Im heutigen umkämpften Markt darf bei der Produktion von Spritzgießbauteilen nichts dem Zufall überlassen werden. Die sorgfältige Kontrolle von Bauteil, Werkzeug und Prozesseinstellungen entscheidet über die Profitabilität und die Bauteilqualität. Der Verpackungshersteller Proplas aus Medellin, Kolumbien, stand vor der Herausforderung, die Zykluszeit eines Bauteils zu reduzieren, um seine eigene Gewinnspanne zu steigern und die Verfügbarkeit des fertigen Produktes für seinen Kunden zu verbessern. Das Bauteil wird aus einem ungefüllten PP gefertigt. Anschließend muss an seinem oberen Ende eine Scheibe montiert werden, um eine Schließfunktion zu gewährleisten. Doch bei einer verkürzten Zykluszeit schrumpfte das Bauteil unter die zulässigen Abmaße und die Montage der Scheibe war nicht mehr möglich. Die Firma wandte sich an die Simulationsexperten von Sigma, um eine andere Lösung zur Reduzierung der Zykluszeit zu finden.
Legierung beeinflusst Temperierbarkeit im Werkzeug
Das Werkzeug wurde mit Sigmasoft Virtual Molding analysiert. Die Software arbeitet wie eine virtuelle Spritzgießmaschine. Dazu wurden das komplette Werkzeug und alle seine Komponenten in der Simulation berücksichtigt und dann mehrere aufeinanderfolgende Produktionszyklen gefahren, um so die exakten Prozessbedingungen wie in der Realität zu reproduzieren. Mit dieser Herangehensweise zeigte sich, dass sich im Werkzeug an einer für die Bauteilabmessungen kritischen Stelle ein Hotspot ausbildete. Dieser Hotspot verursachte genau an der Stelle eine größere Schwindung, an der später die Montage erfolgen sollte. „Die Wärme musste aus dieser Stelle abgeführt werden. Doch das Auswerferpaket verhinderte, dass die Werkzeugkühlung an dieser Stelle bis tief in den Kern vordringen konnte“, erklärt Dr. Laura Florez, die für das Projekt verantwortliche Virtual Molding Ingenieurin. „Es wurde deshalb vorgeschlagen, die Werkzeuglegierung des Kerns zu ändern, um die Wärme schneller abzuführen.“ Das Ziel war es, nicht nur die Zykluszeit, sondern auch die Bauteilschwindung zu verringern.
Der Stahl des Werkzeugkerns wurde durch eine Kupfer-Beryllium-Legierung ersetzt, die eine größere Wärmeleitfähigkeit aufweist. Die Restwärme an der kritischen Stelle wurde dadurch deutlich herabgesetzt und die maximale Temperatur von 76 °C auf 49 °C reduziert. Die Erstarrungszeit des Bauteils reduzierte sich so im fraglichen Bereich von 4,7 s auf 3,2 s, wodurch die Gesamtzykluszeit um 28 Prozent verkürzt wurde. Gleichzeitig verbesserte sich die Maßhaltigkeit des Bauteils.
Mit der Unterstützung durch das Softwareunternehmen konnte der Kunststoffverarbeiter den Nutzen einer kostspieligen Werkzeuglegierung analysieren und bewerten, um schließlich das Werkzeug ohne zeit- und kostenintensive Trial-and-Error-Versuche zu optimieren. Letztendlich half die Software nicht nur die Bauteilqualität zu verbessern, sondern auch den kompletten Prozess effizienter und profitabler zu machen.