Außenansicht des Giant Magellan Telescope.

Außenansicht des Giant Magellan Telescope. (Bild: Giant Magellan Telescope – GMTO Corporation)

Im Las-Campanas-Observatorium in Chile soll ab 2029 das Giant Magellan Telescope bisher unbekannte Einblicke in den Weltraum liefern. Mit sieben der größten Spiegel der Welt – jeweils 8,5 m im Durchmesser – wird es weiter in die Tiefen des Weltraums blicken, als es jemals zuvor möglich war. Wichtige Komponenten für das Riesenteleskop steuert die Hübner-Gruppe aus Kassel bei. Sie liefert spezielle Silikondichtungen, die als aufblasbare Ringe um die Spiegel gelegt werden und so die darunterliegende Mechanik und Elektronik schützen.
Die erste Anfrage nach aufblasbaren Dichtungen für die Spiegel des Giant Magellan Telescope ging bei Hübner im Oktober 2020 ein. „Die Aufgabenstellung und grundsätzlichen Anforderungen waren für uns erst mal nicht ungewöhnlich, nichts Neues“, sagt Projektleiter Frank Langenfelder, der im Unternehmen für Konstruktion und Entwicklung zuständig ist. „Das Umfeld allerdings war für uns spektakulär.“ Im Laufe des Jahres 2021 gab es einen intensiven Austausch zwischen Frank Langenfelder und OHB Digital Connect als Auftraggeberin über die technischen Details, der schließlich in einem Lastenheft und einer technischen Zeichnung mündete. Dabei kristallisierten sich die speziellen Herausforderungen heraus, ebenso die Lösungsmöglichkeiten.

Riesiges Telescope mit sieben größten Spiegel der Welt.
Das Giant Magellan Telescope besitzt die sieben größten Spiegel der Welt. (Bild: Giant Magellan Telescope – GMTO Corporation)

So war zunächst EPDM als Material für die Dichtungen vorgesehen. „Uns wurde aber klar, dass wir aufgrund der geforderten Wandstärke der Dichtungen auf Silikon umschwenken müssen“, berichtet Frank Langenfelder. So kam schließlich das Competence Center Silicone bei der Polymertechnik Ort­rand (PTO) im brandenburgischen Landkreis Oberspreewald-Lausitz ins Spiel, die seit 2006 zur Hübner-Gruppe gehört. Von der Material- und Rezepturentwicklung über das Compoundieren bis hin zum Erstellen und Verpacken der Produkte bildet die Unternehmensgruppe hier seit 2022 den vollständigen Produktionsprozess für Silikonprodukte ab.

Diese Kriterien muss der Werkstoff ­erfüllen

„Wir haben für die aufblasbare Dichtung ein spezielles Silikon nach einer besonderen Rezeptur entwickelt“, erläutert Christian Rothe, Leiter des Competence Center Silicone bei der PTO. Die zu erfüllenden Kriterien waren besondere Anforderungen an Dichte, Härte, Höchstzugkraft, Höchstzugkraftdehnung sowie die nötige Robustheit gegenüber den klimatischen Bedingungen der Atacama-Wüste im chilenischen Hochland, wo es besonders auf UV- und Ozon-Beständigkeit ankommt. „Silikon bietet ganz besondere Einsatz-Möglichkeiten. Der besondere Vorteil ist die zuverlässige Funktionsfähigkeit, und das in einem großen Temperaturspektrum. Von Grönland bis ins Death Valley, vom Nordkap bis in die Atacama-Wüste in Chile – Material-Lösungen aus Silikon sind selbst bei extremen Umgebungssituationen sehr zuverlässig“, erläutert Christian Rothe. Die Schutzhülle muss außerdem die Reinigungsflüssigkeit zuverlässig abweisen, mit der die riesigen Teleskopspiegel regelmäßig gesäubert werden. Eine weitere Herausforderung: Die Dichtungen müssen über eine extrem dünne Wandstärke aber eine große Profilkammer verfügen. Noch dazu müssen sie sich in Längs- und nicht in Querrichtung gleichmäßig aufblasen lassen und anschließend wieder einwandfrei ihre Ausgangsform annehmen.
Das Silikon wurde in einem Vertikalextruder verarbeitet. „Durch die berührungslose Vulkanisation hat die Dichtung umlaufend eine besonders schöne und glatte Oberfläche und ist frei von Abdruckstellen“, erklärt Rothe. Um die Prototypen der aufblasbaren Dichtungen auf ihre Funktionsfähigkeit zu testen, baute der Dichtungshersteller in Kooperation mit dem Auftraggeber ein eigens konstruiertes Testgestell im Maßstab 1:2 in der Nähe von Kassel. Da die Spiegel des Teleskops nicht immer mittig sitzen, ging es während der dreitägigen Testphase unter anderem auch darum, die Dichtheit in Extremtoleranz-lagen der Spiegel zu überprüfen.

Ein Dichtungsprofil in weißer Farbe.
Das Dichtungsprofil für die Spiegel ist aufblasbar. (Bild: Hübner)

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„Komponenten für das Giant Magellan Telescope zu entwickeln, ist für uns ein außergewöhnlicher Auftrag. Daran können wir unsere Herangehensweise verdeutlichen, wie wir gemeinsam mit unseren Kunden spezielle Materiallösungen entwickeln – in diesem Fall zugeschnitten auf ganz besondere Bedürfnisse für ein Riesen-Teleskop in der Atacama-Wüste“, sagt Ingolf Cedra, Geschäftsführer der Hübner-Gruppe.
Während PTO die Dichtungen ab 2027 am Standort Ortrand zunächst am Stück produziert, werden sie dann in Kassel weiterverarbeitet. Die Silikondichtungen werden so konfektioniert, dass sie vulkanisiert als Ringe mit Durchmessern von etwa 8,55 m beziehungsweise 2,26 m geliefert werden können. Sechs von ihnen sind jeweils 26,9 m und eine ist 7,3 m lang.
Nach der Kalibrierung soll das Giant Magellan Telescope etwa 200-mal leistungsfähiger als aktuell im Einsatz befindliche Forschungsteleskope sein und etwa das zehnfache Auflösungsvermögen (Trennschärfe) des Hubble-Weltraumteleskops haben. Hinter dem Projekt steht die GMTO Corporation, ein internationales Konsortium führender Universitäten und Forschungseinrichtungen mit Hauptsitz im kalifornischen Pasadena.

Quelle: Hübner

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