1_Abb.2 Seitenfenster-Modul

Das an die Automobil-Montagelinie
angelieferte Seitenfenstermodul ist eine auf der Spritzgießmaschine montierte Baugruppe aus Glasscheibe und vorgefertigten Einlegeteilen (Kurbelfenster-Führungsschiene und Befestigungsclips), die mit einem aufgespritzten Rahmen aus TPE zusammengefasst werden. (Bild: Reinhard Bauer, Technokom)

Ein Beispiel dafür ist die Herstellung von Glasfenstermodulen für PKW-Fondtüren, wie sie bei Henniges Automotive im niedersächsischen Rehburg praktiziert wird. Sie bestehen aus Glasscheibe, Halteleiste und Befestigungsclips, die von einem TPE-Rahmen zu einer einbaufertigen Baugruppe zusammengefasst werden. Zur Herstellung setzt Henniges Automotive auf vertikale C-Rahmen-Spritzgießmaschinen.
Die Fondtüren viertüriger PKW-Modelle sind der Bequemlichkeit halber maximal breit ausgeschnitten. Daher reichen sie, je nach PKW-Modell, mehr oder weniger weit über den Radausschnitt hinweg. Daraus ergibt sich eine Verjüngung der Tür nach unten hin, wodurch nicht genügend Raum für das vertikale Verschieben eines Kurbelfensters in voller Türbreite zur Verfügung steht. Die Antwort darauf ist die Aufteilung der Fensterfläche in einen beweglichen und einen fixen Teil. An der Trennlinie zwischen der beweglichen und der fixen Glasscheibe übernimmt eine Stegleiste die Doppelfunktion der Kurbelscheibenführung auf der einen Seite und der Fixglaseinfassung auf der anderen Seite. Die Stegleiste samt integrierten Gewindebuchsen, sowie weitere Befestigungsclips werden durch Umspritzen mit TPE mit der Glasscheibe zu einem einbaufertigen Montagemodul kombiniert. Der TPE-Bereich dient gleichzeitig als elastische Passdichtung zum Türrahmen.

Montieren auf der Horizontalmaschine oder der Vertikalmaschine?

Gleich vorweg: Bei Henniges Automotive werden zum Spritzgießmontieren von Fensterglas-Einbaumodulen sowohl horizontale, als auch vertikale Spritzgießanlagen eingesetzt. Die Entscheidungskriterien, welches Spritzgießsystem bevorzugt wird, erläutert Henniges-Anwendungstechnikleiter Norbert Aumann: „Wir produzieren Fenster-Einbaumodule für eine Reihe unterschiedlicher Fahrzeugmodelle, vor allem für Fondtüren und unmittelbar angrenzende Fensterflächen. Der Unterschied liegt vor allem in der Art und Anzahl der mit der Glasscheibe zu kombinierenden Montageteile. Wenn dies ausschließlich Kleinteile sind, etwa Halteclips, die leicht vereinzelt und aufgenommen werden können, dann ist der Einlege- und Entnahmeroboter der menschlichen Manipulation überlegen. In diesem Fall setzen wir durchwegs auf konventionelle Horizontalmaschinen und einen Linearroboter mit einem kombinierten Einlege-/Entnahmekopf, passend zu einem 1+1-fach-Werkzeug für ein Fensterpaar. Damit legen wir die beiden Glasscheiben und die Kleinteile simultan ein und entnehmen mit einem Zusatzhub die fertigen Scheibenmodule.“

2b_Abb.1b BMW 3er-Limousine
2a_Abb.1a BMW 2er-Gran-Tourer

Die Fondtüren viertüriger PKW-Modelle sind für einen maximalen Einstiegskomfort maximal breit ausgeschnitten, bis über das Hinterrad hinweg. Dies begrenzt den zur Verfügung stehenden Bewegungsraum für das Kurbelfenster im Türkörper. Daher besteht die Türverglasung aus einer beweglichen und einer fixen Glasfläche.

Anhand eines etwas anders konzipierten Fenstermoduls setzt er fort: „Wenn jedoch über die meist rotationssymmetrischen Einlegeteile hinaus, größere, komplexere Einlegeteile zu manipulieren und im Werkzeug exakt zu positionieren sind, stoßen wir mit einer horizontalen Produktionszelle rasch an die Grenzen der Wirtschaftlichkeit. Denn lange Leisten präzise zu positionieren und während des Schließhubs in dieser Position zu fixieren, erfordert einen zu hohen technischen Aufwand. Deshalb produzieren wir diese höher integrierten Fenstermodule auf Vertikalmaschinen mit einem Rundtisch in Kombination mit der Manipulation durch Menschenhand.“ An diesem Punkt hakt Produktionsmittelplaner Jens Hartmann ein: „Nach eingehender Marktanalyse haben wir uns schließlich für die Vertikalmaschinen von LWB Steinl entschieden. Der Grund war, dass im Angebot nicht nur ein, sondern mehrere Vertikalmaschinen-Systeme in skalierbaren Varianten zur Disposition standen. Damit kamen wir schnell zu der für uns passenden Anlagenspezifikation, ohne Kompromisse eingehen zu müssen. Es war eine vertikale, holmlose C-Rahmen-Maschine in Kombination mit dem LWB-spezifischen Rechteck-Rundtischsystem. Beides zusammen bietet die gewünschten großzügigen Aufspannmaße bei gleichzeitig bester Zugänglichkeit zum Arbeitsbereich rund um das Spritzgießwerkzeug.“
Mit einer Aufspannfläche von zweimal 1300 x 650 mm und einem ebenso großen Mittenbereich mit allen Medien- und Energiezuführungen, passt die Anlage exakt zu den eingesetzten Glas-Umspritzwerkzeugen. „Dass insbesondere das LWB-Drehtisch-Layout Vorteile beim Werkzeugwechsel bieten würde, wurde im Vergleich mit einer älteren, bei uns noch im Betrieb befindlichen Vertikalmaschine mit konventionellem Rundtisch augenscheinlich. Auf ihm herrscht durch den knappen Abstand der beiden Werkzeugsets zueinander eine drangvolle Enge zwischen den Medienanschlüssen, was Service- und Werkzeugwechselzeiten deutlich länger ausfallen lässt“, so Hartmann weiter.

Individuell abgestimmtes Maschinenkonzept

Nachdem die prinzipielle Entscheidung für das Maschinenkonzept gefallen war, ging es um die Größenabstimmung von Spritzseite, Schließkraft und Drehtisch aufeinander. Durch das durchgehend modular ausgelegte Maschinensystem können die jeweiligen Größen und Leistungen der Einzelkomponenten in einem weiten Variationsbereich aufeinander abgestimmt werden. Am Ende stand eine Konfiguration mit der Bezeichnung VCRS 2500 / SP 2000 b II fest. Dabei treffen 250 Tonnen Schließkraft auf einen 180 Grad-2-Stationen-Rundtisch mit 2577 mm äußerem Drehkreis und eine Thermoplast-Spritzeinheit mit 2000 cm³. Die Schutzeinhausung des Arbeitsbereiches bietet beidseits entlang des Drehtisches einen ergonomisch günstigen Zutrittsweg von 600 bis 800 mm. Nach vorne hin wird der Arbeitsbereich mit Bodenscanner, Lichtvorhang und Schnelllauftor abgesichert, um die optimale Zugänglichkeit der Maschine zu erhalten.

3_Abb.3 LWB_C-Rahmen-Spritzgie_ƒmaschine-Seitenansicht

Zur Spritzgießmontage von Seitenfenstermodulen höherer Komplexität setzt Henniges Automotive vertikale C-Rahmen-Spritzgießanlagen vom Typ VCRS 2500/SP 2000 b II mit Drehtisch-Einheit ein. Durch die Aufstellung in einer Fundamentgrube bietet sie optimale Zugangsbedingungen zur Spritzseite und zur Drehtisch-Arbeitsstation.

Rundtisch-Anlage ist Teil einer integrierten Produktionseinheit

Die Anlage ist Teil einer Produktionszelle, in der im Vorlauf zur Spritzgießmaschine die Glasscheiben-Paare automatisiert an den Kontaktflächen zum Kunststoff mit einem Primer versehen werden. Die auf einem Förderband aus der Primer-Applikationszelle kommenden Glasscheiben übernimmt der Maschinenbediener und positioniert die Scheibe mit Saughebern in den Werkzeugkavitäten. Dazu legt er die Stegleiste sowie die zusätzlichen Halteclips in die Werkzeugkavitäten und startet den Spritzgießzyklus. Wenn die Zelle auf andere Scheibenmodelle umgerüstet werden muss, ist dies wegen der vorhandenen Schnellspannvorrichtungen für die Werkzeug-Oberteile und die Medienversorgung kurzfristig möglich.

Effizienz liegt in der optimale Lösung

„Eine Effizienz-Optimierung ist nicht ausschließlich durch eine Automatisierung der Handling-Prozesse rund um die Maschine erreichbar“, fasst Produktionsleiter Frank Hassel zusammen und ergänzt: „In unserem Fall bedeutete die Effizienz-Optimierung, die Schaffung optimaler Bedingungen für die, im konkreten Fall, notwendige manuelle Produktionsarbeit. Dafür suchten wir einen Technologiepartner, der in der Lage ist, die dafür jeweils passenden Maschinen und Zusatzmodule anzubieten. Die in unserer Produktion regelmäßig erfassten Effizienz-Kenngrößen bestätigen, dass dies mit der LWB-Steinl-Ausrüstung gelungen ist.“

Dipl.-Ing. Reinhard Bauer

Technokom, Gmünd, Österreich

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LWB Steinl GmbH & Co.KG

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84032 Altdorf
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