Schichtaufnahme eines gedruckten Bauteils.

Nach dem Drucken wird die applizierte Schicht mit IR-Strahlung gehärtet (im Vordergrund). (Bild: Innovatiq)

Liquid Additive Manufacturing (LAM) ist ein fortschrittliches 3D-Druckverfahren, das flüssige, hochviskose Materialien wie Liquid Silicon Rubber (LSR) verwendet. LAM-Drucker arbeiten dabei ähnlich wie 3D-Drucker für feste Filamente: Über präzise gesteuerte Schrittmotoren angetriebene X-, Y- und Z-Achsen bewegen den Extruder in einem dreidimensionalen Raum. Schicht für Schicht wird so das zu druckende Objekt auf dem Druckbett aufgebaut. Der Druckprozess gleicht dem des FFF-Verfahrens, mit dem Unterschied, dass bei festen Filamenten der Werkstoff im Extruder erhitzt und erst verflüssigt werden muss, um dann Schicht für Schicht aufgetragen zu werden.
Beide Verfahren haben gemeinsam, dass der Druck direkt aus einer Datei erfolgt. Die CAD-Daten werden mit Hilfe einer speziellen Software, dem sogenannten Slicer, aufbereitet. Diese Software zerlegt das Objekt in einzelne Schichten und macht es so für den Drucker druckbar.
Die volumetrische Extrusion, die mit dem LAM-Verfahren einhergeht, sorgt für ein hochgenaues Dosieren des Materials während des Auftrags. Die Materialmenge lässt sich im Voraus exakt definieren, sodass die Bauteilstruktur nach eigenen Vorstellungen aufgebaut werden kann. Jede Schicht aus Silikon ist vollständig thermisch vernetzt, um Teile mit mechanischen Eigenschaften zu erhalten, die mit herkömmlich geformten Komponenten vergleichbar sind.

So wird das Silikon vernetzt

Im LAM-Drucker wechseln sich Druck- und Vernetzungsprozesse ab, sodass die gewünschte Form präzise und zuverlässig hergestellt werden kann. Durch den Einsatz einer Hochtemperatur-Halogenlampe wird die Materialvernetzung auf molekularer Ebene beschleunigt. Jede Silikonschicht ist durch thermische IR-Strahlung vollständig vernetzt, wodurch eine Vielzahl an geometrischen Formen hergestellt werden kann – unabhängig davon, ob es sich um eine Kreuz-, Gitter- oder Wabenstruktur handelt. Bei LAM-Druckern wird der Druckprozess durch eine Bauraumheizung unterstützt, was zu qualitativ hochwertigen Bauteilen führt. Auch schwierig zu druckende hohe Silikonbauteile mit schmaler Grundgeometrie sind herstellbar.
Das von Innovatiq patentierte Fertigungsverfahren ermöglicht die Produktion von Prototypen und Funktionsteilen mit mechanischen Eigenschaften direkt aus digitalen Daten. Die produzierten Teile sind vergleichbar mit im Spritzguss hergestellten Teilen und erfordern keine Nachbearbeitung, zum Beispiel durch Tempern.
Leider ist es derzeit nicht möglich, beim Drucken von Silikon Stützmaterial zu verwenden, um Geometrien mit großen Überhängen zu unterstützen. Man kann jedoch zuversichtlich sein, dass in naher Zukunft eine Lösung gefunden wird, um auch beim Drucken von Silikon komplexe Geometrien zu ermöglichen. Im Gegensatz zu anderen Verfahren und Materialien wie PA, ABS, bei denen wasserlösliches oder ausbrechbares Stützmaterial verwendet wird, ist die Herausforderung bei Silikon deutlich größer ein geeignetes Material zu finden, welches eine ausreichende Haftung sicherstellt und sich gleichzeitig mit dem Silikon nicht verbindet oder gar vernetzt.
Das hochviskose Silikon LSR ist ein isotroper Werkstoff und wird besonders für Produkte verwendet, die eine hohe Feinheit erfordern. In Bezug auf die technischen Eigenschaften sind 3D-gedruckte und spritzgegossene LSR-Teile nahezu identisch.

Blaue und grüne sowie durchsichtige Bauteile aus Silikon.
Verschiedene im LAM-Verfahren hergestellte LSR-Bauteile. (Bild: Innovatiq)

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So nah kommt die Härte der 3D-Teile an die von Spritzgussteilen heran

Im Vergleich zeigen die auf dem LAM-Drucker gefertigten Teile das gleiche scharfe Härtungsprofil wie spritzgegossene Testproben. Der mittelharte Werkstoff erreichte im Test eine Shore-Härte von 44 im 3D-Druck. Nach einer Nachhärtung von 4 h bei 200 °C erhöhte sich dieser Wert auf 46 und war damit nur um 5 Punkte geringer als bei einem im Spritzguss hergestellten Teil.
Das Silikon besitzt darüber hinaus eine geringe Viskosität und ein sehr gutes Fließverhalten. Im ausgehärteten Zustand weist es eine hohe Bruchdehnung von 480 % auf, die sich nach der Nachbearbeitung auf 410 % reduziert. Im Test zeigte sich eine Zugfestigkeit von 9,5 und 10 MPa, was höher ist als die eines Spritzgussteils. Die Reißfestigkeit gleicht der des Spritzgusses, wenn das Teil nicht nachbearbeitet wird. Nach dem Tempern bei 200 °C für 4 h liegt der Wert mit 40 kN/m etwas darunter.
Das Liquid Silicon Rubber hat den großen Vorteil einer hohen Temperaturtoleranz und ist nach dem Druckprozess vollständig ausgehärtet. Es ist im Temperaturbereich von -60 bis +200 °C einsatzfähig und behält als duroplastisches Polymer seine Form, sobald es abgekühlt ist. Darüber hinaus ist LSR UV- und ozonbeständig und verfügt über eine hohe elektrische Widerstandskraft.
Aus LSR 3D gedruckte Teile weisen also ähnliche technische Merkmale wie spritzgegossene auf und es kann gesagt werden, dass sie etwa 80 % (durchschnittlich) der mechanischen Eigenschaften der Proben erreichen. Beide Materialproben bieten eine hohe Bruchdehnung, Zugfestigkeit und Temperaturbeständigkeit. Die enge Übereinstimmung ermöglicht deshalb ein einfaches Übertragen in herkömmliche Spritzgussverfahren für die Serienfertigung. Der 3D-Druck im LAM-Verfahren bietet eine große Designfreiheit und die Möglichkeit zur schnellen Anpassung ohne den Einsatz neuer Werkzeuge.

Grüner Druckkopf aus Silikon in einem Bauteil.
Für die Verarbeitung von Silikon erhält der Extruder einen speziellen Druckkopf. (Bild: Innovatiq)

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Wofür wird die LAM-Technologie ­eingesetzt

Die Einsatzbereiche von LAM mit Flüssigsilikon sind vielfältig. Besonders in der Medizintechnik ist das Verfahren interessant, da Teile aus Silikon aufgrund ihrer hohen Temperaturbeständigkeit sehr gut sterilisiert werden können. Hinzu kommt die hohe Biokompatibilität von Silikon, da es vom Körper nicht als Fremdmaterial erkannt wird. Es haftet nicht und kann in eine Vielzahl von Geometrien geformt werden. Deshalb werden in verschiedenen Branchen, wie der Medizin- und Orthopädietechnik, dem Lebensmittelbereich, der Automobilindustrie sowie der Elektronik- und Handhabungstechnik, 3D-gedruckte Silikonteile als Dichtungen, Ventile, Kabel, Gehäuse, Einlagen, Haftlippen, Softschichten oder Aufsätze aus Weichmaterial eingesetzt.
Die Entwicklung und Anwendung von LAM mit Liquid Silicon Rubber ist ein bedeutender Fortschritt in der additiven Fertigung. Mit fortschreitender Entwicklung und Integration in indus­trielle Prozesse eröffnen sich neue Horizonte in der Produktion, von der Medizintechnik bis hin zu Konsumgütern. Die Kombination aus technischer Leistungsfähigkeit, Kosteneffizienz und der Reduktion von Produktionsabfällen macht LAM zu einem wichtigen Bestandteil zukünftiger Fertigungstechnologie.

Quelle: Innovatiq

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