Jedes Jahr fallen in Deutschland rund 600.000 t Altreifen an. Aktuell werden diese deponiert, illegal entsorgt oder thermisch verwertet. Als Alternative zur thermischen wird die werkstoffliche und rohstoffliche Verwertung immer beliebter. Am Markt verfügbare Verfahren zerlegen den Reifen in der Regel in seine einzelnen Fraktionen – Stahl, Textil und Gummi. Der Stahl wird eingeschmolzen und weiterverwertet, die Textilanteile landen oft in der Verbrennung. Der gewonnene Gummi taucht in der Regel in Matten, auf Sportplätzen, in thermoplastischen Elastomeren und im Straßenbau wieder auf. Im Sinne der Kreislaufwirtschaft verlangen Reifenhersteller zunehmend nachhaltige Lösungen: Rezyklate, die aus Altreifen stammen und sich für die Produktion von neuen Reifen einsetzen lassen. Damit entlasten sie nicht nur die Umwelt, sondern lösen zudem Rohstoff- und Lieferkettenprobleme. Die Crux: Aus den in herkömmlichen Prozessen gewonnenen Rezyklaten können Hersteller bisher kaum neue Reifen fertigen. Deren Qualität ist weder ausreichend noch konstant genug, um diese in großer Menge einzusetzen. Innovative Ansätze sind gefragt, die bestehende Verfahren aufwerten.
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Gemeinsam nachhaltig agieren
Zeppelin Systems ist seit mehr als 40 Jahren Partner der Reifenindustrie und bringt sein Know-how auch beim Aufbereiten von Altreifen ein. Der Beratungs- und Lösungsanbieter möchte einen neuen Gedanken im Markt etablieren. „Effizienter Materialumschlag und ein umweltfreundlicher Betrieb sind Ziele, die wir mit unserer Lösungsarchitektur erreichen wollen“, erläutert Patrick Buder, Sustainability Strategy Manager bei Zeppelin Systems. „Dafür setzen wir auf hochautomatisierte Prozesse, eine Null-Abfall-Produktion und auf Technologien, die Emissionen reduzieren und hochwertige Rohstoffe produzieren.“ Auf dem Weg zum nachhaltigen Altreifenrecycling hat das Unternehmen gemeinsam mit Projektpartnern aus den unterschiedlichen Industriezweigen einen neuen Prozess entwickelt. Der große Vorteil des Verfahrens: Jedes der beteiligten Unternehmen bringt sein umfassendes Know-how mit ein. Das Resultat ist ein hochwertiges Rezyklat, das in den Wertstoffkreislauf zurückgeführt werden kann. Buder ergänzt: „Mit unserem ganzheitlichen Verständnis und den Prozesslösungen bereiten wir die Altreifen so auf, dass sie als Sekundärrohstoff wieder bei der Produktion neuer Reifen Verwendung finden.“
Vom Altreifen zum Rohstoff
Zeppelin setzt zusammen mit seinen Partnern und neuen Lösungen beim Grundgedanken des Altreifenrecyclings an, erweitert jedoch den herkömmlichen Wertschöpfungsprozess: Im Bereich der Reifensortierung beispielsweise sortiert ein Partnerunternehmen basierend auf einer KI-Technologie, Reifen blitzschnell anhand der Markierungen auf den Seitenwänden. Auch der Verschleißgrad wird blitzschnell erkannt. Diese Technologie entscheidet bereits am Anfang der gesamten Prozesskette über den weiteren Recycling-Prozessschritt – Runderneuerung oder Recycling. Mit einem weiteren Partner arbeitet das Unternehmen an der Aufbereitung der Reifentextilien, welche generell eine logistische Herausforderung für Recyclingbetriebe darstellen. Die Reifentextilien werden verdichtet und im Straßenbau eingesetzt, diese dienen als Stabilisatoren zwischen Bindemittel und Splittasphalt. Im Vergleich zu bisherigen, zellulosebasierten Stabilisatoren, besitzt das recycelte Material eine erhöhte mechanische Festigkeit und einen größeren Widerstand gegen das Eindringen von Wasser in den Asphalt. Ein anderer Technologiepartner produziert Gummigranulate sowie Gummimehl durch den Einsatz eines Hochdruck-Wasserstrahl-Prozesses. Dieses Verfahren wird insbesondere bei Großreifen, sogenannten „Off-the-Road-Reifen“ mit Reifendurchmessern mit bis zu vier Metern angewendet. Täglich fallen in Minen weltweit große Mengen an Altreifen an – die überall einsatzbare Hochdruck-Wasserstrahl-Technologie soll dieses Problem nachhaltig und umweltfreundlich lösen. Um Gummirezyklate wieder in eine Gummimischung integrieren beziehungsweise erneut vulkanisieren zu können, müssen diese devulkanisiert werden. Und auch für diesen Fall hat die Zeppelin Sustainable Tire Alliance einen Partner im Bunde.
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Im rohstofflichen Recycling arbeitet das Unternehmen mit Europas größtem Betreiber einer Pyrolyseanlage für Altreifen zusammen. Bei der Pyrolyse werden Altreifen in Rohstoffe aufgespaltet, dabei entstehen Pyrolyse-Öl und recovered Carbon Black (rCB). Ein weiterer Partner verfolgt das Ziel, gewonnenes Roh-rCB aus dem Pyrolyse-Prozess zu reinigen beziehungsweise den Ascheanteil, welcher regionalen Schwankungen unterliegen kann, zu separieren. Neben reinem rCB entstehen zusätzlich im Prozess weitere Produkte, beispielsweise silizium- und zinkbasierte Verbindungen, die in der Bau- und Reifenindustrie eingesetzt werden. Auch in der Reifenherstellung arbeitet der Anlagenhersteller mit Rohstofflieferanten zusammen, die nachhaltige Produkte wie funktionale Additive anbieten, um den Rollwiderstand zu verringern. Die Ansprüche aller Beteiligten sind hoch: Verarbeiter brauchen beim Recyceln und Extrudieren selektierte und separierte Ausgangsstoffe, um Produkte in konstant hoher Qualität garantieren zu können. Patrick Buder ergänzt: „Vor allem die Reifenhersteller haben ganz genaue Vorstellungen, wie die aufbereiteten Materialien beschaffen sein sollen – das gilt für Gummigranulate und -pulver, aber auch für aktivierte oder devulkanisierte Rohstoffe.“ Um allen Anforderungen gerecht zu werden, bietet Zeppelin mit seinen Partnern einen individuellen und flexiblen Prozess.