Große Demonstrationsfabrik am IKV.

Die smarte Demonstrationsfabrik am IKV eröffnet das Potenzial, neue Forschungsbereiche – insbesondere im Bereich des Spritzgießens – der Digitalisierung zu erschließen und die Industrie durch ganzheitliche Ansätze zu unterstützen. (Bild: IKV/Fröls)

Mann mit Brille im Anzug.
Prof. Dr.-Ing. Christian Hopmann, Leiter des Instituts für Kunststoffverarbeitung (IKV) und Inhaber des Lehrstuhls für Kunststoffverarbeitung der Fakultät für Maschinenwesen der RWTH Aachen. (Bild: IKV/Fröls)

Die Digitalisierung hat inzwischen in viele Unternehmen Einzug gehalten, wenngleich in sehr unterschiedlichem  Ausmaß. Diese Unternehmen schöpfen die vielfältigen Vorzüge der Digitalisierung aus, indem sie mit zunehmender Präzision Prozesse simulieren, Anlagen steuern und komplexe, vernetzte Fertigungslinien sowie ganze Fabriken optimieren, um den Ressourcenverbrauch zu minimieren und die Produktivität zu maximieren.  Dazu werden die Fabriken digital ertüchtigt, indem sämtliche Schritte entlang des Material- und Energieflusses in eine digitale Infrastruktur eingebunden werden. Diese Aktivitäten bekommen in den letzten Jahren zusätzlichen Schwung, weil durch die angelaufene Welle der Automatisierung fehlende Arbeitskräfte kompensiert und Material- und Energieverbräuche, also die relevanten Treiber hinsichtlich Kosten und CO2-Fußabdruck, minimiert werden können.

 

KI ermöglicht Szenarien durchzuspielen

Hierzu leisten die Forschungen des IKV zur Digitalisierung, die wir vor Jahren im Aachener Modell der vollvernetzten und digitalen Produktion inklusive der Produktentwicklung vorgestellt haben, wichtige Beiträge. Sie ermöglichen nicht nur ein transparentes Monitoring von Ist-Zuständen der Gegenwart und die Analyse vergangener Produktionen, sondern erlauben durch den Einsatz künstlicher Intelligenz das Durchspielen verschiedener Szenarien auf einer verlässlichen Datenbasis, sodass wesentliche Unternehmensentscheidungen auf ein profundes Fundament gestellt werden. In unseren Arbeiten haben wir beispielsweise am Beispiel des Spritzgießens gezeigt, dass die Digitalisierung die Optimierung und Stabilisierung laufender Prozesse ebenso ermöglicht wie die automatische Prozesseinrichtung. Maschinenführer werden in ihren Entscheidungen unterstützt, der Einrichtvorgang wird dadurch beschleunigt und das Ergebnis ist weniger abhängig von den individuellen Fertigkeiten des jeweils aktiven Personals. Der Einrichtvorgang wird somit transparent und reproduzierbar. Durch Digitalisierung werden die Verarbeitungsprozesse robust gegen schwankende Werkstoffeigenschaften, wie sie insbesondere mit Post-Consumer-Abfällen einhergehen. Hierbei hilft uns die digitale Verknüpfung von Simulationen und realen Prozessen, durch die sowohl die Simulation als auch der reale Prozess besser werden.

Zitat

Digitalisierung ist weder Selbstzweck noch Luxus,

sondern ein Produktionswerkzeug

Prof. Dr.-Ing. Christian Hopmann

Erfolgsfelder der Digitaisierung

Es hängen also sowohl die Produktivität des Unternehmens als auch sein Wachstum unmittelbar an der Digitalisierung. Sie kann fehlendes Personal kompensieren, Materialverschwendung und Ausschuss eindämmen, Energieverbräuche identifizieren und senken – also all das, was seit längerem zu den fast schon klassischen Erfolgsfeldern der Digitalisierung zählt. Zusätzlich verbessert die Digitalisierung die Resilienz der Unternehmen und ihre Handlungsfähigkeit bei unerwarteten Ereignissen. Sie ermöglicht eine rationale Antizipation von Krisen sowie ein strukturiertes Krisenmanagement. Selbstverständlich kann auch künstliche Intelligenz Naturereignisse oder geopolitische Krisen nicht vorhersehen und auch deren Auswirkungen nicht vorhersagen  –  für derart disrup­tive Ereignisse sind keine geeigneten Trainingsdaten verfügbar. Dennoch hilft die Digitalisierung, auch diese Arten von Krisen zu managen, indem sie die Robustheit von Lieferketten und Prozessen verbessert und Wenn-Dann-Analysen ermöglicht. Die Verbindung von künstlicher Intelligenz mit der menschlichen erlaubt es, verschiedene Szenarien durchzuspielen und Auswirkungen zu modellieren. Wir nennen das hybride Intelligenz, die in einer unsicheren Welt kluge Entscheidungen unterstützt.

Große Produktionshalle mit großen Maschinen.
Die smarte Demonstrationsfabrik am IKV eröffnet das Potenzial, neue Forschungsbereiche – insbesondere im Bereich des Spritzgießens – der Digitalisierung zu erschließen und die Industrie durch ganzheitliche Ansätze zu unterstützen. (Bild: IKV/Fröls)

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Digitalisierung ist ein Produktionswerkzeug

Und nicht zuletzt wird unsere Kunststoffwirtschaft ohne Digitalisierung nicht kreislauffähig werden: Verpackungsdesign muss maximale Recyclingfähigkeit bei geringem Materialeinsatz und höchster Leistungsfähigkeit sicherstellen. Produkte und Prozesse müssen toleranter gegenüber stärker schwankenden Eigenschaften rezyklierter Kunststoffe werden. Außerdem müssen die Konsumenten in die Abläufe der Kreislaufwirtschaft einbezogen werden, indem sie über die Verpackung und deren korrektes Recycling informiert werden. All das geht nicht ohne Digitalisierung. Nachhaltigkeit und Klimaschutz dominieren derzeit die Diskussion. Das ist gut und richtig, aber nicht hinreichend. In gleichem Maße, wie hier Verbesserungen notwendig sind, muss auch die Wettbewerbsfähigkeit gesteigert werden, und in all diesen Feldern spielen digitale Technologien eine Rolle. Digitalisierung ist weder Selbstzweck noch Luxus, sondern ein Werkzeug der Produktion, das in großer Selbstverständlichkeit verfügbar und ständig im Einsatz ist. Wir müssen uns eingestehen, dass Deutschland im internationalen Vergleich hinsichtlich der Umsetzung digitaler Technologien noch immer viel zu weit hinten liegt und viel zu zögerlich die Chancen der Digitalisierung aufgreift. Am IKV forschen wir seit vielen Jahren sehr intensiv zu ganz unterschiedlichen Aspekten der Digitalisierung, die sich immer sehr klar auf die kunststoffspezifischen Verarbeitungstechnologien beziehen. Sie sind nunmehr im Plastics Innovation Center 4.0 (PIC 4.0) erlebbar, das in diesem Jahr am IKV in Betrieb gegangen ist, und wir laden alle Unternehmen ein, hier die Umsetzung der Forschungsergebnisse in die betriebliche Praxis mit uns zu vorzubereiten und mit uns zu realisieren. Mit dem PIC 4.0 haben wir ein sehr niederschwelliges Angebot für alle geschaffen; für den unsicheren Einsteiger, der noch keine Digitalisierungsstrategie hat, bis zum High-End-Anwender digitaler Technologien, der neue Trends und Entwicklungen beobachtet und analysiert. Sie alle sind eingeladen, das PIC 4.0 zu nutzen und das Know-How aus langjähriger Forschung zur Digitalisierung für die Kunststoffindustrie für sich zu entdecken. Wir sind überzeugt: Digitalisierung ist ein unverzichtbarer Baustein der modernen Produktion.

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Unternehmen

Institut für Kunststoffverarbeitung (IKV)an der RWTH Aachen

Seffenter Weg 201
52074 Aachen
Germany