Dr. Etwina Gandert

Redakteurin KGK

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57258 Freudenberg
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