Die Tire Technology Expo bildet vom Reifen- Rohstoffen, zur Verarbeitung und Formgebung, zur Qualitätssicherung, bis hin zum Reifen-Handling und zu Automatisierung- und Softwarelösungen die gesamte Prozesskette der Reifenproduktion ab. Inzwischen sind auch viele namhafte Rohstoffanbieter auf der Messe vertreten und zeigen neue Kautschukentwicklungen für moderne Reifen. Im Zentrum der Entwicklungen stehen Energieeffizienz und damit ein geringer Rollwiderstand, ein geringer Abrieb und eine effiziente Verarbeitung der Kautschuke zu Reifen.
S-SBR Pilotanlage liefert Kautschuk für Prototypen-Reifen-Tests
Trinseo ist als Kautschukhersteller zum zweiten Mal auf der Tire Technology Expo vertreten. Das Unternehmen stellt auf der Messe S-SBR-Kautschuktypen vor, die Eigenschaften wie Energieeffizienz und gute Verarbeitbarkeit miteinander vereinen. Rollwiderstandsarme Reifen spielen in der Entwicklung eine immer größere Rolle und werden auch mit Blick auf neue Antriebskonzepte an Bedeutung gewinnen. Dabei wird sich das Tempo der Entwicklung weiter Beschleunigen müssen, um am Markt zu bestehen. Trinseo sieht sich als Partner der Reifenhersteller und wünscht sich einen noch engeren Austausch mit den Kautschukverarbeitern. Sandra Hofmann, Technologie- und Innovationsdirektorin für Synthesekautschuk bei Trinseo betont: „Schlaue Lieferanten sind gute Lieferanten.
Wir wünschen uns eine noch engere Kooperation mit den Kunden und brauchen klar Ansagen.“ Um ihre Kunden noch stärker zu unterstützen, wird Trinseo eine neue S-SBR-Pilotanlage in Betrieb nehmen und die Kapazität im Werk Schkopau erweitern. Die Investition in die Pilotanlage soll die Markteinführungszeit für neue Reifen verkürzen. Die Anlage kann 100 kg bis mehrere Tonnen Kautschuk produzieren, der dann nicht nur im Labor untersucht, sondern zu Testzwecken zu Prototypen-Reifen verarbeitet werden kann. „Mit unserer erweiterten anionischen Polymerisations-Technologie lassen sich die Schlüsselparameter zur Reduzierung des Rollwiderstands hervorragend kontrollieren. Durch die Anwendung von Multi-Funktionalisierungstechnologien haben wir die Funktionalisierungstechnologie auf ein neues Level gebracht“, sagt Dr. Hofmann. „Unser Produktportfolio umfasst inzwischen eine Vielzahl funktionalisierter und multifunktionaler S-SBR.“
Polymerstruktur und Leistung im Vulkanisat verbessern
Auch Asahi Kasei Europe baut sein Geschäft in Europa weiter aus und will mit seiner geplanten Pilotanlage in Dormagen näher am Kunden sein. Auf der Tire Technology Expo präsentierte das Unternehmen S-SBR-Typen, die eine ausgewogene Balance zwischen Bremsleistung und Kraftstoffeffizienz erreicht und gleichzeitig die Abriebfestigkeit und die Handhabungsstabilität verbessert haben. Dies ist vor allem durch den kontinuierlichen Polymerisationsprozess gelungen.
Ein besonderes Augenmerk legt das Unternehmen in der Kautschukentwicklung auf die Beziehung zwischen Polymerstruktur und Leistung in vulkanisierten Verbindungen. Asahi Kasei produziert derzeit S-SBR-Anlagen in Japan (Präfektur Kanagawa und Oita) und Singapur. Das Werk in Singapur wurde 2013 in Betrieb genommen und produziert die neuesten Hochleistungssorten. Die beiden S-SBR-Linien in Singapur erreichen eine Gesamtkapazität von 130.000 Tonnen pro Jahr.
In Zukunft ohne Ersatzrad leichter und sparsamer unterwegs
Ein anderer großer Player auf dem Kautschukmarkt, Arlanxeo, präsentierte zur Tire Technology Expo eine Kautschukmischung, die künftig zur Abdichtung von Reifen eingesetzt werden kann. Diese Lösung für sogenannte selbstabdichtende Reifen ersetzt das Ersatzrad und bietet gleichzeitig eine Alternative zum Reparaturkit oder Runflat-Reifen. Denn durch eine entsprechende Kautschukmischung, die in der Innenseite des Fahrzeugreifens aufgetragen wird, können auftretende Löcher im Reifen automatisch abgedichtet werden und ermöglichen eine Weiterfahrt. „Mit unserer Entwicklung setzen wir einen wichtigen Impuls für die Mobilität von Morgen“, sagt Frank Lückgen, globaler Marketingleiter für den Bereich Reifen im Geschäftsbereich Tire & Specialty Rubbers (BU TSR) von Arlanxeo. „Der Verzicht auf ein Ersatzrad und das entsprechende Werkzeug hierfür, wird das Gewicht von Fahrzeugen und damit den Energieverbrauch weiter reduzieren. Bei E-Autos würde dies etwa zu einer höheren Reichweite führen“, erläutert Lückgen.
Das Compound wird in den Innenbereich von Reifen aufgetragen. Sollten etwa ein Nagel oder andere spitze Gegenstände ein Loch im Reifen verursachen, kann die Kautschukmischung den Defekt automatisch verschließen. Die sofortige Abdichtung des Reifens erfolgt unabhängig von der Umgebung während der Autofahrt. „Damit unser Compound in jeder Klimazone und unabhängig von der Geschwindigkeit eines Fahrzeugs einen optimalen Verschluss garantiert, führen wir nach erfolgreichen Labortests derzeit weitere Tests unter extremen Bedingungen durch,“ so Matthias Gotta, Leiter Global Sales und Marketing der BU TSR. „Denn auch bei stark variierenden Außentemperaturen sollen die Reifen in immer gleichbleibender Qualität abgedichtet werden.“ Die entsprechenden Tests führt das Unternehmen mit verschiedenen Partnern unter Praxisbedingungen durch. Nach erfolgreichem Abschluss der Test soll anschließend im Jahresverlauf 2018 die Markteinführung des Compounds erfolgen.
Mehr Sauberkeit bei der Reifenproduktion durch silikonfreie, abwaschbare und permanente Trennlösungen
Der Lanxess-Geschäftsbereich Rhein Chemie präsentierte auf der Tire Technology Expo eine umfangreiche Palette an umweltfreundlichen Rhenodiv-Trennmitteln, Rhenomark-Reifenmarkierungsfarben, Rhenoshape-Reifen-Vulkanisationsheizbälgen (Bladder), Rhenogran-Aramidfaser-Masterbatchen und Additiven. Die Reifenbranche ist nach wie vor einer unserer wichtigsten Märkte“, sagt Dr. Dietmar Hoff, Leiter Marketing Tire Products beim Lanxess-Geschäftsbereich Rhein Chemie. „In unserer Business Line Rubber Additives liefern neben den Additiven für Kautschukmischungen auch Trennmittel und Reifenheizbälge einen großen Beitrag zum Geschäftsergebnis. Bladder mit Permanent-Coating erleichtern nochmals die Arbeit der Reifenproduzenten – sie machen ein ständiges Nachsprühen von Trennmitteln überflüssig und helfen so, den Produktionsprozess erheblich effizienter zu gestalten.“ Bei der Herstellung von Sealant- und geräuschreduzierten Reifen ist es essentiell, dass die auf den Rohling aufgebrachten oder übertragenen Trennmittel nach der Vulkanisation vollständig entfernt werden. Dies ist wichtig, um das Anhaften der nachträglich aufgebrachten Polymere bzw. Schäume sicherzustellen. Dafür bietet Rhein Chemie verschiedene Lösungen an. Neben klassischen silikonhaltigen Produkten wie Rhenodiv BP-286 und Rhenodiv BP-2864, welche nach der Vulkanisation der Reifen in mechanischen Waschanlagen oder durch Lasertechnologien entfernt werden, gibt es neuartige, zu 100 Prozent silikonfreie Produkte wie Rhenodiv BP-166 und Rhenodiv BP-9500. Aufgrund eines neuartigen, wasserlöslichen Trennwirkstoffs sind diese noch einfacher abwaschbar. Diese Produkte erfüllen auch die zunehmende Vorgabe von Automobilherstellern, während des Reifenproduktionsprozesses vollständig auf den Einsatz von Silikonen zu verzichten.
Permanent beschichtete Bladder der Marke Rhenoshape ermöglichen Reifenherstellern die Vulkanisation von Reifen ohne zusätzliche Trennmittel – eine Reinigung der vulkanisierten Reifen ist damit überflüssig. Da der Sprühprozess für Reifenrohlinge entfällt, können auch keine Verunreinigungen – weder bei kritischen Reifenbereichen noch am Arbeitsplatz – entstehen. Ebenso stellt diese Technologie die Silikonfreiheit im Produktionsprozess von Reifen sicher.
Stickstofffreie Beschleuniger und Verstärkungsmöglichkeiten für Reifen
Rhein Chemie bietet mit seinem breitem Portfolio an Dithiophosphaten, Spezialbeschleunigern und Faser-Masterbatches ideale Lösungen für nitrosaminfreie und hochverstärkte Reifenmischungen an. Die Dithiophosphate (darunter Rhenogran TP-50 und Rhenogran SDT-50) sind stickstofffreie Beschleuniger, die typische Sulfenamid-, Thiuram- oder Carbamatbeschleuniger ersetzen können. Sie bieten dabei den Vorteil, dass sie hauptsächlich mono- und disulfidische Vernetzungsbrücken bilden, die thermisch stabiler und weniger reversionsanfällig sind. Setzt man die Dithiophosphate parallel zu Sulfenamidbeschleunigern ein, so treten Synergien bei der Vernetzung auf, welche die Effizienz des Prozesses steigern.
Bei extrem hoher mechanischer, dynamischer und thermischer Beanspruchung bieten die Aramidfasermasterbatche der Rhenogran P91-40-Reihe eine gute Verstärkungsleistung für Reifenmischungen. Rhenogran P91-40 bringt die hoch belastbare und sehr leichte Twaron-Aramidkurzfaserpulpe gleichmäßig in die Gummimischung ein. Neben dem Einsatz in typischen Reifenpolymeren wie NR, IR, BR und SBR ist Rhenogran P91-40 auch für viele andere Kautschuktypen wie zum Beispiel EPDM, CR und NBR geeignet.
Neues Kautschukadditiv Vulkanol TOF verbessert Nassrutschverhalten
Das Nassrutschverhalten eines Reifens ist – neben anderen Eigenschaften wie Rollwiderstand, Abrieb und Geräuschentwicklung – ein wichtiger Sicherheitsaspekt. Bei der ECO- oder Green Tire-Technology kann durch Zugabe von Vulkanol TOF zu einer kieselsäuregefüllten Mischung für Reifenlaufflächen das Nassrutschverhalten deutlich verbessert werden. Verbesserungen konnten auf Laborebene auch beim Rollwiderstand beobachtet werden. Die Ergebnisse dieser Studie präsentierte Dr. Hermann-Josef Weidenhaupt, Experte für Kautschukadditive im Lanxess-Geschäftsbereich Rhein Chemie, in seinem Vortrag „The Way to Improve Wet and Ice Traction of Tires“.