1. Wie eng arbeiten Sie bei der Entwicklung neuer Lösungen mit den Tier 1-Lieferanten von OEMs zusammen? Können Sie hier konkrete Beispiele nennen?
Lösungen ist das richtige Wort: Es gibt derzeit noch kaum etablierte Standards, einfach weil viele Anwendungen neues Denken erfordern. Die Entwicklungszyklen sind oft Sprints, da ist die enge Verzahnung zwischen uns, den Komponenten- und Systempartnern und den OEMs unverzichtbar. Es geschieht immer wieder, dass in letzter Minute Bauräume geändert werden, Anschlüsse und Schnittstellen verlegt werden oder es gar größere Konstruktionsänderungen gibt – und das alles für Anwendungen, bei denen wir keine 40 Jahre Erfahrungswissen mitbringen. Auch wenn Partnerschaft ein oft strapaziertes Wort ist: Ohne eine offene, agile und flexible Zusammenarbeit funktioniert das Geschäft nicht mehr. Das macht unseren Musterbau und die Serienanläufe äußerst herausfordernd – aber genau dazu sind wir da. Typische Anwendungsbereiche für die wir aktuell entwickeln sind das Thermomanagement, in und um die e-Maschine, Hochvolt-Schnittstellen und Batterieabdichtungen. Dazu kommen Vorausentwicklungen für alternative Treibstoffe und Antriebssysteme, die wir mit unseren Partnern parallel zum Tagesgeschäft vorantreiben. Sehr spannend ist es zu beobachten wie neue Akteure versuchen auf das Spielfeld zu kommen. Oft haben diese keine etablierten System- und Entwicklungspartner, denken dafür aber viele Anwendungen ganz neu – mit allen Vorteilen und Risiken.
2. Was sind aus Ihrer Sicht die größten Herausforderungen der eMobilität?
Ich möchte hier nicht über Infrastruktur oder langfristige Absicherung der Rohstoffversorgung sprechen. Das sind Themen, die von anderen gelöst werden müssen. Aber wir versuchen schon, Trends zu verstehen und deren Marktdurchdringung vorherzusehen. Diese Fokussierung auf bestimmte Zukunftsszenarien erlaubt uns, ein attraktiver Partner zu bleiben. Technisch gesehen, geht es vor allem darum, dass wir für viele Applikationen völlig neue Wege gehen. Wir sind noch nicht im evolutionären Entwicklungszustand, bei dem wir von Generation zu Generation Verbesserungen aus jahrelanger Anwendungserfahrung einfließen lassen können. Zudem sind schlicht die Voluminanoch nicht attraktiv genug: komplexe Multikomponenten-Teile mit Funktionsintegration bedingen komplexe Werkzeuge – die wiederum lassen sich aber bei Stückzahlen von 50.000 oder 100.000 selten realisieren. In den Anwendungen, in denen wir zu Hause sind, geht es immer mehr um die Integration von Funktionen: wo es früher Lager, Dichtung und Gehäuse einzeln gab, die dann aufwändig montiert werden mussten, streben wir heute eine einzelne Komponente an, die fertig aus dem Werkzeug fällt. Eine weitere Herausforderung sind die neuesten Anforderungen, wie beispielsweise. die Leitfähigkeit von Kunststoffen. Hier haben wir Lösungen – aber keine etablierten Prüfstandards oder Normen. Dasselbe gilt für alternative Treibstoffe: Wie dicht muss eine Komponente sein, wenn wir damit Wasserstoff abdichten müssen? Es gibt z.B. nur sehr wenige Labore, die mit Hochdruck-Wasserstoff überhaupt experimentieren dürfen.
3. Wie treffen Sie die Lebensdauerabschätzungen für Materialien, die in E-Fahrzeugen im Einsatz sind?
Das ist eine sehr wichtige Frage. Uns fehlen schlicht die vielen Messwerte, Auswertungen und Statistiken der etablierten Technologien. Zum Glück befassen wir uns im Rahmen der Werkstoffinnovationen seit Jahren mit diesen Fragen und haben einiges an Erfahrungswissen aufgebaut und durch eigene Versuche abgesichert. Simulationen helfen sicherlich, sie ersetzen aber keine harten Tests über lange Laufzeiten. Bei den etablierten Technologien wissen wir, wie wir über intensive Versuchsparameter die Lebensdauer für Versuche komprimieren können. Die Übertragbarkeit von Daten aus dem Feld fehlt uns aber bisher noch für ganz neue Lösungen. Wenn wir etablierte Werkstofffamilien betrachten, können wir unsere Erfahrungen aus verschiedenen Branchen einfließen lassen. Bei neuen Funktionen und Komponenten mit Funktionsintegration ist das nicht so einfach. Unsere Lösungsansätze sind eigene Prüfstände und Versuchsaufbauten, mit denen wir Grundsatzuntersuchungen anstellen. Aber auch hier ist die enge Verzahnung zwischen OEMs, Systempartnern und uns unerlässlich.
Über den Rubber & Mobility Summit
Auch in diesem Jahr hat die Redaktion der KGK und des PLASTVERARBEITER wieder ein spannendes Programm für Sie zusammengestellt. Neben Prof. Dr. Ulrich Giese vom Deutschen Institut für Kautschuktechnologie mit seinem Vortrag „Elastomere im Leichtbau“ finden sich unter den Referenten Vertreter von Vibracoustic, Dätwyler Sealing Solutions, Siliko und weitere mehr.
Alle Informationen zum Rubber & Mobility Summit 2021, der am 16. September 2021 rein digital stattfindet, finden Sie unter www.rubber-mobility-summit.com.
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Trelleborg Sealing Solutions Germany GmbH
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