Kunststofftüte zwischen Laub am Boden

Wie groß ist die langfristige Tragweite von Kunststoffemissionen? (Bild: Fraunhofer UMSICHT/Leandra Hamann)

6 % des globalen Erdölverbrauchs fließen in die Kunststoffindustrie – Tendenz steigend. Während die Kunststoffindustrie in vielen Ländern einen wichtigen Wirtschaftsfaktor darstellt, gelangen immer mehr Kunststoffabfälle in Böden und Ozeane. Meist in Form hochmobiler, kleiner bis großer Plastikfragmente können die Kunststoffemissionen nicht mehr aus der Umwelt zurückgewonnen werden. Gleichzeitig sind die langfristigen Auswirkungen von Plastik in der Umwelt kaum vorhersehbar.

Aufgrund der globalen und generationsübergreifenden Dimension des Problems ist es wichtig, dass Wissenschaft, Wirtschaft und Konsumenten gemeinsam an einer Lösung arbeiten. Ein Ziel des Verbundprojekts Plastikbudget ist deshalb, die heutigen Plastikemissionen zu quantifizieren und ein Plastik-Emissions-Budget abzuleiten. Auf dieser Grundlage können die Forschenden quantitative Emissionsziele formulieren, die zur Legitimation von politischen Entscheidungen dienen. Besonders der Weg aus empirisch gesicherten Daten und normativen Wertvorstellungen zu einem konkreten Emissionsbudget bildet dabei das Kernziel des Projektes.

Kunststoffrecycling: Der große Überblick

Mann mit Kreislaufsymbol auf dem T-Shirt
(Bild: Bits and Splits - stock.adobe.com)

Sie wollen alles zum Thema Kunststoffrecycling wissen? Klar ist, Nachhaltigkeit hört nicht beim eigentlichen Produkt auf: Es gilt Produkte entsprechend ihrer Materialausprägung wiederzuverwerten und Kreisläufe zu schließen. Doch welche Verfahren beim Recycling von Kunststoffen sind überhaupt im Einsatz? Gibt es Grenzen bei der Wiederverwertung? Und was ist eigentlich Down- und Upcycling? Alles was man dazu wissen sollte, erfahren Sie hier.

Diese Fragen beantwortet das Projekt

Gestartet mit einer grundlegenden Recherche zu Plastikmengen in der Umwelt adressiert das Projekt daher zwei große Themen: Die Entwicklung eines Budgetansatzes und die Entwicklung einer Wirkungsabschätzungsmethode, die in Ökobilanzen genutzt werden kann, um potenzielle Umweltwirkungen von Plastikemissionen zu berücksichtigen. Partizipative Formate runden das Vorhaben ab. So verankern sich die Ergebnisse in politischen und wissenschaftlichen Diskursen. Im Projektverlauf beantworten die Forschenden folgende Fragen: Welche Mengen Kunststoff werden aktuell eingetragen und welche Mengen haben sich bereits akkumuliert? Welche Mengen an Kunststoff in der Umwelt ist gerade noch akzeptabel? Wie lange dauert der Abbau von Kunststoffen in realen Umweltkompartimenten? Wie werden die Risiken durch verschiedene Kunststoffemissionen adäquat abgebildet? Aus den Antworten berechnen sie schließlich einen Wert für die aktuellen Emissionen und das aus ihrer Sicht akzeptable Emissionsbudget.

Wie die Plastikemissionen ermittelt werden

Um Kunststoffverschmutzung zu messen, haben die Forscher im Projekt das persistenzgewichtete Plastikemissionsäquivalent (kurz: PPE) entwickelt. Dieses stellt eine virtuelle Masse dar, die den Zeitraum berücksichtigt, bis eine spezifische Kunststoffemission beispielsweise in Boden, Süßwasser oder Meerwasser abgebaut ist. Relevante Eigenschaften dafür sind der Ort der Emission, der Materialtyp, die Form der Kunststoffemission sowie die Größe des emittierten Kunststoffteils und das finale Umweltkompartiment, in dem der Kunststoff verbleibt. Im Falle von Kunststoffen, die innerhalb eines Jahres vollständig abbauen, entspricht das Plastikemissionsäquivalent der realen Masse. Ist die Abbauzeit länger, vergrößert es sich entsprechend.

"Ausgehend von der These, dass die bereits heute in der Umwelt akkumulierte Gesamtmenge der Kunststoffe gerade eine kritische Menge erreicht hat, konnten wir ein globales Plastikemissionsbudget von 250 Mio. t. PPE berechnen", erklärt Jürgen Bertling, Projektleiter des Vorhabens und Wissenschaftler am Fraunhofer UMSICHT. "Wenn jedem der 7,8 Mrd. Menschen die gleichen Emissionsrechte zugesprochen werden, ergibt sich so ein Individualbudget von 31,9 kg PPE pro Person und Jahr."

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Was schlägt wie zu Buche

Allein der Reifenabrieb beim Autofahren entspricht aber schon einem Plastikemissionsäquivalent von 16,5 kg PPE pro Jahr und verbraucht damit über 50 % des individuellen Budgets. Auch das Littern von zehn Coffee-to-go-Einwegbechern würde mit 13,5 kg PPE im Jahr mehr als ein Drittel des eigenen Budgets verbrauchen. "Das liegt daran, dass die verwendeten Kunststoffe bei Einwegbechern schwerer abbaubar sind als der Kautschuk des Reifens", erläutert Jan Blömer vom Fraunhofer UMSICHT, der wesentlich an der Entwicklung der Berechnungsmethodik beteiligt war. Auch der Verbrauch einer Spule Polyamids für einen Rasentrimmer, die beim Verwenden Mikroplastik freisetzt, fällt mit 5,1 kg PPE erheblich ins Gewicht. Mikrobeads in Kosmetik oder das einmalige Abschleifen einer Haustür verbrauchen mit 1,1 kg PPE und 0,5 kg PPE hingegen deutlich weniger vom individuellen Emissionsbudget, sind aber dennoch in der Gesamtbilanz durchaus relevant.

Auch viele andere alltägliche Tätigkeiten führen zu Kunststoffemissionen. Trotzdem zeigen die Forschenden, dass in verschiedenen Szenarien die berechneten Budgetgrenzen eingehalten werden können. Ein solches Szenario bringt allerdings auch erheblichen Aufwand und massive Änderungen unseres heutigen Umgangs mit Kunststoffen mit sich. Ein mögliches Szenario zum Einhalten des Budgets wäre eine Reduktion der Emissionen um mehr als 50 %, wenn zeitgleich mindestens 50 % aller Emissionen aus gut abbaubaren Kunststoffen bestehen würden.

Warum sich das Plastikbudget auf die Ökobilanz auswirken könnte

Das im Projekt entwickelte persistenzgewichtete Plastikemissionsäquivalent könnte zukünftig auch eine neue Wirkungskategorie in Ökobilanzen darstellen. "Mit Hilfe von Faktoren, die die Persistenz von Kunststoffen in der Umwelt wiederspiegeln, lassen sich so zukünftig verschiedene Produktalternativen hinsichtlich ihres Plastikemissions-Footprints vergleichen", so Dr. Daniel Maga, der die entsprechende Weiterentwicklung der Ökobilanzmethodik beim Fraunhofer UMSICHT koordiniert. Hier findet ein entsprechender Austausch mit Unternehmen statt. Die Implementierung in der Ökobilanzmethodik und den zugehörigen Softwarelösungen erfordert aber eine breite Akzeptanz in der wissenschaftlichen Community und muss in entsprechenden Normungsgremien vorbereitet werden.

Förderhinweis
Das Vorhaben ist Teil des Forschungsschwerpunkts »Plastik in der Umwelt« (PidU) des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF), in dem 18 Verbundprojekte mit rund 100 Partnern aus Wissenschaft, Wirtschaft, Verbänden, Kommunen und Praxis grundlegende Fragen zur Produktion, Anwendung und Entsorgung von Kunststoffen klären wollen. Der Forschungsschwerpunkt "Plastik in der Umwelt – Quellen, Senken, Lösungsansätze" ist Teil der Leitinitiative Green Economy des BMBF-Rahmenprogramms "Forschung für Nachhaltige Entwicklung" (FONA3).

Quelle: Fraunhofer UMSICHT

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