Der wdk sieht die Attraktivität von Deutschland als attraktiven Industiestandort für Investionen gefährdet.

Der wdk sieht Deutschland als attraktiven Industiestandort für Investitionen gefährdet. (Bild: arsdigital - fotolia.com)

Die Reifenhersteller verzeichnen zwar Umsatz- und Absatzzuwächse, das Reifenersatzgeschäft bleibt aber im langjährigen Vergleich schwach. Die Hersteller von Technischen Elastomer-Erzeugnissen (TEE) profitieren im Wesentlichen von anziehenden Auslandsgeschäften. Die ausländischen Standorte der deutschen Kautschukverarbeiter gewinnen an Bedeutung. Die Inlandsproduktion sinkt um knapp 1 %. Nach Jahren des Beschäftigungsaufbaus fällt der Saldo von Neueinstellungen und Entlassungen von Mitarbeitern erstmals wieder negativ aus.

Für 2016 erwartet die Branche ein sehr moderates Umsatzplus von etwa 1,0 %. Nachdem die Nachfrage nach Produkten der deutschen Kautschukindustrie – vornehmlich Technischen Elastomer-Erzeugnissen – aus den wichtigen Auslandsmärkten in Westeuropa in den vergangenen Jahren rückläufig war, zogen insbesondere in der zweiten Jahreshälfte von 2015 die Auftragseingänge aus dieser, sich erholenden, Region spürbar an. Daraus und kombiniert mit einer robusten Nachfrage des starken Handelspartners USA ergab sich ein Plus beim Exportumsatz der Branche, der den moderaten  Inlandsumsatz übertraf. In Summe konnte die deutsche Kautschukindustrie den Umsatz um 2,2  % auf 11,56 Mrd. EUR ausweiten.

Der Inlandsumsatz stieg um 1,9 % auf 7,97 Mrd. €. Ausschlaggebend waren gestiegene Reifenabsätze sowohl an die Fahrzeugindustrie als auch an den Endverbraucher. Der Auslandsumsatz erhöhte sich um 2,7 % auf 3,60 Mrd. EUR, maßgeblich beeinflusst durch spürbare Zuwächse in Europa.

Im Reifengeschäft umfasste der Inlandsumsatz bei einer Steigerung von 3,1 % ein Volumen von 4,24 Mrd. EUR. Die deutlich über dem Vorjahr liegende Produktion der deutschen Fahrzeugbauer setzte die wesentlichen Impulse. Wenig Erholung zeigten dagegen die Reifenmärkte in Europa. Entsprechend niedriger fiel das durch konzerninterne  Lieferungen geprägte Exportgeschäft der deutschen Reifenhersteller aus. Mit 990 Mio. EUR  (-1,6 %) blieb der Umsatz erstmals nach 5 Jahren wieder unter der 1 Mrd. EUR-Marke. Die deutschen Reifenhersteller konnten das Ersatzgeschäft mit Sommerreifen sowie die Lieferungen von Erstausrüstungsreifen an die Fahrzeugindustrie steigern und damit die Absatzschwächen in anderen Produktgruppen kompensieren. Gleichwohl stellte das gestiegene Absatzvolumen eines der niedrigsten der letzten 10 Jahre dar.  Bei Winterreifen verhinderten Lagerbestände im Handel, die sich durch die milde Witterung in der letzten Saison aufgebaut hatten, eine Absatzausweitung. Bei Lkw-Reifen verloren die deutschen Hersteller Marktanteile an asiatische Anbieter. Insbesondere die qualitative Runderneuerung von Lkw-Reifen verzeichnete herbe Absatzrückgänge.

Die Hersteller Technischer Elastomer-Erzeugnisse konnten 2015 den Inlandsumsatz um 0,6 % ausweiten. Während die Zulieferer für non-automotive Anwendungen ein Plus von 1,8 % vorweisen konnten, taten sich die Automobilzulieferer der Branche deutlich schwerer, bei niedrigen Rohstoffkosten die Umsätze trotz höherer Stückzahlen zu steigern. Die großen OEM-Kunden erwarteten ein Entgegenkommen für die  nachgebenden Materialkosten.

Ungeachtet einer rückläufigen Nachfrage in Südamerika und Russland verzeichnete das Auslandsgeschäft mit TEE eine recht hohe Dynamik. Dabei hatte auch die einsetzende Schwächephase der chinesischen Volkswirtschaft kaum negative Auswirkungen auf die Absätze der deutschen Kautschukverarbeiter. Durch Expansion konnten zusätzliche Wachstumsimpulse gesetzt werden. Für die Automobilzulieferer entwickelten sich die Geschäfte mit den USA und Mexiko, auch dank des Währungsvorteils, hervorragend. Die Auslandsumsätze der non-automotiven Anbieter profitierten von verbesserten Konjunkturentwicklungen in Westeuropa. Insgesamt erhöhte sich der Auslandsumsatz der Hersteller von TEE um 4,4 % gegenüber dem Vorjahr auf 2,61 Mrd. EUR. Die Exportquote stieg auf 41,1 %.

Die seit einigen Jahren zu beobachtende ausgeprägte Investitionszurückhaltung am Standort Deutschland in der Kautschukindustrie sowie in der gesamten Industrie hat sich 2015 fortgesetzt. Ein weiteres Mal blieben die Investitionen im Inland hinter dem Vorjahr zurück. 2015 sanken die Inlandsinvestitionen der Branche um 1,3 %. Steigende  Investitionen in ausländische Werke oder in neue Standorte (+6,1 %) konnten den Inlandsrückgang gerade so kompensieren. Insgesamt erhöhte sich das Investitionsvolumen im Vergleich zu 2014 um 0,9 % und umfasste rund 540 Mio. EUR.  Die Investitionszurückhaltung ist zum einen der Globalisierungsforderung wichtiger Kunden zuzuschreiben.  Dass aber trotz hoher Kapazitätsauslastung und historisch niedriger Zinsen keine Investitionsbelebung einsetzt, hat mit dem Verlust an internationaler Wettbewerbsfähigkeit des Standortes Deutschland zu tun. Staatlich regulierte Energie- und wiederansteigende Lohnkosten sowie die Zunahme von Prüf- und Dokumentationspflichten und bürokratische Prozesse gefährden den Industriestandort Deutschland zunehmend.

Die Verschlechterung der preislichen Wettbewerbsfähigkeit hat sich 2015 negativ auf das Produktionsergebnis der Kautschukverarbeiter in Deutschland niedergeschlagen. Trotz höherer Absatzmöglichkeiten sank die inländische Produktion von Kautschukerzeugnissen um 0,6 %. In der Produktionsplanung des Jahres erhielten die ausländischen Fertigungslinien der deutschen Unternehmen deutlich häufiger den Zuschlag als in den vergangenen Jahren.

Das blieb nicht ohne Auswirkung auf den Beschäftigtenstand in Deutschland. Die Branche, die in den letzten Jahren konsequent die Beschäftigung an den heimischen  Standorten ausgebaut hatte, verzeichnete 2015 ein negatives Saldo aus Neueinstellungen – in der Regel händeringend gesuchten Facharbeitern und Ingenieuren – und Abgängen von Mitarbeitern. Mit 75.300 Mitarbeitern zum Jahresende 2015 schrumpfte die Beschäftigtenzahl in der Branche um 0,7 %. Dabei waren die deutschen Produktionsstandorte der Kautschukindustrie recht gut ausgelastet. In den Reifenfabriken stieg die durchschnittliche Auslastung um 1,3 % auf 86,3 %, bei den Herstellern Technischer Elastomer-Erzeugnisse lag der Auslastungsgrad mit 84,0 % um 1,8 % höher als 2014.

Die Frühindikatoren der Branche, Geschäftsklima und Auftragseingänge, weisen zum Jahresstart 2016 auf eine wirtschaftliche Seitwärtsbewegung hin. Die Rohstoffpreise  dürften den unteren Rand erreicht haben. Die Wachstumsprognosen der deutschen Wirtschaftsforschungs-Institute für die Gesamtkonjunktur liegen zwar zwischen 1,5 und 2 % BIP-Zuwachs, die Produktionsprognosen der wichtigsten Abnehmerbranchen besagen aber Stagnation im Maschinenbau sowie leichten Rückgang in der inländischen Fahrzeugfertigung. So ist für die deutsche Kautschukindustrie 2016 ein Umsatzplus von nur etwa 1 % und damit eine Halbierung des Wachstums des Jahres 2015 zu erwarten.

 

[ega]

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