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Die eingehende Analyse von Elastomerlagern gewinnt immer mehr an Bedeutung, da, getrieben durch die Elektromobilität, die Anforderungen an den akustischen Fahrkomfort steigen. (Bild: M+P International)

Ein zunehmendes Verkaufsargument in der Automobilwelt stellt der akustische Komfort moderner Fahrzeuge dar. Die Hersteller betreiben einen immer größeren Aufwand, ein bestimmtes Fahrerlebnis, wesentlich bestimmt durch den schwingungstechnischen und akustischen Komfort, beim Fahrer zu generieren. Für das subjektive Empfinden spielen unterschiedliche Schwingungen und Geräusche eine entscheidende Rolle. So sollen niederfrequente Schwingungsanregungen aus der Fahrbahn möglichst nicht in den Innenraum übertragen werden, dahingegen sollen einige Fahrgeräusche sehr wohl zu hören sein. Neben diesen Wohlfühl-Aspekten sind aber auch technische Gesichtspunkte relevant. Die Aggregate, wie zum Beispiel Motor und Getriebe, oder die Abgasanlage müssen über geeignete Lager abgestützt werden, sodass die Gewichts- und Antriebsreaktionskräfte aufgenommen werden können.
Eine weitere Herausforderung bei der Auslegung des Fahrzeugs stellen neue Antriebskonzepte basierend auf Elektromotoren sowie hybriden Antrieben dar. Sie verändern die Akustik signifikant, da aufgrund des entfallenden Verbrennungsmotors andere Aggregate dominanter zu hören sind.

Elastomerlager dynamisch vermessen

Um diese vielfältigen und zum Teil widersprüchlichen Anforderungen zu erfüllen, werden moderne Elastomerlager zur Abstützung der Aggregate eingehend untersucht und für ihren konkreten Anwendungsfall optimiert. Ein maßgebliches Kriterium bei der Optimierung der Lager stellt die dynamische Steifigkeit dar, sie beschreibt die Reaktionskraft eines Elastomerlagers aufgrund einer auftretenden Verformung. Mit Hilfe dieser Größe ist im weiteren Entwicklungsprozess eine eingehende Analyse des Übertragungsverhaltens von Schwingungsphänomenen über die Karosserie in den Fahrzeuginnenraum möglich. Um die Simulationsdaten entsprechender Lager aus der Vorentwicklung der Fahrzeuge experimentell zu validieren, sind Messungen auf entsprechenden Prüfständen unerlässlich. Insbesondere getrieben durch die Elektromobilität verändert sich das Testspektrum zur Ermittlung der dynamischen Steifigkeit hin zu immer höheren Frequenzen. Daher hat M + P International mit Hauptsitz in Hannover seine neue Prüfstandsgeneration an die erhöhten Anforderungen angepasst: Sie erlaubt das Vermessen der dynamischen Steifigkeit von Elastomerlagern bis 3000 Hz unter gleichzeitiger statischer Vorbeanspruchung von 5000 N. Diese hohen Frequenzen sind mit servohydraulischen Schwinger-
regern nicht mehr wirtschaftlich realisierbar, deshalb basiert der aktuelle Prüfstand des Unternehmens auf elektrodynamischen Schwingerregern.

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Hochfrequenzprüfstand (Mitte) mit Anlagensteuerung (links) und Leistungsverstärker (rechts). Bildquelle: M+ P International

Funktionsweise des Prüfstands

Der Prüfstand ist nach neuesten Sicherheitsbestimmungen und in Übereinstimmung mit der EU Maschinenrichtlinie 2006/42/EC entwickelt worden. Während des Testbetriebs schützt ein voll geschlossener Prüfraum den Bediener vor sämtlichen Gefahren. Darüber hinaus ist sichergestellt, dass keine Person unbeabsichtigt in den Prüfraum eingreifen kann. Die Zweihandbedienung des Spindelantriebs schützt den Bediener während des Einrichtbetriebs und erhöht ebenfalls die Sicherheit. Die Vorbeanspruchung der Prüflinge geschieht über die Gewichtskraft einer seismischen Masse, deren Gewicht sich aus der maximalen Vorlast von 5000 N ergibt. Die seismische Masse ruht über eine weiche Tragfederkonstruktion auf einer in Prüfrichtung verfahrbaren Traverse. Die niedrige Abstimmung der Eigenfrequenz aus Masse und Tragfeder isoliert den Prüfraum gegen Störschwingungen der Umgebung und ermöglicht eine störschwingungsfreie Messung der dynamischen Steifigkeit. Zum Einrichten von Prüfling und Aufnahme wird die Traverse mitsamt der seismischen Masse über einen Spindeltrieb manuell verfahren, sodass eine einfache und unkomplizierte Montage möglich ist. Abschließend wird die Traverse abgesenkt und der Luftdruck innerhalb der Tragfederkonstruktion derart geregelt, dass die gewünschte Vorlast im Prüfling erreicht wird.
Für die Messungen bis 3000 Hz wurde ein Kraftmesselement auf Basis von sechs piezoelektrischen Kraftsensoren entwickelt. Diese Entwicklung wurde notwendig, um für die hohen Frequenzen eine resonanzfreie Kraftmessung zu erreichen. Gleichzeitig war das Ziel, die Ansprechschwelle unter 1 N zu halten. Somit kann eine große Bandbreite unterschiedlichster Lager, wie Motor-, Getriebe- oder Fahrwerkslager mit Steifigkeiten von 250 N/mm bis zu 25000 N/mm, auf demselben Prüfstand vermessen werden.

Umfangreiche Mess- und Analyseroutinen

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Dynamische Steifigkeit eines Elastomerlagers bei einer Vorlast von 1 kN (rote Kurve) und 2,5 kN (blaue Kurve). Bildquelle: M+P International

Der Testbetrieb wird durch die Vib Control Software automatisch gesteuert. Diese findet bereits eine breite Anwendung im Bereich der Schwingregelung und Schockprüfung bei führenden Umweltprüflaboren. Die Software ermöglicht den Anwendern, die Mess- und Regelkanäle einfach zu parametrieren und stellt eine Vielfalt an Werkzeugen zur Analyse der Elastomerlager zur Verfügung. Während der Prüfung können dynamische Steifigkeit und Verlustwinkel der Lager online berechnet und angezeigt werden. Der Anwender hat dadurch jederzeit alle wichtigen Parameter im Blick. Die Hersteller müssen unterschiedliche Anforderungen bei der Entwicklung und Analyse ihrer Elastomerlager bewältigen. Mit der neuen Prüfstandsgeneration leistet der Experte für Prüfstände einen Beitrag, um die Automobilzulieferer bei diesen Herausforderungen im Zuge der Mobilitätswende zu unterstützen. Zum Bedarf an Hochfrequenzprüfständen für Elastomerlager sagt Reinhard Eder, verantwortlicher Leiter Versuch bei der Sumi Riko AVS Germany: „Diese Anforderung für die hochfrequente Bewertung bis 2 kHz finden Sie in nahezu jedem Lastenheft. […] Fast alle möchten ihre Bauteile bis 2 kHz dynamisch vermessen und bewertet haben.“

Henning Bühmann

m+p International Mess- und Rechnertechnik, Hannover

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