Mann bedient eine Spritzgießmaschine.

Traditioneller Arbeitsplatz an einer vertikalen Spritzgießmaschine mit einem hohen Bedarf an kraftaufwändiger Bedienarbeit. (Bild: Westland)

Lange Zeit galt die Produktion von Gummiteilen, sei es durch Spritzgießen oder Pressen wegen der heißen Werkzeugoberflächen und der schwierigen Entformung als wenig bedienerfreundlich. Eher kleinere Mitarbeiter tun sich beim Bedienen solcher Maschinen häufig besonders schwer. Dies ist in erster Linie dadurch bedingt, dass der Ergonomie dieser Maschinen viel zu wenig Bedeutung geschenkt wurde. Das hat schließlich dazu geführt, dass es heutzutage immer schwieriger wird, geeignete Mitarbeiter für diese Tätigkeiten zu gewinnen – und es lässt sich einfach nicht jede Produktionsmaschine automatisieren. Der Gummiteilehersteller Westland mit Hauptsitz in Melle hat diese Zeichen der Zeit frühzeitig erkannt und zusammen mit dem österreichischen Gummimaschinenhersteller Maplan, Kottingbrunn, im tschechischen Zweigwerk ein Technik-Update-Projekt umgesetzt, mit dem zum einen die Ergonomie deutlich verbessert und gleichzeitig auch der Produktionsausstoß um 30 % angehoben werden konnte. „Gummi ist nicht Kunststoff“, beginnt Robert Kusch, Betriebsleiter der Elastomer-Formteile-Produktion bei den Westland Gummiwerken, unser Gespräch in der tschechischen Dependance Otrokovice. Der Kunststoffingenieur wechselte 2018 zum Gummiverarbeiter und erkannte früh, dass Gummi und Thermoplaste keine eineiigen Zwillinge sind, sondern grundsätzlich unterschiedlich und auch so behandelt werden müssen. Das Werk Otrokovice wurde vor 27 Jahren aufgrund des Wettbewerbsdrucks bei der Produktion von technischen Gummiformteilen in Betrieb genommen. Begonnen wurde mit 4 Spritzgießmaschinen und einer Hand voll Mitarbeitern. Bis heute ist der Betrieb auf 50 Maschinen und über 200 Beschäftigten angewachsen. Viele der Mitarbeiter, insbesondere in der Produktion, sind heute Frauen. Das war nicht immer so, da das Bedienkonzept der Anfangsjahre wohl Mechanisierungen rund um die Spritzgießwerkzeuge vorsah, aber dennoch viel Kraftaufwand und eine Mindestgröße von den Bedienern erforderte. Denn die einfachen oder doppelten Verschiebemittelplatten mit bis zu 800 mm Tiefe mussten von Hand hin und her bewegt werden, was eine ganze Schicht lang zu einem „Knochenjob“ anwuchs. Nur das Ausstoßen der Fertigteile aus den Mittelplatten erfolgte hydraulisch mittels Zweihandbedienung. Zusätzlich mussten die Angussspinnen von Hand aus der in der Maschine befindlichen Angussplatte entformt werden.

Wie der Technikbaukasten für Effizienzgewinne sorgt

Viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter waren dieser Arbeit nicht oder nur unter großen Anstrengungen gewachsen. Deshalb wurde ein Projekt ins Leben gerufen, das ein ergonomisch deutlich besseres Maschinenkonzept zum Ziel hatte und gleichzeitig die Produktionseffizienz steigern sollte. Die vom Verarbeiter grob umrissenen Vorgaben wurden mit den Ingenieuren des Maschinenherstellers diskutiert und gemeinsam auf Machbarkeit und zusätzliche Verbesserungsmöglichkeiten geprüft. Der Fokus lag dabei auf einem ganzheitlichen Optimieren, die Verschwendung vermeidet, die Produktivität erhöht und alle Prozessschritte vereinfacht und erleichtert. Durch offenen, gegenseitigen Erfahrungsaustausch konnte eine Lösung erarbeitet werden. Zum Einsatz kam der modulare Technikbaukasten des Maschinenbauers in Kombination mit der leicht verständlichen und ebenfalls flexibel konzipierten MAP-Commander C6-Steuerung. Die Kernpunkte des „Technik-Update-Projekts“ waren:
1.) Von Westland wurden neue Maplan-Spritzgießmaschinen der Typen Ergo+ 250 und Ergomax+ 460 mit gleicher Maschinenspezifikation angeschafft. Diese besitzen eine vergleichsweise sehr niedrige Bedienhöhe, die Podeste sowie Plattformen oder andere Steighilfen unnötig macht.
2.) Der Mittelplattenwechsel für die beiden Artikelplatten wurde automatisiert, die Verschiebung nach vorn erfolgt zyklusgesteuert über ein Shuttle System. Es wurde eine hydraulische Verschiebung der Mittelplatten mit Niveauwechsel aus dem Standardportfolio des Herstellers gewählt, bei der der Niveauwechsel der beiden Mittelplatten zusammen mit dem maschinenseitigen Auswerfer in der Maschine vollzogen wird. In der Maschine und in der Außenstation befindet sich ein Führungssystem, das das Entformen der Fertigteile nach dem automatisierten, hydraulischen Ausdrücken in einer ergonomisch günstigen Höhe von vorne erlaubt. Das neue Fertigungskonzept ist einfach in der Handhabung: Die Bedienhöhe ist immer gleich und nichts ist im Weg.
3.) Eine neue, am spritzseitigen Maschinenauswerfer befindliche Angussplattenverschiebung wurde darüber hinaus implementiert. Sie wird ebenfalls hydraulisch nach vorn gefahren, um so ergonomisch die Verteilerspinne(n) entnehmen zu können. Hierbei unterstützt der Standard-Auswerfer-Hub von 400 beziehungsweise 600 mm.
4.) Die Einstellmöglichkeiten der MAP-Commander C6 Maschinensteuerung sorgen dafür, dass der Teilehersteller auf sehr einfache Weise sowohl Werkzeuge mit zwei Artikelmittelplatten als auch Werkzeuge mit einer Artikelplatte einsetzen kann.
Das wirtschaftliche Ergebnis des Technik-Update-Projekts war überzeugend. Dazu Robert Kusch: „Die Produktion läuft auf den neuen Maschinen automatisiert, schneller und ermöglicht ein Entformen im Takt. Der Produktionsausstoß wurde um bis zu 30 % erhöht. Gleichzeitig wurde die Qualität der produzierten Formteile durch die nunmehr wiederholgenau getakteten Zyklusschritte deutlich verbessert.“

Frau an einer Produktionsmaschine
Durch den Einsatz der neuen Maschinen konnte der Arbeitsplatz zur Formteilmanipulation ergonomisch günstig und zugänglich gestaltet werden. (Bild: Maplan)

Zwischenstation auf dem Weg zum Industrie-4.0-Konzept

Der Elastomerverarbeiter hat große Pläne: Noch mehr Automatisierung und Digitalisierung sind die Themen, die das Team gemeinsam mit dem Maschinenhersteller beschäftigt. Das aktuell im Einsatz befindliche MAP-MES-Digital-Interface liefert bereits Daten aller Maschinen ins BDE Hydra/MPDV-System, wie etwa Zykluszähler, Einspritz- und Heizzeiten. Diese werden zur Leistungs-, Qualitäts- und Logistikoptimierung herangezogen. Die Vision ist aber eine völlig papierlose Fabrik – ohne ausgedruckte Prüfpläne oder Produktionsaufträge an der Maschine. Das angestrebte Ziel ist, das Shop Floor Management in naher Zukunft über digitale Boards zu betreiben. Man will so „lean“ wie möglich werden – um Zeit zu sparen, den Informations- und Kommunikationsfluss zu optimieren und Zahlen bestmöglich zu visualisieren.

Quelle: Maplan

Drei Männer im Anzug vor einer Spritzgießmaschine.
Zufrieden mit dem Ergebnis des Technik-Update-Projekts: Gerald Kemper, Maplan-Vertriebsleiter Norddeutschland, Robert Kusch, Betriebsleiter Westland-Melle, Vladimir Regentik, Produktionsleiter Westland-Otrikovice (v.l.). (Bild: Maplan)

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