Für Trinkwasserwanwendungen wurde eine neue EPDM-Mischung entwickelt. Die Mischungsserie im Härtebereich zwischen 50 Shore A und 85 Shore A enthält einerseits ausschließlich auch nach Ende der Übergangsfrist der Elastomerleitlinie zum 31.12.2021 erlaubte Rohstoffe und erfüllt andererseits sicher die mechanischen Anforderungen für Mischungen im Trinkwasserbereich auf der Grundlage: EN 681-1.
Für diese Mischungsserie von Gummiwerk Kraiburg liegen positive Prüfzeugnisse nach dem Arbeitsblatt W270 vor. Um die grundsätzliche Eignung der Mischungen für Fertigteile im Trinkwasserbereich nachzuweisen, wurden Bauteilprüfungen an den Kraiburg-Prüfplatten veranlasst und ebenfalls positiv abgeschlossen. Neben den deutschen Freigaben im Trinkwasserbereich befinden sich diese Mischungen zusätzlich in der Zertifizierung für WRAS (GB) und ACS (Frankreich).
FDA-konforme EPDM Mischung
Darüber hinaus entspricht der Rezepturaufbau den Anforderungen der Positivliste für wässrige Lebensmittel nach CFR 21 § 177.2600, FDA „Rubber Articles Intended For Repeated Use“ der Lebensmittelüberwachungs- und Arzneibehörde der Vereinigten Staaten. Neben der unbedenklichen Verwendung nach der Übergangsfrist durch vielfältige europäische Zulassungen, zeichnen sich die neuen Mischungen durch eine wesentlich schnellere und effizientere Vulkanisationscharakteristik als vergleichbare Produkte aus: Eine ausreichend lange Fließphase kombiniert mit einer zügig abschließenden Vulkanisation.
Anforderungen an Elastomere für Trinkwasseranwendungen
Die im Jahr 2011 veröffentlichte Elastomerleitlinie des UBA gibt vor, welche Ausgangsstoffe entsprechend den Prinzipien der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) zur Herstellung von Elastomeren verwendet werden dürfen. Die Leitlinie ersetzt die KTW-Empfehlung (Kunststoffe im Trinkwasser) Teil 1.3.13, die vom UBA als nicht mehr ausreichend zur Gewährleistung der hygienischen Sicherheit und Trinkwasserqualität eingestuft wurde. Die Positivliste der Leitlinie setzt sich aus drei Teilen zusammen. Teil 1 beinhaltet bewertete Ausgangsstoffe, die zeitlich unbegrenzt verwendet werden dürfen. Im Teil 2 der Positivliste sind Ausgangsstoffe aufgeführt, die noch nicht vollständig bewertet wurden.
Die Verwendung der darin enthaltenen Ausgangsstoffe ist somit zeitlich begrenzt. Das hat zur Folge, dass alle Prüfzeugnisse für Produkte aus Elastomeren, deren Rezepturen Ausgangsstoffe aus dem Teil 2 der Positivliste enthalten, bis spätestens zum 31.12.2021 ausgestellt oder maximal bis zu diesem Datum verlängert werden dürfen. Im Teil 3 sind alle erlaubten Basispolymere enthalten.
Nachgehakt: Interview mit Thorsten Litzenberger, Development Industrial Applications,
Gummiwerk Kraiburg
Erste europäische Positivlisten vielleicht in wenigen Jahren
KGK Welche sind die wichtigsten Anforderungen an Kautschuke für den Einsatz im Trinkwasserkontakt?
Thorsten Litzenberger An die Qualität von Trinkwasser werden besonders hohe Ansprüche gestellt. Daraus ergeben sich strenge Reinheitskriterien für Elastomere in Kontakt mit Trinkwasser. Neben langen Standzeiten der Kautschuke müssen Anforderungen an die hygienische Sicherheit und die Trinkwasserqualität gewährleistet sein. Gleichzeitig soll die Verarbeitung der Rohstoffe wirtschaftlich bleiben.
KGK Welche Meilensteine wurden in den letzten 15 Jahren erreicht?
Litzenberger Bedeutende Meilensteine in Zusammenhang mit dem Einsatz von Elastomeren im Trinkwasser-
bereich waren zum einen die Einführung der Bewertungskri-
terien nach dem DVGW-Arbeitsblatt W270 im November 2007. In dem Papier ist eine Prüfmethode niedergelegt, die vom Deutschen Verein des Gas- und Wasserfaches (DVGW) erarbeitet wurde, um die Vermehrung von Mikroorganismen auf Werkstoffen für den Trinkwasserbereich zu beurteilen.
Zum anderen wurden die KTW-Empfehlungen 1.3.13 zur hygie-nischen Beurteilung von organischen Materialien im Kontakt mit Trinkwasser durch die Elastomerleitlinie des Umweltbundesamtes (UBA) abgelöst.
KGK Für den Einsatz von Elastomeren wird seit einigen Jahren die Elastomerleitlinie des Umweltbundesamtes überarbeitet.
Inzwischen wurde diese zum 3. Dezember 2019 erneut aktualisiert. Darin enthalten sind die Modellierungsleitlinie sowie die Geringfügigkeitsleitlinie.
Was bedeutet diese Aktualisierung für Sie als Rohstoffanbieter? Welche Herausforderungen sind darin enthalten?
Litzenberger Eine wesentliche Änderung der aktualisierten Positivliste betrifft die strengeren Reinheitsanforderungen an die einzelnen Rohstoffe, als Beispiel sei hier der Ruß genannt.
Eine große Herausforderung ist es natürlich, für die eingesetzten Rohstoffe die entsprechenden Bestätigungen einzuholen beziehungsweise Rohstoffe, welche nicht mehr den Anforderungen genügen, durch adäquate Austauschprodukte zu ersetzen.
Die Modellierungsleitlinie dient dazu, für einige Materialien anstelle des analytischen Nachweises der rezepturspezifischen Anforderungen den Stoffübergang in das Trinkwasser mathematisch abzuschätzen.
KGK Sind Sie aktiv an der Gestaltung der Leitlinie beteiligt und sind sie auch international aktiv?
Litzenberger Durch unsere Mitgliedschaft im Wirtschaftsverband der deutschen Kautschukindustrie (wdk), bietet sich hier entsprechend die Möglichkeit einer gewissen Mitsprache. International sind wir dahingehend aktiv, dass wir auch Trinkwassermischungen mit britischer WRAS- und französischer ACS-Zertifizierung anbieten.
KGK Was erwarten Sie von den beteiligten Marktteilnehmern und von der Politik hinsichtlich der Leitlinie und deren Umsetzung in Zukunft?
Zum Beispiel hinsichtlich einer internationalen Harmonisierung.
Litzenberger Seit längerer Zeit laufen bereits die Bestrebungen einer europäischen Lösung, die sogenannte 4 MS-Initiative. Die Idee dabei ist, die in den einzelnen Staaten vorliegenden Bewertungen hinsichtlich der Eignung von Stoffen für den Einsatz in Elastomeren im Trinkwasserbereich zu harmonisieren. Die ersten Positivlisten auf europäischer Ebene könnten dann tatsächlich in wenigen Jahren existieren und Anwendung finden.
KGK Was bedeutet die Leitlinie für Ihre Rezeptentwicklung und für Ihre Lieferanten?
Litzenberger Durch das relativ enge Rohstoffkorsett – insbesondere im Bereich der Vernetzungschemikalien – war es nicht ganz trivial, eine technisch vernünftige und zugleich wirtschaftliche Vulkanisation auf Schwefelbasis zu ermöglichen.
KGK Welche Rolle spielt die Richtlinie für Ihre Produkte und
können Sie ein Beispiel nennen?
Litzenberger Der Bereich „Anwendungen mit Trinkwasserkontakt“ ist für uns ein sehr wichtiger Produktbereich, welchen wir auch in Zukunft mit zertifizierten Kautschukmischungen bedienen wollen. Um den künftigen Anforderungen gerecht zu werden, sind wir dabei, unser Produktportfolio in diesem Bereich zu überarbeiten. Ziel ist es, unseren Kunden auch unter geänderten Rahmenbedingungen als zuverlässiger Partner mit innovativen Lösungen zur Seite zu stehen.n
Das Interview führte Dr. Etwina Gandert.