Die Bosig-Gruppe entwickelt und produziert seit über 45 Jahren Systemlösungen für Industrie, Handwerk und Bau. Die Kernkompetenz im Werk in Gingen liegt im Fenster- und Fassadenbereich, der Akustik und in systemorientierten Lösungen für die Industrie. Aus Elastomeren werden unterschiedliche Dichtungen, Saugplatten, Schwammgummikugeln oder -rollen, sowie Vakuummatten für Hebegeräte und Hebegreifer hergestellt. Für deren Fertigung suchte das Unternehmen einen kompetenten und zuverlässigen Partner. Inzwischen sind im Unternehmensstandort Gingen mehrere gebrauchte, modernisierte Walzwerke von Deguma-Schütz, Geisa, im Einsatz. Denn auf Basis des Deguma efficiency Konzepts werden Bestandsmaschinen diverser Hersteller mit neuester Antriebs-, Steuerungs- und Sicherheitstechnik ausgestattet.
Deshalb steht der Arbeitsschutz im Fokus
Um Mitarbeitern in der Produktion die Gefahrenstellen der Walzwerke und das richtige Verhalten in Risikosituationen aufzuzeigen, verlässt sich Bosig auf die Expertise des Maschinenherstellers. Im Laufe seiner 30-jährigen Geschichte hat das Unternehmen aus der Rhön nahezu alle Walzwerke sämtlicher Hersteller kennengelernt. So entstand die Idee, speziell für Walzwerke ein anwenderspezifisches Programm für Sicherheitstrainings und -prüfungen zu entwickeln. Denn Rettungsübungen sind beim Einsatz von Maschinen, an denen Maschinenbediener unmittelbar an ungeschützten Gefahrenstellen arbeiten, enorm wichtig. Der Elastomerverarbeiter ist nach ISO 45001 zertifiziert und hat daher Arbeitsschutzthemen fest in der Unternehmenspolitik verankert. Mit der Schulung sollen die Mitarbeiter für die Gefahren an den Maschinen und Anlagen sensibilisiert werden. „Das gelingt am besten, wenn Experten selbst die Schulung durchführen und ihre Erfahrungen weitergeben“, so Markus Floruß, Assistent der Geschäftsleitung bei Bosig.
DKT IRC 2021 - Sicherheitsaspekt stand im Mittelpunkt des Messeauftritts
Deguma-Schütz hatte am Stand in Nürnberg ein Walzwerk stehen, das alle sicherheitstechnischen Ausrüstungen inklusive einer Stange für das Einhalten des Sicherheitsabstandes besitzt. Arno Herget erläuterte anschaulich, die Notwendigkeit einer schnellen Reaktion nach einem Unfall. „Aufgrund der Temperaturen der Walzen von über 100 °C ist es wichtig, dass die verunfallte Person innerhalb von 2 Minuten befreit wird, da ansonsten irreparable Verbrennungen an der Haut auftreten“, so der Sicherheitsbeauftragte. Um dies zu ermöglichen, werden alle Steuerungen der aufbereiteten Walzwerke mit einem Reversierknopf (nach Not-Halt) ausgestattet. Um das Körperteil schnell befreien zu können steht zusätzlich die „Rettungskiste“ mit schwerem Werkzeug bereit, damit im Ernstfall ein schnelles Handeln möglich ist. Mit einer Hand aus Silikon wurde gezeigt, wie schnell die Gliedmaßen in das Walzwerk eingezogen wird. Die Silikonhand passiert den Walzenspalt unbeschadet, bei der Hand des Walzwerkbedieners verursachen die gegenläufig drehenden Walzen durch ihre unterschiedlichen Geschwindigkeiten, schwerwiegende Quetsch- und Scherverletzungen. Nach einer Kurzunterweisung auf der Messe war klar, dass eine sicherheitstechnische Schulung wichtig ist, um dem Walzwerk im Alltag den nötigen Respekt entgegen zu bringen.
Für den Ernstfall vorbereitet sein
Am ersten Tag der Präsenzschulung in Gingen führte Deguma die Überprüfung der Sicherheitseinrichtungen und Schutzfunktionen der Walzwerke durch. Dabei ist es vor allem wichtig, dass die rechtlichen Grundlagen mit Blick auf die Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) stimmen. „Wir schauten uns darüber hinaus auch die (sicherheits-)technischen Besonderheiten der Maschinen bei Bosig an. Denn eine regelmäßige Prüfung der Funktionen minimiert das Sicherheitsrisiko für die Bediener“, erläutert Arno Herget, Sicherheitsexperte bei Deguma. Der zweite Teil bestand darin, mögliche Unfallszenarien mit anschaulichen Übungen und Beispielen durchzuspielen und anhand von Praxisberichten den richtigen Umgang in Gefahrensituationen zu vermitteln. Unterstützend greift der Maschinenhersteller zu einer lebensgroßen Puppe: Diese trägt zur zusätzlichen Veranschaulichung der Risiken bei und gestaltet die proaktive Vorbereitung auf den Ernstfall realitätsnäher. Dabei sehen die Mitarbeiter, wo sich Gefahrenstellen befinden und was im produzierenden Betrieb alles schieflaufen kann. Das schafft ein Bewusstsein dafür, dass die Maschinen trotz neuestem sicherheitstechnischen Stand Risiken bergen. So sind zu jeder Zeit schnelle und richtige Reaktionen gefragt. Insbesondere durch den gefährlichen Quetschbereich am Walzwerk ist der Bediener großer Gefahr ausgesetzt. Ist ein Mitarbeiter erfasst worden, muss die gefahrbringende Bewegung schnellstmöglich gestoppt werden. Die gesamte Rettungskette muss schnell und fehlerfrei ablaufen, um den erfassten Maschinenbediener unverzüglich von den hohen Temperaturen, die an den Walzen herrschen, zu befreien. „Jeder Mitarbeiter muss sich darauf verlassen können, dass Kollegen und Kolleginnen jederzeit richtig zu handeln wissen. Auf diese Dringlichkeit machen wir stets aufmerksam“, erläutert Herget.
Individuelles Schulungsprogramm notwendig
Der Maschinenhersteller verfolgt mit seinen Sicherheitstrainings das Ziel, die Mitarbeiter ,wachzurütteln‘. „Die Arbeit an den Walzwerken muss mit höchster Vorsicht ablaufen. Viele vergessen das, wenn sie schon jahrelang im Betrieb gearbeitet haben. Unsere Schulungen, die an jeden Kunden individuell angepasst werden, sollen die Bereitschaft, schnell und korrekt zu handeln, steigern“, so Herget. Der praktische Teil stellt reale Bedingungen nach und trägt zum nachhaltigen Lernen bei. Künftig möchte Bosig einmal pro Jahr Sicherheitsprüfungen und -schulungen vor Ort durchführen. Anwender sehen nach den Trainings oft Potenzial darin, ihrer Verantwortung weiterhin nachzugehen und das Fachwissen zu vertiefen. Deguma verfügt dafür auch im Bereich der Sicherheitsnachrüstung über eine hohe Fachkompetenz, ausgehend von der Mitarbeit im europäischen und internationalen Normungsausschuss, in zahlreichen Ausschüssen der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) und der Berufsgenossenschaft Rohstoffe und chemische Industrie (BG RCI) sowie jahrelanger Erfahrung. Nach dem Sicherheitstraining erhält jeder Anwender ein Zertifikat für die erfolgreiche Teilnahme. Als Erweiterung seines Angebots bietet der Maschinenhersteller den Firmen auch einen Notfallkoffer mit Rettungsequipment an. An der Maschine gelagert, bietet es schnelle erste Hilfe. Denn im Falle eines Falles kommt es auf jede Sekunde an.