1_Anlage

Das Digi test II Portal mit teilweise bestückten Werkstückträgern. (Bild: alle Bareiss)

Warum ist es für Hersteller von Dichtstoffen so wichtig, das Aushärteverhalten ihrer Produkte genau zu kennen? Zum einen ist dieses Aushärteverhalten für die Verarbeitung des Materials notwendig, zum anderen stellt sich die Frage, wann das Produkt weiterverarbeitet werden kann.
Um diese materialspezifische Eigenschaft genau charakterisieren zu können, ist die Aufnahme von vielen Härte-Messwerten notwendig. Dies übersteigt in der Regel den Zeitraum eines normalen Arbeitstages. In der Vergangenheit konnte der Mitarbeiter am nächsten Morgen zwar direkt weitermessen, um die Aushärtekurve zu vervollständigen. Allerdings konnte der Messverlauf nicht konsequent nachvollzogen werden, da keine lückenlosen Messdaten vorhanden waren. In diesem Fall gab es die Möglichkeit, die Aushärtekurve mathematisch zu vervollständigen und so die kritische Härte zu bestimmen. Dies war allerdings nur mit aufwendigen Algorithmen möglich und stellte eben keine echt gemessenen Werte dar.

Pflichtenheft in Kooperation mit dem Dichtungs-Anwender erstellt

Die globale Geschäftseinheit Oberflächentechnik des Unternehmensbereichs Coatings der BASF, die unter der Marke Chemetall agiert, hat deshalb einen neuen Prozess entwickelt. Das Unternehmen ist einer der weltweit führenden Spezialisten im Bereich Dichtstoffherstellung und hat sich für dieses Projekt mit dem Experten auf dem Gebiet der Härteprüfung, der Firma Bareiss Prüfgerätebau, Oberdischingen, zusammengetan. Die beiden Unternehmen haben in enger Zusammenarbeit ein detailliertes Pflichtenheft erstellt und Tests mit den Materialien durchgeführt. Aus Machbarkeitsstudien hat sich das von Bareiss entwickelte Shore-A-Verfahren zur Messung an Formteilen herauskristallisiert. Die Idee bestand darin, eine Messmaschine zu entwickeln, die viele verschiedene Proben in unterschiedlichen Zeitintervallen wiederkehrend mannlos misst und das echte Aushärteverhalten aufnimmt und darstellt.
Die daraus entstandenen Anforderungen beziehen sich auf die automatische Vermessung von bis zu 28 Werkstückträgern, wobei jeder Werkstückträger wiederum aus ein bis drei Proben besteht. Jeder Probekörper muss normkonform vermessen werden. Das bedeutet, die Messmaschine darf jede Position nur einmal anfahren. Der Abstand, den die Messpositionen zueinander haben müssen, beträgt laut DIN ISO 7619-1 6 mm, wobei der Abstand zur Außenkante 12 mm nicht unterschreiten darf. Aus diesen Vorgaben und der gegebenen Probengeometrie ergeben sich 34 Messpunkte pro Probekörper.

2__Auftrag anlegen

Eingabemaske zum Anlegen eines Prüfauftrages.

Diese 34 Messpunkte werden in zeitlichen Abständen bezüglich ihrer Härte geprüft. Außerdem wird der Härteverlauf graphisch dargestellt.
Der Bediener hat die Möglichkeit, zum Auftragskopf die Anzahl der Probekörper, den Anmischzeitpunkt und die Verzögerung bis zur erstmaligen Messung des Materials einzugeben. Zudem können ein Härtezielwert (bei dessen Erreichen auch die Option eines automatischen Stopps gegeben ist), das Messintervall, die Messzeit und die Messpunkte eingestellt werden. Diese Parameter können sowohl von Hand eingegeben als auch in einer Vorlage gespeichert und später wieder geladen werden.
Der Auftrag wird nun eingelastet und entsprechend seiner zeitlichen Abfolge eingegliedert. Die Messmaschine arbeitet die Aufträge chronologisch ab, gibt die jeweilige Härteverlaufskurve graphisch aus und stellt die vorher definierten Messwerte (bis zu fünf Stück) in einer Messwerttabelle dar. Diese Messwerttabellen können später überprüft und anschließend in einer CSV-Datei exportiert werden. Der Auftragsfortschritt kann in mehreren Ansichten kontrolliert werden – durch farbliche Codierung auf der Übersichtsseite, durch Aufruf der Auftragsliste (in der die chronologische Abfolge sichtbar wird) oder auch durch einen Blick auf den Ergebnisbereich (im rechten Teil des Bildschirms – hier lassen sich Härteverlaufe, Messwerttabellen und Aushärteverläufe ansehen).

Manuelle Einzelprüfungen sind möglich

Die Messmaschine bietet zusätzlich die Möglichkeit, eine einzelne Probe zu messen. Hierfür wird der automatische Ablauf unterbrochen und der manuelle Messplatz angefahren. Der Bediener kann Einzelprüfungen durchführen, ebenfalls elektronisch auswerten und exportieren. Steht während dieser manuellen Prüfung ein Auftrag aus der automatischen Messung an, wird der Bediener durch ein optisches und akustisches Signal 30 Sekunden vorher darauf hingewiesen, sodass er die Sicherheitsumhausung rechtzeitig schließen und den Automatikmodus reaktivieren kann.
Kann der Bediener den automatischen Ablauf nicht rechtzeitig starten, reiht die Maschine alle anstehenden Aufträge in einer Warteschleife ein und arbeitet sie anschließend (bei Reaktivierung des Automatikmodus) nacheinander ab. Angezeigt wird der echte Zeitstempel der Messung, sodass eine Fehlinterpretation der Messwerte ausgeschlossen werden kann.

3_Aktive Aufträge

Benutzeroberfläche mit aktiven Aufträgen (blau hinterlegt); Messwerte und zusätzliche Informationen werden rechts dargestellt.

Kosten- und Zeitersparnis erreicht

Nach der Installation bei Chemetall wurden die Messmaschine und die Software ausgiebig getestet und in mehreren Schleifen iterativ verbessert. Kundenspezifische Zusatzanforderungen wurden von Bareiss vor Ort nachträglich umgesetzt. Somit wurde ein Stand erreicht, der dem Anwender nicht nur exakte Messwerte und damit essentielles Wissen über sein Produkt liefert, sondern zudem auch noch viel Zeit bei der Messung der Materialien spart. Auch der nachfolgende Prozess konnte durch den Einsatz dieser Messmaschine vereinfacht werden. Chemetall erzielt so signifikante Prozesskosten- einsparungen.

 

 

DKT 2018 Stand 12-531

Oliver Wirth

Geschäftsführung Bareiss Prüfgerätebau, Oberdischingen

Sie möchten gerne weiterlesen?

Unternehmen

Bareiss Prüfgerätebau GmbH

Breiteweg 1
89610 Oberdischingen
Germany