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Die Plasmareinigung sorgt für tiefen­gereinigte Dichtungen. Dieser Vorgangist durch ein Sichtfenster sehr schön ander lilafarbenen Flamme zu beobachten. (Bild: alle OVE Plasmatec)

Dass Dichtungen ihre Arbeit zuverlässig und geräuschlos verrichten können, hat häufig einen besonderen Grund: Ihre Oberflächen sind veredelt. Sie sind gereinigt, aktiviert und beschichtet. Immer öfter setzt sich diese Nachbehandlung produzierter Elastomerdichtungen durch. In unzähligen Anwendungen, Bereichen und Branchen kommen beschichtete Dichtungen zum Einsatz. Und fast täglich kommen neue Anwendungen mit neuen Werkstoffen sowie neuen Geometrien für Bauteil und Dichtung hinzu. Stets werden die Anforderungen dabei komplexer – auch für die Leistungsfähigkeit und Funktionssicherheit der Dichtungen werden immer höhere Forderungen definiert.

Beschichtungen machen Dichtungen zu High-Tech-Teilen

Mit dem Beschichten von Elastomerdichtungen werden aus einfachen Dichtringen leistungsfähige Hightech-Teile. Damit lassen sich Reibwerte ebenso verbessern, wie deren dynamische Funktionen. Durch Vereinzelung und optionale Farben erleichtert sich die Montage, und das macht Automatisierung oftmals erst möglich. Das Aufbringen herkömmlicher Fertigungs- und Montagehilfen ist nicht mehr notwendig. Die wasserbasierte Gleitlackschicht ist hauchdünn, hochelastisch und umweltfreundlich. Das Verfahren eignet sich für jede beliebige Menge ab Losgröße 1.
Mit maschinell aufgebrachten, wasserbasierten Gleitlacksystemen entstehen trockene, grifffeste und saubere Beschichtungen auf Elastomerbauteilen mit PTFE, Silikon oder Siloxan als Trockenschmierstoff. Dabei entstehen Oberflächenstrukturen, die die Reibwerte positiv beeinflussen und die Verschleißeigenschaften zu mehr Festigkeit verbessern. Je nach Anwendung und Funktion der Dichtung gibt es unterschiedliche Beschichtungen. Darunter sind auch spezielle Beschichtungen für Dichtungen im Lebensmittel- oder Trinkwasserbereich. Die entsprechenden Gleitlacke sind dahingehend unbedenklich, erfüllen verschiedene Normen und Spezifikationen oder haben die erforderlichen Freigaben. Sicherheit geben dabei auch zahlreiche Prüfungen samt Dokumentationen.

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Elastomer-Dichtungen werden in speziellen Maschinen mit einer hauchdünnen, hoch-elastischen und umweltfreundlichen Gleitlackschicht auf Wasserbasis beschichtet. Damit lässt sich die Reibung um durchschnittlich 50 Prozent reduzieren.

Drei Schritte zur erfolgreichen Beschichtung

Drei Schritte sind durchzuführen, damit am Ende erfolgreich beschichtete Dichtungen mit höherer Leistungsfähigkeit stehen: Die Nassreinigung, die Plasmaaktivierung und schließlich die eigentliche Beschichtung. Mit der Nassreinigung wird die Oberfläche von verschmutzt angelieferten Teilen gereinigt. Dabei werden Fertigungshilfsstoffe, sowie Trennmittel, Öle und Fette entfernt. Danach sind die Teile grundgereinigt und können im nächsten Schritt der Plasmaaktivierung zugeführt werden. Jetzt werden die grundgereinigten Teile tiefengereinigt und aktiviert. Hierbei werden tief sitzende Verarbeitungshilfsmittel sowie Farb- und Füllstoffe entfernt. Nun werden die Dichtungen dem eigentlichen Beschichtungsprozess zugeführt, Gleitlack aufgetragen und getrocknet. Das Ergebnis sind gleitoptimierte Dichtungen.

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Zahlreiche Prüfungen schließen sich nach dem Beschichtungsprozess an und geben den Anwendern Sicherheit über den ordnungsgemäßen Zustand der Dichtungen.

Gleitlacke können sowohl transparent als auch farbig sein. Bei transparenter Beschichtung bleibt die Farbe des Basiswerkstoffes weiterhin erkennbar. Wird farbig beschichtet, lassen sich die Dichtungen besser unterscheiden, beispielsweise nach Lieferanten oder Anwendungen. Das vermeidet Verwechslungen. Auf die reibungsreduzierenden Eigenschaften hat die Farbe keinen Einfluss, diese bleiben erhalten. Ebenso erleichtert sich durch die Beschichtung die Montage, weil die Dichtungen nicht mehr zusammenkleben. Zusätzliche Fertigungs- und Montagehilfen wie Öle und Fette, die umständlich aufgetragen werden müssen, sind nicht mehr notwendig. Eine automatisierte Zuführung im Rahmen einer Serienproduktion wird durch vereinzelte und reibungsoptimierte Dichtringe überhaupt erst möglich. Und auch der Nutzung tut das Beschichten gut, denn die Grenzwerte verschieben sich, die Dichtungen arbeiten länger.

Haltbarkeit je nach Einsatzzweck

Trotz aller Möglichkeiten, die das Beschichten herkömmlichen Dichtungen eröffnet, bleiben viele Einflussfaktoren, die das Ergebnis erschweren können. Die gilt es zu beherrschen. Das fängt bei der Werkstoffvielfalt mit unterschiedlichen Arten an. Die Unternehmen müssen sich mit NBR, HNBR, AEM, FKM, EPDM, VMQ, FVMQ oder Gummi-Metallverbindungen auseinandersetzen. Hinzu kommen Compounds in ihrer Zusammensetzung aus natürlichem oder synthetischem Kautschuk mit Füllstoffen aus Ruß oder Mineralien, mit Weichmachern, seien es Öle oder synthetische Produkte. Darüber hinaus beeinflussen Vernetzungsmittel wie Schwefel etc., Vulkanisationsbeschleuniger oder -verzögerer sowie Hilfsmittel wie Farbpigmente, Alterungsschutz und mehr das Verhalten von Elastomeren. Und schließlich sorgen auch die chemischen und physikalischen Eigenschaften der Werkstoffe dafür, dass man den Veredelungsprozess nicht auf die leichte Schulter nehmen darf.
Und dauerhaft haften soll die Beschichtung natürlich auch. Gewissenhaft aufgetragene Beschichtungen beeinflussen dabei die Lagerfähigkeit der Elastomerdichtungen nicht. Sind die Dichtungen vor dem Beschichten gründlich gereinigt, werden diese sich während der Lagerung auch nicht ablösen. Im Gebrauch richten sich die Anforderungen an die Haltbarkeit der Beschichtung nach der Funktion. Werden lediglich Vereinzelungs-, Zuführ- und Montageerleichterungen gefordert, und wird die Beschichtung in der Anwendung nicht benötigt, hat sie nach dem Einbau ihre Pflicht erfüllt. In dynamischen Einsatzbereichen werden an die Beschichtungen höhere Anforderungen hinsichtlich der Haltbarkeit gestellt. Erfahrungswerte zeigen hier durchaus die gleich lange Lebensdauer wie bei der Elastomerdichtung an sich. Wer jedoch von der Beschichtung zuverlässige Sperrschichtqualitäten gegenüber dem Elastomer fordert, muss seine Erwartungen etwas zurückschrauben – das kann das Beschichtungsverfahren nur teilweise leisten. Hier kommt es auf den kundenspezifischen Einsatz an.

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Oberflächen werden mit Mikroskopengeprüft und mit Vergleichskarten und Rückstellmustern abgeglichen.

Clevere Logistikdienste on top

Um den Anwendern der nun hochleistungsfähigen Dichtungen die beruhigende Sicherheit über den ordnungsgemäßen Zustand der Dichtungen geben zu können, schließen sich nach dem Beschichtungsprozess zahlreiche Prüfungen an. So werden die Oberflächen mit Mikroskopen geprüft und mit Vergleichskarten und Rückstellmustern abgeglichen. In speziellen Anordnungen werden Drehmomentbelastung, Zug- und Druckkräfte wie sie beim Fügen und Stecken der Produkte vorkommen, simuliert, um die mit dem Kunden vereinbarte Qualität der Beschichtung zu testen. Bei Beschichtungen mit UV-Indikatoren folgt eine Prüfung der Gleitlackbeschichtung durch UV-Licht. Und schließlich werden physikalische und chemische Prüfungen durchgeführt, um die Qualität zu bescheinigen. Verantwortungsvolle Beschichter können diese Prüfungsergebnisse auch dokumentieren und entsprechende Zertifikate mitliefern.
Kundenorientierte Lohnveredler bieten zusätzlich Logistikdienstleistungen an, die Lieferzeiten verkürzen und Kosten senken. Das geht weit über das Verpacken und Versenden von bearbeiteten Dichtungen hinaus und schließt zahlreiche Leistungen wie die Optimierung von Losgrößen oder von Fahrtstrecken ein. So können Dichtungen nach dem Beschichten beispielsweise kontrolliert, die Verpackungen kundenspezifisch beschriftet und belabelt werden. Ebenso denkbar ist der direkte Versand an den Anwender, in neutraler Verpackung und mit einem Lieferschein des Herstellers. Dabei sind kundenspezifische Verpackungsvorschriften zu beachten. Durch Direktversand kann der Weg der Dichtungen zurück zum Hersteller und danach zu dessen Kunde genauso eingespart werden, wie die Fahrtzeit sowie die Zeit für das Umverpacken. Das freut nicht nur den Controller, sondern auch die Umwelt durch CO2-Einsparung.

Industrie 4.0 – Dichtungen werden kommunizieren

Versteht es ein Lohnveredler, mit all diesen Herausforderungen umzugehen, lassen sich durch das Beschichten die Leistungsfähigkeit und Langlebigkeit von Dichtungen erheblich steigern. Insbesondere im Rahmen von QM-Systemen jedoch werden weitere Herausforderungen auf Dichtungshersteller zukommen. Denn immer mehr werden auch werks- oder OEM-spezifische Normen höhere Anforderungen stellen. Und wer sagt denn, dass im Rahmen von Digitalisierung und Industrie 4.0 die Beschichtungen nicht eines Tages Sensoren und Elektronik enthalten? Dann meldet die Dichtung gleich selbst, wann sie ausgetauscht werden muss.

Technik im Detail – Plasma-Aktivierung

Drei Schritte sind durchzuführen, damit am Ende erfolgreich beschichtete Dichtungen mit höherer Leistungsfähigkeit stehen: Die Nassreinigung, die Plasmaaktivierung und schließlich die eigentliche Beschichtung. Bei der Plasmaaktivierung werden die grundgereinigten Teile tiefengereinigt und aktiviert. Hierbei werden tief sitzende Verarbeitungshilfsmittel sowie Farb- und Fühlstoffe entfernt. Durch Einbringen von Energie und Sauerstoff im Vakuum werden die Teile in Bewegung aktiviert.
Dabei kommen die grundgereinigten Elastomere in eine Niederdruckplasmaanlage, in der zunächst ein Vakuum erzeugt wird. Ein Hochfrequenzgenerator liefert elektrische Spannung, die gemeinsam mit Sauerstoff eingebracht wird. So entsteht ein elektrisch leitfähiges Gas, das Plasma. Dieses Plasma regt die Moleküle an und verändert so die Oberflächeneigenschaften der Dichtungsringe. Dieser, Aktivierung genannte, Prozess sorgt dafür, dass sich freie Radikale mit den ausdiffundierenden nicht-elastomeren Stoffen verbinden und oxydieren. Durch ein Sichtfenster ist das sehr schön an der lilafarbenen Flamme zu beobachten. Die Kohlen-Wasserstoffverbindungen der Dichtringe verändern sich. Nun hat sich die Adhäsionsfähigkeit und Benetzbarkeit der Oberflächen erhöht und wasserbasierende Lacke lassen sich so bestens mit den unpolaren Stoffen verbinden. Die Benetzungsfähigkeit beziehungsweise die Oberflächenspannung muss jedoch vor dem Beschichten geprüft werden. Hier bieten sich die Kontaktwinkelmessung sowie Versuche mit Testtinte an. Je nach Elastomer kommen dabei Testtinten in verschiedenen Ausführungen für unterschiedliche Molekularkräfte (mNm) zum Einsatz.
Die Dauer der Plasmaaktivierung hängt dabei vom Elastomer, den Zusatzstoffen und dem gewünschten und/oder benötigten Oberflächenergebnis ab. Hier ist die Erfahrung der Experten gefragt, denn vorgeschriebene Normwerte gibt es dabei genausowenig wie immer gleiche Elastomere. Ist das gewünschte Ergebnis erreicht, können die Werkstücke beschichtet werden.

Jürgen Fürst

SUXES GmbH Werbeagentur & Unternehmensberatung Endersbacher Str. 69 D-70374 Stuttgart

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OVE Plasmatec GmbH

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