Impressionen und Neuigkeiten von der Tire Technology Expo 2023

Auf der Tire Tech stellte Cabot, Boston, USA, die neue Techno-logieplattform Evolve Sustain-able Solutions vor. Mit dieser Plattform verfolgt das Unternehmen das Ziel, nachhaltige, leistungsstarke Produkte zu entwickeln, die aus zirkulären Wertschöpfungsketten und Materialien wie beispielsweise Altreifen, erneuerbaren und biobasierten Werkstoffen stammen. Cabot hat zwei neue zirkuläre Verstärkungskohlenstoffe auf den Markt gebracht, die nach ISCC Plus zertifiziert sind. Vulcan 7H-C wird aus Reifenpyrolyseöl hergestellt und eignet sich unter anderem für Reifenlaufflächen, Industriegummiprodukte. 10 % wiedergewonnenen Ruß enthält das halbverstärkende Material Sterling SO-RC 110, das mit Sterling SO-Ruß co-granuliert wird, um bei gleicher Leistung den Rezyklatanteil im Produkt zu erhöhen, so der Hersteller.

Conblack, ein durch Salzschmelzetechnologie rückgewonnener Ruß (rCB), wurde von Contec, Warschau, Polen, präsentiert. Weiterhin zeigte das Unternehmen, das erstmals unter den Ausstellern in Hannover dabei war, das Reifenpyrolyseöl Conpyro, sowie den im Prozess zurückgewonnenen Stahl Conwire. Der eingesetzte Pyrolyseprozess läuft bei rund 550 °C ab. Die Reaktoren werden mit geschmolzenem Salz, das in einem geschlossenen Kreislauf geführt wird und für eine gleichmäßige Temperaturverteilung im Reaktor sorgt, beheizt. „Das Gas, das nicht zu Öl kondensiert, dient als Energiequelle für das Schmelzen des Salzes, sodass der Prozess einmal gestartet quasi von selbst läuft“, erläutert Klaudia Końska, Junior R&D Manager bei Contec. Das Eigenschaftsprofil eines mit diesem rCB gefüllten Gummis, ähnelt sehr dem eines mit Neuware gefüllten. Weiterhin ist der CO2-Fußabdruck des rCBs rund 80 % geringer als der von neuwertigem Ruß. Der zurückgewonnene Ruß wird zunächst gesiebt, die Partikel auf eine Größe von <10 µm gemahlen und dem Markt als Pellets mit 1 bis 2 mm Durchmesser zur Verfügung gestellt. Patryk Cichoń, Sales Director, wies darauf hin, dass aktuell die Nachfrage nach recycelten Rohstoffen größer sei als die derzeitigen Produktionskapazitäten der Pyrolyseunternehmen.

Für die Verlängerung des Reifenlebens durch Runderneuerung setzt sich die Allianz Zukunft Reifen (Azur), Willich, ein. Azur war ebenfalls zum ersten Mal unter den Ausstellern der Tire Technology Expo mit dabei. Christina Guth, Geschäftsführerin der Allianz, freute sich, dass es zwischenzeitlich leichten Rückenwind aus der Branche gibt und die Möglichkeit zur Reifenrunderneuerung verstärkt bereits bei der Entwicklung berücksichtigt werde. Stolz ist die Allianz auf den kürzlich in Singapur verliehenen Recycle Award, durch den die Aktivitäten international honoriert wurden. Zum Messeauftakt gab Zeppelin Systems, Friedrichshafen, der neu gegründeten „Zeppelin Sustainable Tire Alliance“ bekannt. Das Unternehmen und internationale Partner verfolgen die Vision, das Reifenrecycling breit aufzustellen. Hierbei sieht sich Zeppelin Systems, als Brückenbauer zwischen den Reifenherstellern und der Recyclingbranche, so Guido Veit, Vice President Sales für Polyolefine, Rubber und Silos. Um das Reifenrecycling wirtschaftlich aufzustellen ist es wichtig zu wissen welcher Prozess sich für welche Anwendung rechnet. Denn es gibt nicht die eine Technologie, sondern es wird der Einsatz von parallel oder sequentiell eingesetzten Verfahren notwendig sein. Altreifen werden künftig sortiert nach Kriterien wie Runderneuerung oder Recycling sowie Sommer- und Winterreifen, um die im Kreislauf geführte Materialmenge zu erhöhen. Denn Guido Veit ist sich sicher, dass künftig aus Altreifen Sekundärrohstoffe entstehen werden, da diese zu wertvoll für das Verbrennen sind.

Die Qualität von Reifenmischungen wird durch Strainern verbessert. Bei diesem Verfahren wird die Mischung unter hohem Druck, aber ohne nennenswerten Temperatureintrag, von einer Zahnradpumpe durch Siebe gedrückt und von kleinsten Verunreinigungen befreit. „Mit gereinigten Mischungen können sehr feine Geometrien ausgebildet und Produktionsstopps aufgrund von Verunreinigungen im Profilwerkzeug vermieden werden“, führt Peter J. Uth, Geschäftsführer Uth, Fulda, aus. Mit der Roll-ex Feinstrainer- und Zahnradpumpen-Technologie des Unternehmens, kann mit einem vorgeschalteten 2-Rollen-Plastifizier-aggregat die anfallende Anfahr- und Abfahrware bei der Reifenherstellung von mehreren Tonnen pro Tag aufbereitet werden. Dass Ultraschall Polymere nicht nur fügen, sondern auch trennen kann, war am Stand von Herrmann Ultraschall, Karlsbad, zu sehen. Im Fall von unvulkanisiertem Kautschuk wird mit einer gehärteten Stahlelektrode gearbeitet. Der Schnitt erfolgt nicht senkrecht, sondern schräg, um eine möglichst große Schnittfläche zu erzielen, war von den Experten zu erfahren. Dadurch steht beim Auflegen der Reifenschicht am Stoß eine große Fügefläche bereit. Um eine saubere, unbelastete Schnittfläche zu erhalten, ist beim Schneiden auf die geeignete Temperaturführung zu achten.

Wer kennt sie nicht, die Unwucht des Reifens, die beim Räderwechsel in der Werkstatt durch kleine Gewichte am Felgenrand ausgeglichen wird. Doch auch Reifen, die frisch aus der Presse kommen, können eine Unwucht besitzen. Diese wird bislang durch Anschleifen des Reifenprofils ausgeglichen, sofern sie innerhalb der Toleranzwerte liegen. 4 Jet, Alsdorf, zeigte bei seiner Premiere als Aussteller in Hannover ein Laserverfahren, das die vorhandene Unwucht über einen Materialabtrag am Reifenwulst ausgleicht. Oliver Ditrich, Key Account Manager, erläuterte, dass symmetrisch zum ermittelten Hochpunkt der Unwucht der Gummi am Wulst auf beiden Seiten des Reifens abgetragen wird.

Elektrofahrzeuge besitzen kein Motorgeräusch, das das Laufgeräusch der Reifen übertönen könnte. Um dieses zu mindern, werden auf die Innen-
seiten der Laufflächen Schäume zur Schalldämmung angebracht. SAR, Dingolfing, zeigte in Hannover die Technologie Foam in Tire (FIT). Hierbei handelt es sich um eine Automationszelle mit vier Robotern. Die unterschiedlichen Reifengrößen und -breiten werden über Kamerasysteme chaotisch erkannt und vollautomatisiert der Klebstoff appliziert sowie der passende Schaumstreifen aufgebracht. Hierbei ist die lagegenaue Positionierung des Schaumes wichtig, da vorhandene Sensoren ausgespart werden müssen. Die Fertigungsparameter werden dem Reifen zugewiesen und in einer Datenbank dokumentiert. Den Termin der Tire Technology Expo 2024 hat der Veranstalter UKI Media & Events bereits bekanntgegeben. Die Reifenbranche trifft sich wieder vom 19. bis 21. März 2024 in Hannover.