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Die DKG stellt auf dem Elastomer-Symposium Zukunftsthemen zur Diskussion, damit in der Branche die Weichen gestellt und richtigen Wege eingeschlagen werden können. (Bild: Bonsales/Stock.Adobe.com)

KGK: Welches Resümee können Sie seit dem Antritt als Geschäftsführer der DKG ziehen und wie hat die Coronakrise die Arbeit der DKG verändert?

Andreas Limper Bild IKV Insight 2020

Prof. Dr.-Ing. A. Limper, 1. Stellvertretender Vorsitzender und Geschäftsführer der DKG Bild: Limper, IKV

Prof. Limper: Der Antritt als Geschäftsführer der DKG war überschattet von der Corona-Pandemie. Im Januar mussten wir definitiv entscheiden, ob die DKT 2021 in der bisherigen Form stattfindet. Hier hat es intensive Gespräche im Vorstand als auch im Vorstandsrat gegeben. Rückschauend kann ich resümieren, dass das eingespielte Team der DKG in Frankfurt hervorragend funktioniert. Dort wurden gute Entscheidungsgrundlagen ausgearbeitet und der Beschluss, die DKT als Präsenzveranstaltung um ein Jahr zu verschieben umgehend in operative Maßnahmen umgesetzt.
Die partielle Personalunion Geschäftsführer/Vorstand hat sich in dieser Phase als sehr vorteilhaft erwiesen. Die rasche Planung und Organisation des Elastomer-Symposiums sowie auch diesbezügliche konzeptionelle Entscheidungen wurden durch das gute Zusammenspiel der DKG-Gremien ermöglicht.
Die Coronakrise hat die DKG in vielerlei Hinsicht stark tangiert: Die Tagungen der Regionalgruppen haben ab Mitte 2020 nur noch virtuell stattgefunden – ebenso viele Treffen der Gremien wie zum Beispiel Vorstandsrat, Forschungsbeirat, Programmausschuss oder Vorstand. Das Jubiläum der Regionalgruppe Ost konnte leider schon zum zweiten mal nicht in einer Präsenzveranstaltung gefeiert werden.
Auch die Mitgliederversammlungen 2020 und 2021 konnten nicht in gewohnter Form stattfinden. Das ist bedauerlich, denn bekanntlich haben wir in 2020 Satzungsänderungen vorgenommen. Wir haben diese zwar in einer virtuellen Veranstaltung ausführlich erläutert, trotzdem wäre hier natürlich eine Präsenzveranstaltung besser gewesen.

Was werden die wichtigen Themen auf dem Elastomersymposium der DKG sein?
Das Symposium liefert ein breites Spektrum fachlicher Vorträge zu unterschiedlichsten Themen sowohl betreffs der Rohstoffe der Kautschukindustrie aber auch zu Verarbeitung, Produkten und Simulation. Wir haben auch vier Schwerpunkte gebildet, nämlich Thermoplastische Elastomere (TPE), Reifen, Nachhaltigkeit und Mobilität der Zukunft. Neben kompetenten Vortragenden aus Forschung und Industrie werden wir auch einigen Studenten und wissenschaftlichen Mitarbeitern Gelegenheit bieten, ihre Arbeiten einem breiten Fachpublikum vorzustellen. Daneben wird es eine Vielzahl von Postern geben, welche interessante Einblicke in neueste Forschungsergebnisse gewähren.

Wie wird das Symposium organisiert sein und wird es eine Möglichkeit zum Networking geben?
Die Corona-Pandemie hat zu einer Vielzahl von Online-Tagungen geführt, welche ihre Leistungen weltweit anbieten. Im Gegensatz zu Präsenzveranstaltungen müssen Veranstalter keine teuren Räumlichkeiten buchen und sind auch in Bezug auf den Zeitpunkt der Tagung unabhängiger. Die Tagungsteilnehmer brauchen andrerseits keine langen und teuren Reisen zum/vom Tagungsort auf sich zu nehmen. Es ist daher kein Wunder, dass das Angebot boomt – die Qualität lässt aber in vielen Fällen stark zu wünschen übrig. Manche Veranstalter erlauben Teilnehmern nur dann einen Zugang, wenn diese die kommerzielle Nutzung ihrer Daten zulassen. Die Adressen werden dann für Werbezwecke verkauft. Neben dieser starken Kommerzialisierung werden oftmals preiswerte Plattformen zur Darbietung der Vorträge genutzt, welche dann in reinen Frontalveranstaltungen keine Möglichkeiten des Netzwerkens und der Interaktion bieten.

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Die DKG stellt auf dem Elastomer-Symposium Zukunftsthemen zur Diskussion, damit in der Branche die Weichen gestellt und richtigen Wege eingeschlagen werden können. Bild: Bonsales/Stock.Adobe.com

Hiervon möchten wir uns mit dem DKG Symposium bewusst sehr stark absetzen. Unsere Veranstaltung wird für die Besucher kostenfrei sein. Wir verzichten bewusst auf die Weitergabe von Nutzerdaten. Wir werden eine aufwändige Plattform nutzen, welche durch 3D-Animationen weitestgehend das Gefühl eines realen Tagungsbesuches vermittelt.
Eine Besonderheit ist die Möglichkeit andere Besucher virtuell zu treffen und mit diesen gegebenenfalls auch Vier-Augen-Gespräche (Video) zu führen. Genau wie bei einer Präsenzveranstaltung können Sie daher Personen, welche Sie zufällig treffen, ansprechen. Auch Gespräche in größerer Runde – im Charakter einer Kommunikation am Stehtisch vergleichbar – sind möglich und erwünscht. Wir gehen von einer guten nationalen und internationalen Resonanz aus. Hierdurch ist die Tagung für eventuelle Sponsoren eine gute Gelegenheit, sich zu präsentieren und Geschäftspartner persönlich zu treffen.

In welchen Themen des Symposiums sehen Sie das größte Potenzial für die Kautschukforschung und warum?
Ein dominierendes Thema der Zukunft ist die Nachhaltigkeit. Dieses ist natürlich ein sehr umfassender Begriff. Die Kautschukindustrie war natürlich schon immer bemüht, effizienter und ressourcenschonender zu arbeiten. Heute bieten sich uns aber neue Möglichkeiten, Produkte und Prozesse zu optimieren. So bieten Prozessmodellierungen – Stichwort „Digital Twin“ – Möglichkeiten, Betriebspunkte von Anlagen hinsichtlich ihres Wirkungsgrades zu verbessern. Über die Vernetzung von Informationen, zum Beispiel über das „Internet of Things“, werden übergreifende Zusammenhänge wesentlich transparenter, was wiederum Grundlage umfassender Optimierungen sein kann. Höhere Rechnerleistungen ermöglichen es zudem heute, Bauteile bezüglich ihres Verhaltens, zum Beispiel unter Last, recht genau zu beschreiben. Dies kann dann beispielsweise als Grundlage einer Gestaltoptimerung in Hinblick auf einen niedrigeren Materialeinsatz genutzt werden.
Last but not least sorgen auch bessere analytische Möglichkeiten für ein wesentlich besseres Materialverständnis. Dies wird Optimierung von Rezepturen zum Beispiel in Hinblick auf Bauteileigenschaften wesentlich verbessern.

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Aus Altreifen lassen sich sehr viele nützliche und manchmal überraschende Produkte kreieren. Bild: PVP

Hat die Coronakrise Einfluss auf die Forschung und Entwicklung für die Kautschukbranche und wenn ja, welchen?
Die vielen Online-Besprechungen haben gezeigt, dass man auch anspruchsvolle Forschungsthemen sehr gut in einer Videokonferenz besprechen kann. Wir stellen fest, dass zum Beispiel die Ausschüsse, welche größere Forschungsprojekte begleiten, nun in größerer Teilnehmeranzahl tagen. Ich könnte mir gut vorstellen, dass durch die positiven Erfahrungen der Online-Besprechungen sich neue Kooperationsmöglichkeiten ergeben. Es wird nun auch möglich sein, sich über größere Entfernungen häufiger virtuell zu treffen.
Innerhalb der DKG hat sich ja kürzlich ein Rheologie-Forum etabliert. Hier können sich Experten aus Industrie und Wissenschaft fachlich austauschen. Meiner Meinung nach könnte auch die Etablierung weiterer Foren – zum Beispiel Extrusion, Formteilherstellung, Bauteilberechnung etc. – sehr reizvoll und nützlich sein.

Was erwarten Sie langfristig von der Politik für die Forschungsförderung in Deutschland und Europa?
Die europäische Forschungsförderung ist sehr vielfältig, so dass eine allgemeingültige Aussage hierzu schwierig ist. Die großen Programme, welche mir bekannt sind, setzen aber viele Randbedingungen voraus, welche eine Antragstellung extrem erschweren. Es soll zum Beispiel die gesamte Wertschöpfungskette betrachtet werden, inklusive des „european citizens“; außerdem soll eine Ausgewogenheit der im Projekt beteiligten Nationen gegeben sein und auch KMU sollten besonders berücksichtigt werden. Eine Antragstellung gestaltet sich deshalb mühsam. Bei Bewilligungsquoten deutlich unter 20% ist es nicht schwer nachzuvollziehen, dass nur wenige Forschungsinstitute Anträge in Brüssel stellen.
National hat es die Kautschukindustrie ebenfalls nicht leicht. So möchten auch die deutschen Geldgeber vor allem KMU fördern, welche es aber, zumindest im Bereich der Verarbeiter, in Deutschlands Kautschukindustrie kaum noch gibt.
Angesichts des hochspezialisierten Wissens in vielen Disziplinen ist zur Zeit ein Trend zu gemeinschaftlichen Forschungsansätzen zu beobachten, in welchem die einzelnen Partner ihre jeweiligen Kernkompetenzen beisteuern. Insgesamt scheint mir der Run auf die Töpfe der Geldgeber in den letzten Jahren stark zugenommen zu haben. Es wird daher immer schwieriger, Anträge genehmigt zu bekommen.
Gegenüber den großen Geldgebern der öffentlichen Hand sollte die Kautschukindustrie ihre Forschungsbedarfe klarer kommunizieren. Nur dann wird es gelingen, im Feld der vielen forschenden Branchen auch eine angemessene Förderung zu bekommen.

Wie schätzen Sie den Bedarf an Fachkräften für die Kautschukindustrie ein und wie sehen Sie die Ausbildungssituation an den
Hochschulen und in den Unternehmen?
Die Kautschukindustrie ist eine in ihren Aufgaben besonders vielfältige Branche. Hier werden unter anderem Kompetenzen in Richtung Chemie, Physik, Verfahrenstechnik, Automation und neuerdings auch Informatik benötigt. Viele Stellen erfordern diesbezüglich ein breites Wissen. Dieses Anforderungsprofil abzudecken ist keine einfache Aufgabe. In Deutschland findet an relativ vielen Stellen eine Forschung zum Thema Kautschuk statt. Trotzdem ist es fraglich, ob es gelingen wird, den Fachkräftebedarf der Zukunft allein an Hoschschulen und Universitäten zu decken. In diesem Sinne stellt das Weiterbildungsstudium Kautschuktechnologie des DIK eine gute Möglichkeit dar, Quereinsteiger einzuarbeiten oder auch einfach eigene Mitarbeiter weiter zu qualifizieren.
Wünschenswert wäre eine stärkere Förderung der Ausbildung an Hochschulen durch industrielle Geldgeber. Hier lassen aber gerade sehr große Unternehmen zur Zeit einiges vermissen. Man unterschätzt meines Erachtens nach die Bedeutung der universitären Forschung für die Nachwuchsförderung. Hier wird noch zu oft nach dem Schema „was nützt mir das unmittelbar?“ gedacht. Man sollte sich bewusst machen, dass die Studierenden heute vielfältige berufliche Angebote bekommen. Die Beschäftigung mit dem Werkstoff Kautschuk, zum Beispiel in einem industriellen Gemeinschftsvorhaben, verschafft gegebenenfalls interessante Einblicke und erste Branchenkontakte.

DKG ELASTOMER-SYMPOSIUM

Online-Veranstaltung, 28. Juni bis 1. Juli 2021

Aktuelle Vorträge aus der Kautschuktechnologie, anregende Fachdiskussionen und Netzwerkmöglichkeiten mit internationalen Expertinnen und Experten aus der Welt des Gummis und der Elastomere – mit dem DKG Elastomer Symposium bietet die Deutsche Kautschuk-Gesellschaft e. V. (DKG) vom 28. Juni bis 1. Juli 2021 erstmals eine internationale Tagung im digitalen Format an.
60 Vorträge decken das gesamte Themenspektrum der Kautschuktechnologie ab. Drei Schwerpunkttage zu den Themen Nachhaltigkeit, Reifen und Future Mobility nehmen gezielt die Bedeutung der aktuellen Entwicklungen auf diesen Gebieten in den Blick und setzen sie in Bezug zu Elastomeren. Die moderne Werkstoffgruppe der thermoplastischen Elastomere wird mit eigenen Sessions berücksichtigt.
In einem speziellen Veranstaltungsblock stellen junge Forschende Ergebnisse ihrer Arbeit dar. Eine digitale Posterausstellung rundet das Programm ab. Somit bietet die Veranstaltung auch eine gute Gelegenheit junge Menschen für unsere Industrie zu interessieren und mit diesen in Kontakt zu treten. Anmeldung und Programm unter www.elastosymp.de.

Dr. Etwina Gandert

Redakteurin KGK

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Unternehmen

DKG Deutsche Kautschuk-Gesellschaft e.V.

Zeppelinallee 69
60487 Frankfurt
Germany