Lila farbene Elastomere in einem Mischer.

Die grundgereinigten Elastomere kommen in die Kammer einer Niederdruckplasmaanlage, in der ein Vakuum erzeugt wird. Ein Hochfrequenzgenerator liefert die elektrische Spannung, die notwendig ist, um aus der in der Kammer vorhandenen Umgebungsluft beziehungsweise dem Sauerstoff ein elektrisch leitfähiges Gas, das Plasma, zu erzeugen. Die reaktiven Spezies des Plasmas ­interagieren mit der Bauteiloberfläche und modifizieren diese. (Bild: OVE Plasmatec)

Die zunehmende Forderung nach technischer Sauberkeit stellt vielen Herstellern und Zulieferern immer größere Aufgaben. Dabei sind es nicht nur immer mehr Bereiche und Branchen, die eine verbindliche Technische Sauberkeit verlangen, sondern auch immer höhere Anforderungen an die Qualität der gelieferten Teile. Zudem geht es nicht nur um die tatsächliche Sauberkeit, sondern auch um die Einhaltung von Normen, sowie die Dokumentation und den Nachweis, dass diese Prozesse durchgeführt und eingehalten wurden. Betroffen davon sind sowohl die Herstellung von Bauteilen und Baugruppen als auch die innerbetriebliche Logistik sowie die Verpackung und der Transport zum Kunden bis in dessen Fertigungs- und Montagebereiche. Trotz großer Anforderungen können es auch kleine Unternehmen schaffen, die Forderungen nach technischer Sauberkeit einzuhalten, ohne ihr finanzielles Potenzial zu überreizen.

Umfassende Regelwerke zur ­Technischen Sauberkeit

Mit dem Plasmaverfahren werden neben verbliebenen oberflächliche anhaftenden ­Fertigungshilfsmittel auch, je nach Materialzusammensetzung, diffundierte, ungebundene ­Mischungsbestandteile wie Weichmacher, entfernt.
Mit dem Plasmaverfahren werden neben verbliebenen oberflächliche anhaftenden ­Fertigungshilfsmittel auch, je nach Materialzusammensetzung, diffundierte, ungebundene ­Mischungsbestandteile wie Weichmacher, entfernt. (Bild: OVE Plasmatec)

Ausgehend von der Automobilindustrie in den 1990er Jahren mündet die Forderung nach technischer Sauberkeit von Bauteilen, die verbaut werden sollten, sehr schnell in hohen Forderungen, Normen und Dokumentationspflichten. Im Regelwerk VDA, Band 19 „Prüfung der technischen Sauberkeit – Partikelverunreinigung, funktionsrelevanter Automobilteile“ sind 2004 Extraktions- und Analyseverfahren sowie die Dokumentation der Prüfergebnisse festgelegt. Mit der Norm ISO 16232 erhielt dies auch internationale Geltung. Mit zunehmender Verbreitung leistungsstarker elektronischer Bauteile und Baugruppen in Automobilen ab den 2000er Jahren hat die Elektrotechnik das Thema übernommen und im Leitfaden „Technische Sauberkeit in der Elektrotechnik“ festgeschrieben. So soll die Herstellung sauberkeitssensibler Teile, Baugruppen und Systeme im Sinne der technischen Sauberkeit als sogenannte Sauberfertigung erfolgen. Entlang der gesamten Wertschöpfungskette von Rohmaterial bis zur Endnutzung sollen dabei die Bereiche Fertigung, Montage, Personal, Reinigung, Verpackung, Lagerung und Transport berücksichtigt werden.

E-Mobilität erhöht die Ansprüche

Mit dem Einsatz solcher elektronischer Baugruppen in batterie- oder akkubetriebenen Systemen kehrt das Thema über die Elektromobilität mit Wucht in die Mobilindustrie mit Auto- und Fahrradmotoren zurück. Ebenso nutzen die Bereiche Elektrowerkzeuge und Haushaltsgeräte verstärkt Akkus als Energiequelle. In diesem Zusammenhang erhält die Hochvoltrichtlinie für die Leistungselektronik aus dem Jahr 2014 immer mehr Bedeutung. Sie legt Par­tikelgrenzwerte im Hinblick auf elektrische Abstände, Luft- und Kriechstrecken, Prozesssicherheit und Wiederholgenauigkeit in der Serienfertigung sowie den Umgang mit nichtmetallischen Partikeln und Fasern fest.
Für die Herstellung, die Veredelung und den Einsatz von Elastomerdichtungen bedeutet dies einen immer größeren Aufwand beim Herstellen sauberer und funktionsfähiger Teile. Insbesondere, da die Baugruppen stetig kleiner und leistungsfähiger werden und immer mehr Funktionalitäten innerhalb einer Baugruppe verbaut sind. Damit brauchen auch immer kleiner werdende Dichtungen eine besondere Behandlung, bevor sie ihren langlebigen Einsatz antreten dürfen. Wenn das Volumen einer Dichtung verringert wird, so wird das Verhältnis von herstellungsbedingten Restpartikeln zum gesamten Teil ungünstiger. Umso wichtiger ist es, diese Partikel zu entfernen, bevor die Dichtungen veredelt werden. Dementsprechend hoch ist die Anforderung an Technische Sauberkeit.

Zwei schwarze O-Ringe nebeneinander.
Um eine ­leistungsfähige ­Beschichtung auf ­Elastomeren haftfest ­applizieren zu ­können, wird eine ­porentief ­gereinigte Oberfläche ­benötigt. (Bild: OVE Plasmatec)

Mit Plasma in die Tiefe

Fakt ist: Mit dem Beschichten von Elastomerdichtungen werden aus einfachen Dichtringen leistungsfähige Hightech-Teile. Damit lassen sich Reibwerte ebenso verbessern, wie deren dynamische Funktionen. Durch Vereinzelung und optionale Farben erleichtert sich die Montage und das macht die automatisierte Verarbeitung der Dichtungen oftmals erst möglich. Gleichzeitig entfällt das aufwendige, manuelle Aufbringen herkömmlicher Fertigungs- und Montagehilfen. Das Beschichten mit einer wasserbasierten Gleitlackschicht ist hauchdünn und hochelastisch. Wichtigste Voraussetzung für deren Aufbringen ist dabei die absolute Sauberkeit und verbriefte Labs-Konformität, das heißt grundgereinigte Elastomerdichtungen. Dies wird durch einfaches Waschen bis hin zum tiefenwirkenden Plasmareinigen erreicht.
Beim Plasmaverfahren kommen die grundgereinigten Elastomere in eine Niederdruckplasmaanlage, in der zunächst ein Vakuum erzeugt wird. Ein Hochfrequenzgenerator liefert elektrische Spannung, die gemeinsam mit Umgebungsluft beziehungsweise Sauerstoff eingebracht wird. So entsteht ein elektrisch leitfähiges Gas, das Plasma, das die Oberflächeneigenschaften der Dichtungsringe verändert, indem die Moleküle angeregt werden. Bei dieser Feinstreinigung bilden sich Sauerstoffradikale (O) und Ozon (O3). Die freien Radikale mit den ausdiffundierenden nichtelastomeren Stoffen verbinden sich mit Rückständen der Fertigungshilfsstoffe und oxydieren als Gas (CO2) und H2O. So werden nicht nur verbliebene oberflächliche Fertigungshilfsmittel entfernt, sondern auch, je nach Materialzusammensetzung, diffundierte, ungebundene Mischungsbestandteile wie Weichmacher aus Elastomeren herausgelöst.

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Deshalb wird Labs-Konformität ­gefordert

Labs ist ein Akronym für lackbenetzungsstörende Substanzen. Diese Substanzen verhindern eine gleichmäßige Benetzung der zu lackierenden Oberflächen und verursachen so trichterförmige Störstellen und Krater in der Lackschicht. Seit Einführung von lösemittelarmen Lacken in der Automobilindustrie wird für Produktionsmaterial, Anlagen und Werkzeuge die Labs-Konformität gefordert. Auch in der Vorbehandlung von Klebeflächen sind Störstellen nicht erwünscht, weil sie die Haftfestigkeit reduzieren. Da nicht bekannt ist, welche Substanzen zu diesen Störungen führen, werden Materialien, Bauteile und Baugruppen auf Labs-Konformität geprüft. Während bei Metallen und vielen Kunststoffen durch intensives Reinigen die oberflächlich anhaftenden Fertigungshilfsmittel sicher entfernt werden können, genügt bei Elastomeren eine Oberflächenreinigung nicht. Hier sorgt erst das Plasmaverfahren Labs-Konformität.

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Wo Normwerte fehlen ist Expertenwissen gefragt

Neben den Anforderungen aus den Regelwerken und Normen werden auch die Kundenanforderungen häufiger, die diese Normen einfordern. Dabei stellen wir eine erhöhte Anfrage nach dokumentierter technischer Sauberkeit fest, seit das Thema Fachkräftemangel in den Fokus rückt. Was früher auf Vertrags- und Vertrauensbasis zwischen zwei Geschäftspartnern auch ohne verbriefte Ergebnisse möglich war, rückt immer mehr in den Hintergrund. Stattdessen wachsen die Forderungen nach zertifizierter Technischer Sauberkeit. Der Markt verlangt also genau diese Leistungen, die auch in den Regelwerken und Normen festgelegt sind. Also Produkte, Komponenten und Bauteile, die den entsprechenden Grad der Reinheit aufweisen und sicherstellen, dass keine unerwünschten Partikel, Verunreinigungen und Rückstände auf den Oberflächen vorhanden sind, die die Qualität, Funktionalität und Lebensdauer beeinträchtigen könnten. Daraus resultieren individuelle Anforderungen basierend auf VDA Band 19-1, wie beispielsweise der Component Cleanliness Code (CCC).
Das Ergebnis zeigt, dass auch kleine und mittlere Unternehmen nicht vor den steigenden Anforderungen, Richtlinien und Verordnungen der Technischen Sauberkeit zurückschrecken müssen. Es ist möglich, Partikelverunreinigungen auf Bauteiloberflächen oder in Baugruppen zu verhindern und Richtlinien sowie Leitfäden für die Herstellung sauberkeitssensibler Teile, Baugruppen und Systeme im Sinne der Technischen Sauberkeit einzuhalten, ohne dass dies die finanziellen Möglichkeiten von KMUs sprengt.

Quelle: OVE Plasmatec, Weil im Schönbuch

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