Sorgen bereiten vor Allem der Fachkräftemangel, steigende Rohstoff- und Energiepreise, Veränderungen der Absatzmärkte, neue Produktanforderungen, unter anderem bedingt durch die Umstellung der Automobilindustrie vom Verbrenner zur E-Mobilität, oder neue Regelungen in REACH zum Umgang mit Rohstoffen und Chemikalien sowie das Thema Mikroplastik. Große Herausforderungen aber auch Chancen erwarte ich bei der zunehmenden Umsetzung von der in 2021 veröffentlichten Agenda des „Green Deals“ der EU, deren Projekte Vorhaben zum Klimaschutz, Energieversorgung, Digitalisierung, Binnenmarkt und Industriepolitik vereinen sollen. Entsprechende Vorhaben zielen dabei beispielsweise auf die Dekarbonisierung und Modernisierung energieintensiver Prozesse genauso ab wie auf den Zugang zu Ressourcen, Wertschöpfungsketten, einer effektiven Kreislaufwirtschaft und einer Wende bei Verkehr und Mobilität zu mehr Umwelt- und Gesundheitsschutz. Somit binden auch in der Gummiindustrie die Vermeidung von CO2-Emissionen und Treibhausgasen sowie die Reduzierung des CO2-Footprints (CFP) von Elastomerprodukten durch die Substitution von Rohstoffen fossilem Ursprungs durch nachwachsende Materialien und die Investition in Energieeinsparungen für insbesondere hochenergetische Verarbeitungsschritte wie Mischen und Vulkanisation große Teile der Kapazität, die für technisch interessante und marktorientierte Entwicklungen möglicherweise verloren geht.
Fachspezifisch informiert mit dem KGK-Contentletter
Aktuelle Nachrichten, spannende Anwenderberichte und branchenrelevante Produktinformationen sowie wissenschaftliche Veröffentlichungen erhalten Sie mit dem KGK-Contentletter einmal monatlich kostenfrei direkt in Ihr Postfach.
Klimaneutralität als Herausforderung
Mit dem ersten Entwurf des europäischen Klimaschutzgesetzes bis 2030 55 % CO2 einzusparen und bis 2050 klimaneutral zu sein, wird die CO2-Bilanz von Produkten zum Beschaffungskriterium in der Industrie und damit zu einer Herausforderung der gesamten Lieferkette. Großunternehmen aus der Automobilbranche erhöhen massiv den Druck auf die Gummiindustrie als einer der wichtigsten Zulieferer. Entsprechende Informationen zum CFP der Produkte entlang der Herstellungskette werden von den OEMs mit dem Ziel der Klimaneutralität gefordert. Die Auflegung der Prozesskette dürfte meiner Einschätzung nach neben der Verfügbarkeit entsprechender Daten für viele Firmen der Branche ein Problem darstellen. Die umweltpolitisch sinnvolle Forderung nach der Umsetzung der Kreislaufwirtschaft stellt für die Gummiindustrie und deren Produkte ein künftiges und bisher technisch nur teilweise gelöstes Problem dar. Die Nutzung von thermischen, mechanischen oder physikalischen Recyclingverfahren nach dem Stand der Technik und Qualitätsanforderungen führen aktuell nur zu einer relativ geringen Verwendung von Altgummi oder dessen Inhaltsstoffe in neuen Produkten. Neue Regulierungen in REACH haben Forderungen nach Ersatzstoffen für unverzichtbare Elastomerinhaltsstoffen zur Folge und werden das Produktportfolio der Branche beeinträchtigen, aber auch Neuentwicklungen initiieren. All diese aus Gründen des Schutzes des Menschen und der Umwelt nachvollziehbare Maßnahmen machen das Herstellen von leistungsfähigen Elastomerprodukten in Zukunft schwierig und teurer. Positiv gesehen, besteht aber auch die Chance langfristig international von Wettbewerbsvorteilen zu profitieren, so mein Fazit.
Sie möchten gerne weiterlesen?
Unternehmen
Deutsches Institut für Kautschuktechnologie e.V.
Eupener Str. 33
30519 Hannover
Germany