Autoreifen mit Glas gefüllt mit Flüssigkeit vor Horizont.

Flüssige Polybutadiene können in verschiedenen Reifenmischungen eingesetzt werden. (Bild: Evonik)

Elektroautos sind schwerer und haben ein höheres Drehmoment als Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor. Die Folge: Ein höherer Rollwiderstand, durch den der Energieverbrauch steigt und die Reichweite reduziert wird. Eine weitere Folge ist höherer Abrieb am Reifen, der durch das höhere Drehmoment des Elektromotors zustande kommt. Neue Anforderungen ergeben sich daneben an die Abrollgeräusche des Reifens, da diese in Elektrofahrzeugen stärker wahrgenommen werden. Gleichzeitig wird an nachhaltigeren Ausgangsstoffen, wie recyceltes Gummi oder Kunststoffflaschen, geforscht, um die Umweltauswirkungen in der Reifenherstellung zu reduzieren. Kurzum: Mit den neuen Anforderungen an Reifen steigen auch die Anforderungen an die eingesetzten Rohstoffe, deren Verarbeitung und die damit verbundene Materialhandhabung.
Der Fokus richtet sich dabei auf Hochleistungs-Additive in der Gummimischung, mit denen sich der Rollwiderstand reduzieren, die Traktion auf nassen Straßen verbessern oder die Haltbarkeit von Reifen erhöhen lässt. Hierbei unterstützen Produkte der Polyvest ST-E-Reihe von Evonik, Marl. Dabei handelt es sich um flüssige Polybutadiene mit endständigen Silangruppen. Während Standardweichmacher im Laufe der Zeit aus den Reifen migrieren, verbleiben die Polymerketten dieser Produkte in der Reifenmatrix und verbessern die Haltbarkeit. Mittlerweile gibt es spezialisierte Produkte aus der Reihe, die den Rollwiderstand von Reifen deutlich reduzieren und damit die Reichweite des Fahrzeugs verlängern können. Ein anderes verbessert dagegen die Abriebeigenschaften und die Eco-Varianten basieren auf nachwachsenden Rohstoffen und sparen bis zu 62 % an CO2-Emissionen in der Herstellung.

Schaubild mit Text und Formeln.
Die flüssigen Additive werden in Silica-Silan-verstärkten Reifenlaufflächenmischungen für ­Winter- und Sommerreifen eingesetzt. (Bild: Evonik)

Warum die flüssigen Polybutadiene anspruchsvoll sind

Die innovativen flüssigen Polybutadiene bringen Vorteile mit sich, allerdings stellen sie sehr hohe Anforderungen an die Dosier- und Einspritzanlage. Die relativ hohe Viskosität und ihre besonderen rheologischen Eigenschaften erschweren eine präzise und schnelle Handhabung. Zeppelin Systems, Friedrichshafen, entwickelte bereits vor einem Jahrzehnt ein Liquid DosingSystem (LDS), mit dem sich diese Additive als reine Flüssigkeiten ohne Trägerstoff oder Wachse in geschmolzener Form dosieren lassen. In enger Partnerschaft mit Evonik wurde hierbei eine Lösung für den Markt entwickelt, wobei die Anlage auf die Handhabung der Additive aus Marl abgestimmt wurden. Über die Jahre arbeiteten die beiden Unternehmen weiter eng in der Weiterentwicklung zusammen.
Alle benötigten Flüssigkeiten werden in Tanks, IBCs, Fässern oder Vorratsbehältern, wenn nötig auch temperiert, bereitgestellt. Das volumetrische Dosiersystem dosiert die flüssigen Rohstoffe sehr präzise und sorgt für gleichbleibende Eigenschaften der Formulierungen. Damit ist eine punktgenaue Dosierung möglich, was die Reproduzierbarkeit erhöht und ein Überdosieren der hochwertigen Additive verhindert.

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Wie gelingt die punktgenaue Dosierung?

Dosierpumpe mit Display.
Mit dem Liquid-Dosing-System werden die flüssigen Additive volumetrisch zudosiert. (Bild: Zeppelin Systems)

Eine Online-Dichtemessung in der Ringleitung berücksichtigt vor dem Befüllen des Zylinders Dichteschwankungen und damit die Füllmenge. Beim Befüllen des Dosierzylinders wird sorgfältig darauf geachtet, dass der Zylinder das Medium kavitationsfrei aufnimmt. Das System wird außerdem auf einer konstanten Temperatur in Vorbehälter, Leitungen und Dosierzylinder gehalten, um Einflüsse von Temperaturschwankungen zu vermeiden. Nach dem Füllvorgang erfolgt nochmals der sogenannte Air Check: Ein Sensor im Zylinder überprüft, ob beim Befüllen eine vordefinierte Menge an Luft in der Flüssigkeit nicht überschritten wird, indem das Medium komprimiert wird.  Daraufhin erfolgt die Feindosierung. Beim anschließenden Einspritzvorgang wird das Medium über das Einspritzventil in den Mischer injiziert. Im Falle einer Cpk-Messung (Berechnung des Prozessfähigkeitsindex) wird zur Prüfung ein Sample Point eingesetzt, der eine Kontrolle mit einer hochauflösenden Waage ermöglicht. Somit kann die Menge, die später im Mischer ankommt, grammgenau verwogen und Abweichungen sofort festgestellt werden.
Mit nur einem Einspritzventil am Mischer können nacheinander nahezu vermischungsfrei bis zu sechs Flüssigkeiten eingespritzt werden – mit niedriger und hoher Viskosität. Die Konstruktion schließt ein Rückvermischen im Einspritzventil und der Leitung aus. Auch im Bezug zur Sicherheit bietet die Flüssigdosieranlage einige Vorteile, denn die Flüssigkeiten befinden sich in einem geschlossenen System. Eine Querkontamination oder der Kontakt der Mitarbeiter mit den Flüssigkeiten sowie deren Aerosolen können somit ausgeschlossen werden. Dies bietet dem Anwender sehr hohe Sicherheit im ­Prozess und schützt ihn gleichzeitig vor Aerosolen in seiner Arbeitsumgebung.
Um die richtigen Einstellungen für die jeweilige Anwendung zu finden, werden vorab umfangreiche Versuche durchgeführt. So sind Cpk-Tests (Prozessfähigkeitsindex) im Zeppelin Technikum mit verschiedenen Einstellparametern ein fester Bestandteil jedes Liquid Dosing-Versuchs. Diese geben aussagekräftige Ergebnisse über die Dosierungs- und Wiederholgenauigkeit des Systems bei verschiedenen Sollgewichten. Auch mit Polyvest ST-E wurden die Versuche durchgeführt und gezeigt, dass es möglich ist, das Additiv präzise zu dosieren und in den Mischer einzuspritzen. Über nur ein einziges Einspritzventil können Durchsätze von bis zu 90 l/min erreicht werden.

So wurde das Dosieren der Additive verbessert

Das Liquid Dosing-System hat sich in den vergangenen Jahren sehr bewährt, nun wurde der LDS-Dosierzylinder nach Berücksichtigung von Anwenderbedürfnissen noch einmal optimiert. Der kompakte Dosierzylinder LDC (Liquid Dosis Cylinder), an dessen Kopf sich der Anschluss für Hydraulik,
Spannungsversorgung und Netzwerk befindet, ist vollständig vormontiert, installiert und getestet. Dabei wurden die Abmessungen (Standfläche und Höhe) des Dosierzylinders reduziert; selbst der größte 90-Liter-Zylinder liegt in der Höhe deutlich unter drei Metern. Aufgrund des meist staubigen Umfelds des Dosierzylinders ist eine drehbare Abdeckung in Form zweier Halbschalen um den Zylinder verfügbar, sodass ein Ablagern von Schmutz an den Anbauteilen wie Ventilen und Filtern verhindert wird. Die Halbschalen sind drehbar angeordnet und können in jede gewünschte Position verschoben werden. Somit ist ein einfacher Zugang zu den Bauteilen für die Wartung möglich. Auch im Hinblick auf die Inbetriebnahme wurde das System noch einmal überarbeitet.

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So erfolgen Inbetriebnahme und ­Instandhaltung

Die kompakte Dosiereinheit steht als Skid-System (modulare rahmenmontierte Industrieanlage) bereit. Dies reduziert nicht nur die Montagezeit, sondern es lässt sich auch sehr leicht per Gabelstapler an einen anderen Standort ver­lagern. Um hier die unterschiedlichen Standortanforderungen abzudecken, lässt sich der Elektroschaltschrank um 90 Grad schwenken. Da sich der Schaltschrank auch auf einer 180-Position montieren lässt, ist damit eine Installa­tion in jeder 90-Grad-Position möglich.
Dadurch ist die Instandhaltung besonders einfach, da der Schaltschrank bei Bedarf weggedreht werden kann. Zudem wurde im Schaltschrank eine Tür mit Sichtscheibe integriert, sodass die LED-Anzeigen der I/O-Karten auf einen Blick zu erkennen sind. Es ist also für die Kontrolle nicht mehr nötig, eine elektrotechnisch unterwiesene Person hinzuzuziehen, die den Schaltschrank öffnet.
Das System kann darüber hinaus mit weiteren Verbesserungen aufwarten: Mit der Neukonstruktion des Grundrahmens wurde die hydraulische Zuführung der Bodenventile neu geordnet und die Zugänglichkeit verbessert. So lässt sich die Tropfwanne zur Entleerung einfach aus dem Grundrahmen herausziehen und der Inhalt entsorgen. Auch eine Sichtprüfung der Dichtigkeit ist schnell möglich. Außerdem wurde der Zylinderboden abgesenkt, sodass die Rohrleitungslängen für die Produktzuführung als auch Produktabführung verkürzt wurden. Damit wird die Ansaugung der hochviskosen Flüssigkeiten in den Dosierzylinder verbessert, auch der Umgang mit temperatursen­siblen Produkten ist nun einfacher.

Quelle: Zeppelin Systems, Friedrichshafen

Quelle: Evonik, Marl

 

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