Mann im Anzug am Rednerpult, Dr. Harald Keuter, Leiter der DKG-Regionalgruppe West, begrüßte die rund 40 Teilnehmer.

Dr. Harald Keuter, Leiter der DKG-Regionalgruppe West, begrüßte die rund 40 Teilnehmer. (Bild: IKV, Aachen)

Die für die Kautschukindustrie herausfordernden Megatrends benannte Dr. Harald Keuter, Leiter der DKG-Regionalgruppe West, bereits in seiner Begrüßung: Kostenexplosion bei Energie, Rohstoffen und Materialien, die enge Verknüpfung mit der Konjunktur in der Automobilindustrie und den Wandel, den die Mobilitätswende für die Kautschukindustrie mit sich bringt. Fachkräfte- und Nachwuchsmangel betreffen inzwischen nicht mehr nur die Industrie, sondern auch die Forschungseinrichtungen, die zudem zunehmend um Fördermittel zu kämpfen haben. Denn der Anteil der genehmigten Förderanträge, insbesondere für die Grundlagenforschung ist seit Jahren rückläufig. Neben Nachhaltigkeitsthemen treiben auch neue Regularien, REACH und insbesondere die drohenden PFAS-Restriktionen die Industrie um. „Gummi ist in den meisten Lebensbereichen essenziell, aber eben nicht sexy“, schloss Keuter. Die Referenten wetteiferten in den folgenden beiden Tagen darin, diese Aussage mit ihrer Begeisterung für die Vielfalt des Werkstoffs, aktuelle Forschung, neue Entwicklungen und technische Möglichkeiten engagiert zu widerlegen. Zusammenhalt und Zusammenarbeit in der Branche sind gefordert, um den aktuellen Herausforderungen zu begegnen. Beides zu stärken war das Anliegen der Veranstaltung. Referenten und Teilnehmer kamen aus allen Bereichen der Kautschukindustrie: Rohstoffproduzenten und Maschinenhersteller ebenso wie Verarbeiter und Vertreter der Abnehmerindustrien und Forschungseinrichtungen. Als Vertreter aus der Abnehmerindustrie vermittelte Dr. Marc Kreye von Volkswagen in seinem Vortrag „Material trends and challenges for polymers in current vehicle applications“ eine durchaus hoffnungsvolle Perspektive. Ohne Elastomere sei Mobilität nicht auf dem derzeitigen Niveau möglich. Nach wie vor bildeten Verbrenner für den Konzern die finanzielle Basis, nicht zuletzt auch, um die Entwicklung der E-Mobilität zu finanzieren. Aber nicht nur dort, sondern auch in Elektrofahrzeugen bestehe weiterhin großer Bedarf an Elastomeren, wenn auch mit anderen Anforderungen.

Nachhaltigkeit im Fokus

Wie ein roter Faden zog sich das Thema Nachhaltigkeit von Gummiprodukten durch die 14 Vorträge, wobei vor allem die verfolgten Ansätze zum Verringern des CO2-Fußabdrucks deutlich wurden: Energieeffizienz der Prozesse durch optimierte Produkt- und Prozessgestaltung, neue Möglichkeiten für den Leichtbau, die Verwendung von nachwachsenden Rohstoffen und die Möglichkeiten aus End-of-Life-Produkten gewonnene Materialien wieder einzusetzen. Von Seiten der Materialhersteller ging es einerseits darum, für nachhaltige Technologien, die richtigen Materialien bereitzustellen und andererseits, nachhaltige Rohstoffquellen für ihre Produkte zu finden. Dr. Nina Winkler, Momentive Performance Materials, zeigte die besonderen Gegebenheiten im Bereich der Silikonelastomere auf. Dr. Niels van der Aar, Arlanxeo Netherlands, benannte in seinem Vortrag die  Herausforderungen und Ansätze der Kautschukindustrie beim Reduzieren des ökologischen Fußabdrucks von Gummiprodukten: Erhöhung der Energieeffizienz, Abfallminimierung, Wiederverwendung von Gummibauteilen, Runderneuerung von Reifen, Verwendung biobasierter Compoundbestandteile, Ausweitung von Möglichkeiten zum Gummirecycling und Verwendung von Kautschukprodukten in nachhaltigen Anwendungen. Alternative Rohstoffe in der Rußproduktion waren das Thema von Dr. Michael Warskulat, Orion Engineered Carbons. Mit biobasierten Ölen und Pyrolyseölen sei prinzipiell ein kompletter Ersatz von fossilen Quellen möglich, üblich sei aber derzeit noch ein partieller Ersatz nach dem Prinzip der Massebilanz. Für die Maschinenhersteller bedeutet Nachhaltigkeit in der Gummiproduktion vor allem energetische Optimierung ihrer Prozesse. Wie das im Einzelnen umgesetzt werden kann legten Dr. Clemens Behmenburg, LWB Steinl, Prof. Dr. Andreas Limper, IKV/HF Mixing Group und Michael Drach, Gerlach Maschinenbau, dar. Neue Materialien stellen in der Regel auch neue Anforderungen an die Verarbeitungsmaschinen. Am Beispiel von Reifenmischungen für Elektrofahrzeuge erklärte Markus Wachter, Troester, Anpassungen in der Extrusion. Wolfgang Engel, Hutchinson Body Sealing Systems und Dr. Claus Gernert, DGW Gummiwerke, griffen das Thema Nachhaltigkeit aus der Verarbeitersicht auf. Grundlagenforschung, hauptsächlich zu Ressourceneffizienz und Dichtereduzierung stellten die Vertreter der Forschungseinrichtungen vor: Prof. Dr. Ulrich Giese, Deutsches Institut für Kautschuktechnologie (DIK), sowie Clemens Wiesel, Richard Frohberg und Uwe Nilius, alle vom IKV.

Männer im Podium blicken aufs Handy, die Ergebnisse der Mentimeterumfragen dienten als Grundlage für die diskutierten Themen.
Die Ergebnisse der Mentimeterumfragen dienten als Grundlage für die diskutierten Themen. (Bild: IKV, Aachen)

Live-Umfragen bildeten die Diskussionsgrundlage

Zwischen den einzelnen Vorträgen konnten die Teilnehmer in Mentimeterumfragen ihre Einschätzung zur Situation der Kautschukindustrie abgeben: unter anderem zu den Herausforderungen für die Industrie, zu Nachhaltigkeitszielen und Vorgaben, zur Energieeinsparung sowie zu Nachhaltigkeitsansätzen bei Materialien, Rohstoffen und Verfahren.
Für die Relevanz der Herausforderungen in der Industrie ergab sich aus der Umfrage folgendes Ranking: hohe Energiepreise, Regularien wie REACH und PFAS, instabile Lieferketten, Fach- und Nachwuchskräftemangel, eine schleichende Deindustrialisierung in Deutschland und Europa und die marode Infrastruktur. Auf dem Weg zu mehr CO2-Effizienz und Nachhaltigkeit sehen die meisten Teilnehmer die Kosten und die Verfügbarkeit von Polymeren mit geringerem CO2-Fußabdruck, Biopolymeren aber auch anderen Rohstoffen als Schwierigkeit an. Gemäß der Umfrage ist die bevorzugte Form der Kooperation mit Forschungseinrichtungen die Förderung von Bachelor- und Masterarbeiten im eigenen Unternehmen, gefolgt von Partnerschaften in gemeinsamen Forschungsprojekten.

Zwei Männer am unterhalten, in den Pausen fand ein angeregter Austausch zu den zuvor behandelten Themen statt.
In den Pausen fand ein angeregter Austausch zu den zuvor behandelten Themen statt. (Bild: IKV, Aachen)

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Die Ergebnisse der Mentimeterumfragen wurden jeweils am Ende des Tages in moderierten Diskussionsrunden aufgegriffen. An Tag 1 ging es um die Erwartungen des Marktes an die Forschung (Moderation Dr. Christine Rüdiger, Redakteurin Wissenschaftskommunikation am IKV), an Tag 2 um die Rahmenbedingungen für die geplante Forschung (Moderation Malte Schön, Abteilungsleiter Extrusion und Kautschuktechnologie am IKV). Abgerundet wurde das Programm durch die Abendveranstaltung in den neuen Räumen des IKV. Hier konnten die anregenden Gespräche des Tages nach einer Führung durch die neue Spritzgießhalle und das Kautschuktechnikum beim Abendessen fortgesetzt werden.

Quelle: Deutsche Kautschuk Gesellschaft DKG, Frankfurt

Quelle: Institut für Kunststoffverarbeitung (IKV) in Industrie und Handwerk an der RWTH Aachen

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