Compoundieranlage zur Basisstabilisierung von PP-Pulver.

Compoundieranlage zur Basisstabilisierung von PP-Pulver. (Bild: Azo)

Ebenso breit gefächert sind die Herausforderungen an das Materialhandling: Instabile Materialien, brennbare oder abrasive Bestandteile, schwankende MFI-Werte innerhalb eines Prozesses, große Anzahl an Rohmaterialien, hohe Rezeptvielfalt, strenge Anforderungen an Qualität und Produkthaftung, um nur einige zu nennen. Für den Compoundiervorgang sind daher individuelle Anlagenkonzepte gefragt, die ein großes Maß an Flexibilität und Zuverlässigkeit für niedrige bis hohe Durchsatzleistungen gewährleisten.

Compoundieranlage zur Basis­stabilisierung von PP-Pulver
Bei der Anlage im ersten Beispiel handelt es sich um eine Compoundieranlage zur Basisstabilisierung. Das Polymer kommt in diesem Fall aus sechs nachgeschalteten Vaporizern. Die besonderen Herausforderungen des Projekts:

  • resultierend aus dem Batchprozess schwankende MFI Werte,
  • Atex-Gas-Zone außerhalb der Anlage im Bereich der Polymerisation,
  • das Material enthält noch flüchtige brennbare Bestandteile,
  • eine Atex-Zone innerhalb der Anlage, daher Handling unter Stickstoff-Atmosphäre (sicherheitsrelevant),
  • auf Grund von instabilem Material/Oxidationsrisiko Handling unter Stickstoff-Atmosphäre (prozessrelevant),
  • Schwankungen der Prozessparameter innerhalb des Polymerisationsprozesses (Batch-Prozess) erfordern ein optimales Homogenisierungskonzept
  • hohe Verfügbarkeit 24 Stunden am Tag, 7 Tage die Woche, maximal ein bis zwei Shutdowns innerhalb eines Jahres,
  • Förderwege von mehr als 300 Metern mit relativ großen Durchsätzen.

Für das Materialhandling im geschlossenen Stickstoffkreislauf sind folgende Komponenten prozess- und sicherheitsrelevant: Filter, Gas-Analyse, Kreislaufgebläse, Feinfilter, Drucksensorik, Stickstoff-Pufferbehälter, Gebläse/Kompressor, Trockner, Ventiltechnik (Absperr- und Rückschlagventile). Das Rohpolymerpulver wird aus dem Chargenbetrieb durch einen Annahmebehälter mit Gewichtswerterfassung in Silos mit Zentralrohrmischprinzip gefördert. Während und nach dem Befüllen erfolgt die Homogenisierung durch Umfördern mit anschließendem Abfördern zur Waage. Dadurch wird das Blenden aus unterschiedlichen Silos ermöglicht. Vor die Differenzial-Dosierwaage zum gravimetrischen Dosieren des Pulvers ist noch ein aktives Mischsilo mit Schnecke geschaltet. Die Homogenisierung der Fertigware erfolgt durch Förderung in und Abzug aus mehreren PP-Granulat-Silos auf Basis eines Mehrrohrmischprinzips, um eine bestmögliche Homogenität des fertigen Compounds zu gewährleisten.

Compoundierung hochgefüllter Polymere
Im zweiten Beispiel geht es um die Compoundierung hochgefüllter Polymere. Hier sind verschiedene Besonderheiten zu beachten. Aufgrund des hohen Füllgrades bis zu 85% handelt es sich um einen sehr sensiblen Prozess. Viele der Rohmaterialien stellen durch schwierige und instabile Eigenschaften hohe Anforderungen an das Materialhandling.

Herstellung hochgefüllter Compounds. (Bildquelle: Azo)

Herstellung hochgefüllter Compounds. (Bildquelle: Azo)

Das Anlagenkonzept sieht wie folgt aus: Die Produktaufgabe erfolgt über kombinierte Aufgabestationen für Big-Bags und Säcke. Hier müssen sowohl eine staubdichte Andockung, integrierte Filter mit Ventilator für eine saubere Arbeitsumgebung, eine Sicherheitsauflage mit Walkeinrichtung für bessere Entleerung, Sicherheitsschleuse für Paletten inklusive Arbeitsbühne für ergonomische Bedienung und ausreichendes Puffervolumen berücksichtigt werden. Die Lagerung und die Zuführung sind auch aus Silos und Oktabins möglich. Für den besseren Produktaustrag kommen Vibrationsböden zum Einsatz, die produktspezifisch angepasst werden können. Daneben können zur Fluidisierung des Produktes Belüftungsböden eingesetzt werden.Die Förderung der Rohstoffe zum Compounder erfolgt mittels pneumatischer Saugförderung bei der zuverlässige und bewährte Komponenten zum Einsatz kommen. Bei den granulatförmigen Bestandteilen kann mit dem Mischsystem Mixomat von Azo eine Vormischung hergestellt werden. Der Mixomat vereint mehrere Systeme in einem Gerät: er ist Abscheider, Waage und Mischer in einem und kann auch in Atex-Zone 20 und mit pulverförmigen Produkten verwendet werden. Zur kontinuierlichen, gravimetrischen Beschickung des Compounders werden Azodos Dosiergeräte zusammen mit der Steuerung Cont eingesetzt. Um eine größtmögliche Dosiergenauigkeit mit den Dosiergeräten zu gewährleisten, ist eine kontrollierte und gleichmäßige Nachfüllung der Rohstoffe von Bedeutung, um Abweichungen während der volumetrischen Dosierung weitgehend auszuschließen. Die Geräte zeichnen sich durch Reinigungsfreundlichkeit aus, was vor allem in der Masterbatch-Produktion ein Vorteil ist, denn eine Verkürzung der Reinigungszeit bedeutet eine Erhöhung der Gesamtleistung.

Produktion von hochqualitativem Kabelcompound
Die dritte Beispielanlage dient der Produktion von hochqualitativem Kabelcompound unter Einhaltung einer Null-Fehler-Strategie. Hier stehen folgende Anforderungen im Vordergrund:

  • hohe Rezeptvielfalt
  • große Anzahl an unterschiedlichen Rohmaterialien
  • hohe Anforderungen an Qualität und Thermostabilität
  • hohe Anforderungen in Bezug auf Produkthaftung
  • höchster Automatisierungsgrad
  • redundante Qualitätskontrolle durch die gesamte Produktionskette
  • Überwachung und Nachverfolgung
  • spezielle Features bezüglich „Carbon Footprint“
Flexible Beschickung der Dosiergeräte über den Extrudern. (Bildquelle: Azo)

Flexible Beschickung der Dosiergeräte über den Extrudern. (Bildquelle: Azo)

Die Umsetzung sieht in diesem Fall wie folgt aus: Die Großkomponenten werden in Außensilos, Big-Bags oder Oktabins gelagert und per pneumatischer Förderung den Differenzial-Dosierwaagen über dem Compounder zugeführt. Die Mittel- und Kleinmengen werden in Container umgefüllt, identifiziert und mit Barcodes versehen in einem Hochregallager zur Weiterverarbeitung bereitgestellt. Somit ist eine Verwechslung ausgeschlossen. Die Container mit den für die Rezeptur benötigten Komponenten, werden mittels lasergesteuertem FTS-System auf das lineare Wiegesystem Azo Dosinenter aufgestellt. Eine fahrbare Waage fährt unter den Komponenten hindurch und sammelt diese entsprechend der Rezeptur ein. Sobald die komplette Charge zusammengestellt ist, wird sie in einen Vormischer entleert und homogen gemischt. Auch die Vormischung wird ebenso wie die Großkomponenten in die Differenzial-Dosierwaagen über dem Compounder transportiert. Neben den pulverförmigen Schüttgütern werden dem Prozess auch verschiedene flüssige Komponenten zugeführt. Nach dem eigentlichen Compoun-diervorgang erfolgt die Granulierung und Trocknung bevor die Fertigware entweder sofort abgefüllt oder mittels einer Azo Multiair Dichtstromförderung in Silos transportiert wird. Diese Fördermethode eignet sich besonders für schonendes und entmischungsarmes Fördern bei mittleren und langen Förderwegen mit hohen Durchsatzleistungen. Im Gegensatz zur Flugförderung erfolgt die Förderung bei dem energieeffizienten System mit minimaler Fördergeschwindigkeit und minimalem Luftbedarf. Daraus ergibt sich ein für Produkt und Leitung extrem verschleißarmes Fördern. Der Prozess ist zudem entmischungsfrei und sehr energiesparend. Es tritt keine Abnutzung oder Zerstörung der Partikelstruktur auf. Für jedes Produkt und jeden Förderweg wird individuell die optimale Gutbeladung und Fördergeschwindigkeit eingestellt.

Herstellung von innovativen Kunststoff-Compounds
Die Anlage im vierten Beispiel dient der Herstellung von innovativen Kunststoff-Compounds basierend auf PA, PP, ABS und weiteren Ausgangsmaterialien mit 14 Compoundierlinien. Hier stehen folgende Anforderungen im Fokus:

  • hohe Rezeptvielfalt
  • große Anzahl an Rohmaterialien
  • hohe Qualität und Produkthaftung
  • maximale Flexibilität
  • Handling abrasiver Materialien und Endprodukte
  • hohe Anforderungen an die Energieeffizienz
  • Überwachung und Nachverfolgung.

Die Umsetzung sieht wie folgt aus: Beim Bau dieser Neuanlage war die Energieeffizienz ein entscheidendes Kriterium. Die Lagerung der Ausgangs­materialien erfolgt in 16 Außensilos. Daraus werden die 14 Extruder über Distanzen von 35 bis 120 Metern mit Rohstoffen beschickt, die zum Teil
unterschiedliche Eigenschaften und Schüttdichten besitzen. Die Kapazität der einzelnen Extruderlinien liegt bei bis zu 2500 kg/h. Dabei ist volle Flexibilität gefragt: Jedes Produkt muss zu jedem Abscheider transportiert werden können. Da jede Extruderlinie über eine eigene Vakuumpumpe verfügt, wird durch ein intelligentes Pumpenmanagement das größtmögliche Potential an Energie- und Ressourceneinsparung realisiert. Um die Anlage optimal auslegen zu können, wurden im Azo-Technikum Förderversuche mit unterschiedlichen Förderstrecken und Luftmengen gefahren. Daraus wurden die effizientesten Betriebspunkte für die Pumpen ermittelt. Die Lösung liegt in der Förderung mit regelbaren Luftmengen auf Basis von Vakuumpumpen, die an Frequenzumrichtern betrieben werden. Die Energieeinsparung ist im Vergleich zum Betrieb mit voller Pumpeninstallation enorm. Um das bestmögliche Ergebnis bei der Auslegung des Fördersystems im Hinblick auf die gesamten Lebenszykluskosten zu erzielen, müssen viele unterschiedliche Aspekte berücksichtigt werden. Die richtige Dimensionierung des Fördersystems, die Auswahl der Komponenten und die Planung der Lagerorte spielen dabei genauso eine wichtige Rolle wie die Steuerung des Ganzen mit einer intelligenten Prozess-IT.

Mittel- und Kleinmengenhandling mit Dosiersystem. (Bildquelle: Azo)

Mittel- und Kleinmengenhandling mit Dosiersystem. (Bildquelle: Azo)

Darüber hinaus ergeben sich auch gewichtige Prozessvorteile: Weniger Verschleiß, Entmischung und Engelshaar und daraus resultierend ein geringerer Aufwand für die Wartung. Da hier zum Teil hochschleißende, faserverstärkte Materialien am Prozess beteiligt sind, ist auch der Verschleißschutz ein wichtiges Thema. Diesem wurde durch die Auswahl der Materialien Rechnung getragen. Zum Einsatz kommen keramische Aufgabeschuhe, Abscheider mit Oxidkeramik-Auskleidung und Fördereingänge aus Keramik sowie Glasbögen, GFK-Ummantelungen und Siliziumcarbid-Beschichtungen.
Die vorgestellten Beispiele zeigen, dass jede Compoundieranlage ganz spezielle Anforderungen erfüllen muss. Hier sind maßgeschneiderte Lösungen gefragt, die beim Anlagenbauer ein hohes Maß an Prozess- und Rohstoffkenntnis, Erfahrung sowie ein intelligentes Produktportfolio voraussetzen, das es optimal einzusetzen gilt.

Karl-Heinz Bußbach

Global Business Director Azo Poly, Osterburken

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