Portrait eines Mannes mit hoher Stirn, braunem Haar mit Anzug

Michael Klein, Präsident des Wirtschaftverbandes der deutschen Kautschukindustrie (Bild: Redaktion)

Herr Klein, bei Ihrer Eröffnungsrede zur Herbsttagung des WDK sagten Sie, dass die Kautschukindustrie resilienter sei als geglaubt. Können Sie Beispiele nennen, weshalb dies so ist?

Michael Klein: In der Vergangenheit hat die deutsche Kautschukindustrie mehrfach bewiesen, dass sie Krisen, auch multipler Art, durchstehen kann. So ist es der Branche beispielsweise gelungen, die Lieferketten, trotz vielfältiger globaler und politischer Herausforderungen, stabil zu halten. Die von den Unternehmen hergestellten Produkte sind in nahezu jedem Lebensbereich zu finden und weltweit technisch führend. Aufgrund dieser Produktvielfalt ist Resilienz ein grundsätzliches Merkmal unserer Branche. Außerdem ist die Kautschukindustrie technologisch innovativ, wodurch sie sich in einem volatilen und disruptiven Marktumfeld behaupten kann. Und, Kautschukprodukte sind unersetzlich und somit auch wir.

Außerdem appellierten Sie an die anwesenden Branchenvertreter, Vertrauen in die Zukunft zu haben. Woher nehmen Sie Ihre Zuversicht?

Klein: In der Natur von Unternehmern und Unternehmensverantwortlichen liegt es, sich Herausforderungen zu stellen. Daher sind Resignation und Gleichgültigkeit untypisch für die deutsche Kautschukindustrie. Wir müssen uns immer wieder aufs Neue auf unsere Stärken besinnen und unsere besonderen Qualifikationen, unsere Innovationskraft, Flexibilität, Kommunikationsstärke, Kooperationsfähigkeit und Lösungsorientierung einsetzen, um den Unterschied zu machen. Die Kautschukbranche steht als Einheit – Konzerne wie mittelständische Firmen – zusammen, das schafft Zuversicht.

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(Bild: Redaktion)

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Die Kautschukindustrie ist eine Schlüsselindustrie, ohne die nichts steht, geht, fährt und fliegt. Wie kann es die Branche ihrer Meinung nach schaffen hierfür ein Bewusstsein bei den politischen Entscheidern in Berlin und Brüssel sowie in der Bevölkerung zu erzielen?

Klein: Der WDK ist in Berlin mit einem Hauptstadtstudio vertreten. Wir werden von den Ministerien zu Dialogprozessen eingeladen und verfügen über ein sehr gutes Netzwerk mit guten Kontakten zur Bundesregierung und zu Bundestagsabgeordneten sowie zu den Vertretungen der Bundesländer, die im Bundesrat die deutsche Politik mitbestimmen. Ich hatte selbst die Möglichkeit im Bundeswirtschaftsministerium mit der parlamentarischen Staatssekretärin Franziska Brantner über die Lage unserer Branche zu sprechen, sodass wir in Berlin gesehen und gehört werden. In Brüssel ist der WDK akkreditiert und vernetzt und verfolgt auf europäischer Ebene die gleichen Aktivitäten und Ziele wie national.

Auch für die Bewusstseinsbildung in der Bevölkerung gilt gesehen und gehört zu werden. Hier setzen wir auf die Ausweitung der Aktivitäten in den sozialen Medien, um mit Video- und Podcast-Formaten unterschiedliche Zielgruppen zu erreichen. Hierfür bespielen wir neben Youtube, Instagram, Tik Tok und Linkedin auch Bluesky Social.

In unserem Gespräch zum Beginn Ihrer Amtszeit sagten Sie, dass sich die Lage der Kautschukindustrie nur verbessern kann, wenn sich die Standortbedingungen ändern. Sind Sie zuversichtlich, dass diese nach einem möglichen Regierungswechsel gelingt?

Klein: Hier muss ich leider sagen, dass ein Blick in die Wahlprogramme der Parteien diese Zuversicht nicht gerade fördert. Denn die großen bürgerlichen Parteien scheinen den Ernst der Lage immer noch nicht erkannt zu haben. Mir kommt es so vor, dass es kein Bewusstsein für den energieintensiven Mittelstand in unserem Land gibt, da der Mittelstand nur eine stiefmütterliche Rolle in den vorliegenden Wahlprogrammen spielt. Und das auch bei den Parteien, die sich gerne selbst eine hohe Wirtschaftskompetenz bescheinigen. Deshalb unterstützte der WDK auch den ersten Wirtschaftswarntag des „Aktionsbündnisses Wirtschaftswarntag“ Ende Januar, dessen Ziel es war, auf die aktuelle Wirtschaftslage und die Herausforderungen des Standorts Deutschland aufmerksam zu machen. Mit den Aktionen sollte bewirkt werden, dass die deutsche Wirtschaft in den Fokus der Wähler rückt.

Die notwendigen Entlastungen für die Wirtschaft werden nur vage in den Wahlprogrammen angekündigt, ihre Finanzierung ist jedoch außen vor. Deshalb wird es noch mehr auf die Wirtschaft ankommen, konkrete Schritte anzustoßen, damit sich die Rahmenbedingungen verbessern. Wir haben uns 2024 dazu jedenfalls massiv mit konkreten Vorschlägen zu Wort gemeldet. Jetzt liegt es an der Politik zu handeln.

Der WDK findet die Bürokratielast für die Unternehmen viel zu hoch und macht dies an seinem Hauptsitz in Frankfurt sichtbar.
An seinem Hauptsitz in Frankfurt hat der WDK am Wirtschaftswarntag auf die Bürokratielast für die Unternehmen aufmerksam gemacht. (Bild: WDK)

Könnte hier die Vorwärtsstrategie des WDK, die 2024 initiiert wurde, gar erste Früchte tragen?

Klein: Zu den ersten Früchten gehört die Aufmerksamkeit, die wir als Kautschukbranche erzeugt haben. Weitere Früchte sind, dass sich Forderungen aus unserer Vorwärtsstrategie beispielweise eins zu eins im Wahlprogramm der FDP wiederfinden. Und auch die CDU hat unser Motto „Lost in Transformation“ übernommen. Wir konzentrieren uns aktuell auf den Industriestandort Deutschland. „Industry Matters“ heißt unser Forderungspapier zur Bundestagswahl, das drei Kernforderungen enthält: Konsequenter Bürokratieabbau („One in, two out“), wettbewerbsfähige Energiepreise und eine Stärkung des Standorts durch eine solide und langfristige angelegte Wirtschaftspolitik, denn die Unternehmen benötigen eine verlässliche Planungsgrundlage. Wir jammern nicht, sondern unterbreiten konkrete Vorschläge, wie ein Politikwechsel gelingen könnte. Unsere wirtschaftspolitischen Forderungen sind verfügbar und glasklar formuliert. Ob und wie die nächste Bundesregierung unsere Forderungen umsetzt, bleibt die entscheidende Frage.

Wie blicken Sie auf den Regierungswechsel in den USA hinsichtlich möglicher Zölle?

Klein: Die USA sind für die deutsche Kautschukindustrie ein wichtiger Absatzmarkt und Handelspartner, sodass die Konsequenzen der in Kraft gesetzten Zöll in den nächsten Monaten spürbar sein werden. Diese werden uns als Exportnation und als Branche treffen. Ihr Umfang hängt von der Höhe der Zollsätze, aber auch von Sekundäreffekten ab. Entscheidendere Auswirkungen erwarte ich von dem unmittelbaren Aufkündigen des Green Industrial Deals und vom Ende der staatlich verordneten Elektromobilität in den USA. Hierdurch wird sich meines Erachtens das Drängen der chinesischen Autoindustrie in den EU-Markt weiter verstärken. Für die deutsche Automobilzulieferindustrie kehrt, wie erhofft, durch die Aufkündigung ein Wachstumsmarkt für Verbrenner zurück. Das klingt vielversprechend, jedoch verpufft aufgrund der Euroschwäche zum US-Dollar die relative Verbilligung europäischer Exporte in die USA.

Welche Ziele haben Sie sich als Präsident des WDK für 2025 gesetzt?

Klein: Ich werde mich dafür einsetzen, dass Deutschland ein Standort für die deutsche Kautschukindustrie bleibt. Um dies zu erreichen, werde ich hochrangige Gespräche mit der neuen Bundesregierung führen und dabei die Systemrelevanz unserer Branche erneut betonen. Ich spreche für 220 Unternehmen aus 16 europäischen Staaten, die im WDK-Netzwerk verbunden sind. In der europäischen Interessenvertretung haben wir seit Jahresbeginn neue Freiheiten, die wir für uns, aber auch gemeinsam mit anderen nationalen Kautschukindustrieverbänden in Europa, nutzen müssen. Ich setzte mich dafür ein, dass der WDK den Herstellern von Elastomerprodukten und auch ihren spezialisierten Zulieferern eine starke Stimme gegenüber der EU-Kommission und dem EU-Parlament gibt. Deshalb streben wir auch das Vernetzen auf EU-Ebene mit allen für uns interessanten und kooperativen Industrieverbänden an. Der WDK gewinnt seit Jahren Mitglieder hinzu, was mir zeigt, dass wir offenkundig den Unternehmen einen spürbaren Mehrwert bieten. Ich möchte deshalb als Präsident dazu beitragen, dass sich dieser positive Trend fortsetzt.

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