Rheologische Messungen von Gummi werden hauptsächlich mit Mooney Viskosimeter (MV), Moving Die Rheometer (MDR) oder Rubber Prozess Analyzer (RPA) durchgeführt. Aufgrund des nicht-linearen Verhaltens von Werkstoffen, ist eine Annahme beziehungsweise Übertragung der Werte auf jene im Bereich der Verarbeitung jedoch oftmals nicht möglich oder gar aufgrund fehlender Selektivität fehlerhaft. Gummimaterialien enthalten zudem Wachse und Weichmacher, welche beim Verarbeiten zu einem Gleitverhalten führen. Diese Effekte werden von herkömmlichen Gummitestgeräten nicht berücksichtigt. Werden die materialspezifischen thixotropen Effekte bei Gummiprüfungen nicht beachtet, wird häufig ein falsches Verarbeitungsverhalten nach Beginn der Produktion erkannt. Dies kann zu Produktionsausfall und Materialausschuss führen. In der Werkzeugströmungssimulation führt ein Vernachlässigen der Thixotropie beim Fließverhalten von Gummi zu einer falschen Vorhersage von Werkzeugen oder langen und kostenintensiven Anlaufzeiten für neue Produkte. Neben Gummi ist auch bei PVC-Trockenmischungen das Plastifizieren vor der Materialverwendung notwendig, um den pulverförmigen Werkstoff zu verquirlen. Hier wird bei der herkömmlichen Prüfung zumindest eine gewisse Plastifizierung in einem Ein- oder Doppelschneckenextruder benötigt. Die Messung einer gut definierten Fließkurve unter Verwendung eines Extruders ist möglich, da sich die Verweilzeit für jeden Geschwindigkeitssatz ändert, um eine Fließkurve zu erzielen. Dabei bietet das Contifeed die Möglichkeit, den Prüfaufwand zu reduzieren und ermöglicht zudem eine definierte Materialplastifizierung direkt vor der Messung. Der kleine Laborextruder Contifeed, mit einem Schneckendurchmesser von 20 mm und einer Länge von 10 D oder 25 D, ist mit einem Ein- oder Zweikanal-Kapillarrheometer kombiniert. Extruder und Kapillarrheometer sind durch einen Bypass direkt über der Düse verbunden. Der Aufbau ermöglicht das Plastifizieren des Materials mit unterschiedlichen Rückdrücken, welche durch das Kapillarrheometer erzeugt werden. Das automatisierte Bypass-Ventil lässt eine vollautomatische Füll- und Messroutine zu. Aufgrund der vollautomatischen Speisung des Kanals kann die Verweilzeit um 50 % reduziert werden. Durch den Einsatz von verschieden Düsen in verschiedener Länge können notwendige Korrekturen wie die Bagley Korrektur für den Einlaufdruckverlust direkt durchgeführt werden.
Wie die Plastifizierung die Kennwerte beeinflusst
Aufgrund der Entwirrung der Polymerketten ändern Polymere ihr rheologisches Verhalten durch Plastifizierung, daher müssen insbesondere Materialien wie PVC und Elastomere vor dem Verarbeiten entsprechend plastifiziert werden. Das Messsystem ermöglicht das Plastifizieren vor dem Messen der Viskosität mit einem Kapillarrheometer. Bild 2 zeigt den Einfluss der Plastifizierung auf die Verweilzeit. Es ist eine Zeitersparnis von bis zu 50 % möglich.
Der Einfluss der Plastifizierung auf die Viskosität einer mit hohem Öl gefüllten SBR-Verbindung ist in Bild 3 dargestellt. Die Daten werden durch das Ostwald-de-Waele-Modell (Potenzgesetz) approximiert. Ostwald de Waele-Modellkoeffizienten sind in Tabelle 1 aufgeführt. Die Plastifizierung hat keinen Einfluss auf den Potenzgesetzkoeffizienten, aber das Viskositätsniveau zeigt eine Differenz von etwa 10 %.
Zur Analyse des Einflusses der Plastifizierung durch das Contifeed werden die Messergebnisse des Kapillarrheometers mit und ohne Plastifizierung dargestellt. Es wurden die Bagley (Eingangsdruckverlust) Korrektur sowie die Rabinowitsch-Weissenberg Korrektur durchgeführt. Bild 4 zeigt den Einfluss der Plastifizierung auf eine Reifenmischung, bei der eine hohe Änderung der korrigierten Viskosität und ein geringerer Einfluss auf die Dehnviskosität zu sehen ist. Durch Plastifizierung ändert sich die Viskosität um bis zu 35 % und die Dehnviskosität um bis zu 18 %. Ein weiteres Beispiel (Bild 5) für den Einfluss der Plastifizierung auf eine Reifenmischung, bei der eine starke Änderung der Dehnviskosität und ein geringerer Einfluss auf die korrigierte Viskosität zu erkennen ist. Für dieses Beispiel erzeugt die Plastifizierung mit 5 % nur eine geringe Änderung der Viskosität, aber mit 54 % eine große Änderung der Dehnviskosität. Diese Beispiele zeigen, dass die Plastifizierung nicht nur durch eine Verschiebung der Viskosität und der Dehnviskosität berücksichtigt werden kann, da sich auch das Scherverdünnungsverhalten ändert. Ferner kann der Einfluss auf die Viskosität und die Dehnviskosität für die Materialien vollständig unterschiedlich sein. Die erhaltenen rheologischen Daten führen zu einem geringeren Druckverlust bei langen geraden Strömungskanälen und kleineren Differenzen in konvergierenden Bereichen für Material 1 und nahezu demselben Druckverlust in langen geraden Strömungskanälen und großen Unterschieden in konvergierenden Bereichen für Material 2, wenn die Plastifizierung berücksichtigt wird.
Diese Veränderungen werden erzielt
Die abschließende Plastifizierung durch den Speiseextruder Contifeed führt zum luftblasenfreien Füllen des Kapillarrheometers und benötigt durch den Wegfall der Aufschmelzzeit eine um circa 50 % kürzerer Messzeit. Die kurze Aufwärmzeit reduziert die Verweilzeit des Materials im Messgerät. Außerdem ermöglicht sie die Identifikation prozessrelevanter rheologischer Daten für den Spritzguss und das Vermessen pulverförmiger Materialien und von PVC Trockenmischungen. Weiterhin werden die Scherviskosität und die Dehnungsviskosität reduziert, die für die Bestimmung in konvergierenden Abschnitten geeignet ist. Somit sind die mit diesem Messsystem erzeugten Daten für die Prozesssimulation besser geeignet als die herkömmlicher Testverfahren mit rein statischer Homogenisierung.