Die vollautomatisierte Fertigungszelle produziert nacharbeitsfreie Siebsterne aus nachhaltigem Elastomer-Material.

Die vollautomatisierte Fertigungszelle produziert nacharbeitsfreie Siebsterne aus nachhaltigem Elastomer-Material. (Bild: Engel)

Die wirtschaftliche Verarbeitung von Elastomeren und Flüssigsilikonen (LSR) verlangt nach einer sehr hohen Prozesskonstanz in der seriellen Spritzgießproduktion. „Die Vollautomation mit der Produktion von nacharbeitsfreien Formteilen sind heute Stand der Technik“, bestätigt Armin Mattes, Director Sales Elast bei Engel in Österreich. Das Unternehmen bietet dafür speziell auf die technischen Anforderungen abgestimmte Fertigungszellen mit dafür passenden Spritzgießmaschinen. Was sämtliche vorgestellten Anwendungen eint, ist das abgestimmtes Zusammenspiel der Werkzeug- und Dosiertechnik mit der Spritzgießmaschine und der Robotertechnik.

Große grüne Spritzgießmaschine
Die hohen Ansprüche an Präzision, Sauberkeit und Energieeffizienz werden durch die vollelektrische Engel E-mac erfüllt. (Bild: Engel)

Geschickt kombiniert

Lediglich 0,42 g bringt ein geschlitztes Infusionsventil des Herstellers Psilkon auf die Waage – Bestandteil des Produktes Needle Free Valve. „Das Produkt wird, verbaut in einer Baugruppe, die in der Medizinbranche zur präzisen Steuerung von Infusionen verwendet wird“, erklärt Steffen Metz, Geschäftsführer von Psilkon, Motten, seinen hohen Anspruch an Präzision und Nachhaltigkeit für dieses Medizinprodukt. Produziert wird das Ventil aus einem Non-Self-Healing Flüssigsilikon der Type Shin ­Etsu KEG 2003 H-45 auf einem 32-fach Werkzeug. Bei dieser LSR-Anwendung ist eine vollelektrische Spritzgießmaschine, Engel  E-mac 465/130, aufgrund von Schnelligkeit, Präzision und Energieeffizienz im Einsatz. Die Schnelligkeit spiegelt sich in der kurzen Zykluszeit von nur 27 s für 32 im Prozess geschlitzte Ventile wider, die freifallend ausgeworfen werden. Die Ausrüstung mit leistungsstarken Servomotoren bei diesem Maschinentyp gewährleistet ein hohes Maß an Präzision. Das Auswerfen und Einspritzen geschieht servoelek­trisch und sorgt für einen hohen Wirkungsgrad im eigentlichen Prozess. ­Armin Mattes ergänzt dazu: „Nicht zu vernachlässigen ist die Temperierung. Nicht nur die Plastifiziereinheit wird konstant gekühlt, sondern auch die Vermischung der A- und B-Komponente des LSR bis zum Eintritt in die Kavität.“
Nicht unwesentlich ist der Aspekt der kompakten Konstruktion der Maschine. Passend dafür konstruiert ist das LSR-Dosiersystem Servomix X20 von Nexus Elastomer Systems, Eberstalzell, Österreich, das ein luftfreies Dosieren von Flüssigsilikonen sicherstellt. Das Dosiersystem ist über OPC UA mit der Spritzgießmaschine verbunden. Die Prozessdaten der Dosieranlage stehen in der laufenden Produktion in der CC300 Steuerung der Maschine zur Verfügung und können für die Prozessüberwachung und -optimierung genutzt werden. Die Dosierparameter werden im Teiledatensatz des Werkzeugs gespeichert und sind für die Produktion unmittelbar verfügbar.
Der besonders große Holmabstand der E-mac-Baureihe bietet großen Werkzeugen Platz und schafft im Anwendungsfall in Kombination mit einem mit 32 Kavitäten ausgerüsteten Werkzeug von Nexus Elastomer Molds somit einen Zusatznutzen. Gerade bei LSR-Anwendungen ist zudem die Produktionshygiene ein Thema, das für den Einsatz dieser Maschinentype spricht. Diese reduziert den Schmiermittelbedarf auf ein Minimum, durch das gekapselte Kniehebelschmiersystem. Außerdem lagert in der Maschine nur eine geringe Ölmenge. Gerade einmal so viel, um die Werkzeuganforderungen vollumfänglich zu erfüllen. Steffen Metz: „Medizinprodukte verlangen nach einem hohen Hygienestandard, bei deren Herstellung ein sauberes Produktionsumfeld unerlässlich ist.“ Mit diesem ganzheitlichen und nachhaltigen Ausstattungspaket für die Fertigungszelle wird eine sehr gute energetische Bilanz erzielt, insbesondere durch die sparsame Antriebstechnik, was zur Kosteneffizienz beiträgt.

Infusionsventil transparent mit blauen Anschlüssen.
Das im Prozess geschlitzte Infusionsventil des ­Herstellers Psilkon ist Bestandteil des Produktes Needle Free Valve. (Bild: Engel)

So wird ein zusätzlicher Arbeitsschritt eingespart

Die Ventilfunktion, die innerhalb von Millisekunden verlässlich das Öffnen und Schließen mit maximaler Absicherung gewährleisten muss, erhält das Formteil durch einen Schlitz in der mikroskopisch kleinen Ventilspitze. Durch das Inline-Slitting wird jedes der in ­einem Schuss (Schussgewicht 13,3 g) gespritzten Ventile mit einem Schlitz in der jeweiligen Kavität im eigentlichen Prozess versehen. Umgesetzt wird das mit einem Nexmover der Firma Nexus. „Das ist das Besondere an diesem Spritzgießprozess, weil sich der Kunde durch diese Technologie einen kompletten Bearbeitungsschritt spart“, beschreibt Armin Mattes die Besonderheit in diesem Herstellungsprozess.
Konkret hätte das für den freifallend produzierten Artikel bedeutet, dass dieser für die anschließende Weiterverarbeitung wieder neu positioniert werden müsste, um diesen nachträglich zu schlitzen. Dieser zusätzliche Arbeitsschritt hätte einen großen Zusatzaufwand mit entsprechend hohen Kosten nach sich gezogen. Mit dieser Technologie wird der Teileproduzent Psilkon in die Lage versetzt, solche Produkte wirtschaftlich am Standort Deutschland produzieren zu können.

Spritzgießmaschine grün.
Die holmlose Engel Victory 460/120 tech Spritzgießmaschine besitzt einen minimalen Footprint, eine integrierte Automation sowie digitale
Assistenzsysteme. (Bild: Engel)

Mit dieser Technik werden die ­Siebsterne hergestellt

Auf der Engel Victory 460/120 tech werden Siebsterne produziert. Aufgespannt ist ein 1-Kavitätenwerkzeug, das in einer vollautomatisierten Fertigungszelle mit einer Zykluszeit von 150 s einen Siebstern ausbringt, der aus einer Kautschukmischung mit einem hohen Anteil nachhaltiger und nachwachsender Rohstoffe des Materialherstellers Jäger Gummi und Kunststoff, Hannover, besteht. Die Jäger-Gruppe fertigt Siebsterne aus verschiedenen Materialien wie NBR und TPU. Nach der Werkzeugkonstruktion durch Jäger wurden Füllverhalten und Vulkanisation durch Sigma Engineering simuliert.  
Die Basis für den durchgetakteten Prozess für diesen zweiten vorgestellten Anwendungsfall von Engel bildet die Kombination einer Victory Spritzgießmaschine mit den digitalen Lösungen eines Viper 12 Linearroboters in einer Fertigungszelle. Die holmlose Victory 460/120  tech sorgt in Kombination mit dem Linearroboter Viper 12 für ein gratarmes, nacharbeitsfreies Verarbeiten des viskosen Gummimaterials. Die bewegliche Aufspannplatte folgt während des Aufbaus der Schließkraft exakt dem von EFI Formenbau, Hannover, herstellten Werkzeug, womit eine sehr gute Plattenparallelität erreicht wird. Das gleichmäßige Verteilen der Schließkraft über die gesamte Aufspannfläche wird durch den Force Divider sichergestellt.
Als einzigartig darf die sehr gute Zugänglichkeit und das Raumangebot im Werkzeugbereich der holmlosen Spritzgießmaschine bezeichnet werden. Nicht nur bei diesem 1-Kavitäten-Werkzeug, sondern auch bei höherer Kavitätenanzahl kann meist eine kleinere Maschinengröße gewählt werden, als es die Werkzeuggröße normalerweise erfordern würde. Investitions- und Betriebskosten werden dadurch reduziert. Durch die gute Zugänglichkeit zum Werkzeug werden die Roboterbewegungen zur Entnahme aus dem 1-Kavitäten-Werkzeug sehr einfach gestaltet. Die Entnahme ist seitlich zum Werkzeug möglich, was die Streckenlänge der Bahnwege und die Zykluszeit reduziert. Insbesondere durch die Anwendung des digitalen Assistenzsystems IQ Motion Control, wird die Bewegung des Viper Roboters auf die Maschinenparameter angepasst. Dabei bedient sich die eingesetzte Software der Maschinendaten. Integriert ist ein Datenmanagement für Roboter und Spritzgießmaschine, sodass Teiledaten nur einmal eingeben werden müssen. Das spart wertvolle Zeit beim Einrichten des Linearroboters.

Wie digitale Anwendungen die Qualität steigern

Die für das Abfahren der Wege benötigte Geschwindigkeit des Roboters wird durch eine Software exakt der Zykluszeit der Maschine angepasst – ein optimiertes Zeitfenster zwischen dem Schließen des Werkzeugs und der Ablage des Formteils. Unterstützt wird das mit dem digitalen Tool Efficiency Control des Maschinenbauers. Durch den Entfall von Roboterstillständen in Wartepositionen vor einem geschlossenen Werkzeug, wird zudem der Energieverbrauch gesenkt und die Lebensdauer des Roboters verlängert. Der Roboter steht erst dann vor dem Werkzeug, wenn es sich zur Entnahme des Formteils öffnet. Der ganzheitliche Prozess wird um das digitale Assistenzsystem Multi Dynamic ergänzt, das durch seine Eigenschaft den Prozess in seiner Effizienz steigert. Der ­Viper 12 Roboter passt die Dynamik an, berücksichtigt die Last und den Hub im Prozess für die Anpassung der Anforderungen. Die lastabhängige Geschwindigkeitsoptimierung hat zudem einen positiven Einfluss auf Zykluszeit, Präzision und Lebensdauer. In Summe sorgen die drei Assistenzsysteme für eine Zeit- und Energieersparnis jeder Roboterbewegung.

Spritzgießmaschine grün.
Die digitalen ­Assistenzsysteme beim Linear­roboter Viper ermöglichen kurze ­­Zykluszeiten und verlängern dessen Lebensdauer. (Bild: Engel)

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Vom Spritzguss lernen

„Was wir hier zeigen, ist die Verarbeitung mit einem Schneckenaggregat“, erklärt Armin Mattes. Hierbei wurde das Wissen des Maschinenbauers aus der Thermoplastverarbeitung auf den Bereich der Elastomere übertragen. Gerade bei Schussgewichten, die sich im Bereich von 100 bis 300  g bewegen, eignet sich das Schneckenaggregat gegenüber dem gängigen Fifo-Aggregat (First In/First Out) für diese Gummianwendung. Qualität und Maßhaltigkeit werden für das 110  g wiegende Formteil gesteigert.
Um einen optimalen Fertigungsprozess zu erzielen, spielt die Konstruktion des Werkzeuges, die großen Einfluss auf die Teilequalität hat, eine wichtige Rolle. Das Werkzeug ist mit einer Forminnendruckmessung ausgestattet. Zudem sorgt der Elasttimer für die Evaluierung der optimalen Heizzeit für die Spritzgießmaschine. Möglich wird das durch das Messen der Temperatur im Werkzeug als auch in der Einspritzdüse der Spritzgießmaschine. Anhand der gemessenen Werte und einer in der Maschine hinterlegten Vulkanisationskurve für das jeweilige Material, kann in Echtzeit ein einsparendes Anpassen der zugeführten Heizenergie erreicht werden. Gleichzeitig wird durch das Erreichen des bestmöglichen Vulkanisationsgrades die Prozessstabilität und die Produktqualität angehoben.

Quelle: Engel Schwertberg

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