Das Verwenden eines Kaltkanal-blocks im Elastomerspritzguss hat neben der signifikanten Einsparung von Material auch etliche technische Vorteile. Beispielsweise lässt sich oft eine Trennebene zur Angussentnahme einsparen und somit der Prozess effizienter gestalten. Das Risiko von Scorch geht durch den Wegfall eines heißen Verteilers erheblich zurück und es kann dadurch in der Regel bei höheren Temperaturen mit kürzeren Füll- und Heizzeiten gefahren werden. Drastisch steigende Preise für Rohstoffe und Energie machen das Verwenden von Kaltkanaltechnik wirtschaftlich aktuell umso attraktiver. Die Entwicklung von Kaltkanaltechnik im eigenen Haus ist aufwendig und lohnt sich insbesondere für kleine Stückzahlen und einzelne Formen häufig nicht. Daher ist es gut, dass standardisierte Systeme für eine Vielzahl von individuellen Anwendungsfällen am Markt verfügbar sind. Ein Lieferant hierfür ist das österreichische Unternehmen Maplan mit Sitz in Kottingbrunn, das neben den eigenen Spritzgussanlagen auch speziell zugeschnittene Kaltkanaltechnologie anbietet. Moderne Prozesssimulation mit Sigmasoft Virtual Molding von Sigma Engineering, Aachen, hilft dem Maschinenbauer beim Entwickeln, Optimieren und Validieren dieser komplexen Systeme. Je nach Verwendungszweck und Anwendungsfall sind verschiedene Kaltkanalbauformen bei Maplan verfügbar:
- Map.crb slim: Ein sehr schlankes und einfach nachzurüstendes Kaltkanalsystem ohne separate Heizplatte.
- Map.crb solid/solid+: Der klassische gebohrte Kaltkanal mit rechtwinkligem Verteiler besonders für hohe Einspritzdrücke. Der Map.crb solid+ wird zudem mit mechanisch verstellbarem Volumenstrom geliefert.
- Map.crb split: Der trennbare Kaltkanal, dessen Bauform kurvige Übergänge besitzt und eine effiziente Reinigung erlaubt.
- Map.crb pinpoint: Hier sitzt die Anspritzung so nah wie möglich am Bauteil und der Kaltkanalblock besitzt hydraulische Nadelverschlussdüsen.
Welche Bauformen simulativ verglichen wurden
Die Varianten solid+ und split sollen zum besseren Verständnis mittels Prozesssimulation im konkreten Anwendungsfall inklusive der beheizten Form untersucht und verglichen werden. Das hier verwendete Testwerkzeug aus dem Technikum des Kaltkanalherstellers hat 8 Kavitäten mit einem gesamten Schussgewicht von rund 288 g. Als Versuchsgrundlage diente ein EPDM mit 60 Shore A. Das Werkzeug weist in der thermischen Performance im Zusammenbau mit beiden Kaltkanalvarianten keine Unterschiede auf. Das Titelbild zeigt das durch die untere Aufspannplatte beheizte Werkzeug am Ende der Aufheizphase. Diese Ansicht ist quer durch die Kaltkanaldüsen geschnitten. Die thermische Trennung zwischen Kaltkanal Heizplatte und Kaltkanalblock funktioniert hervorragend und ist hier gut zu erkennen.
Die Unterschiede stecken im Detail
Im Folgenden werden die beiden Kaltkanalblöcke miteinander verglichen und die Unterschiede in Bezug auf die jeweilige Bauweise aufgezeigt. Der Map.crb solid+ Kaltkanal hat gerade Bohrungen mit einem rechtwinkligen Verteiler und ist geeignet für hohe Einspritzdrücke. Der Map.crb split Kaltkanal ist hingegen trennbar aufgebaut, was den Kaltkanalverteiler zugänglich macht. Dieser Zugang erlaubt neben einfacher Reinigung auch strömungsgünstige kurvige Übergänge. Mit Simulation ist es einfach, die Kaltkanaldüsen detaillierter zu betrachten. Von besonderer Bedeutung ist das Temperaturprofil im Prozess. Es werden bei den beiden Kaltkanälen unterschiedliche Düsen verwendet. Die Fließgeschwindigkeit in der split Variante ist größer (rechts) als im solid+ Kaltkanal (links), da die Kanäle unterschiedliche Durchmesser haben (siehe Bild 1). Um die Unterschiede der Düsenspitzen genauer zu betrachten, wird der Vernetzungsgrad an der Düsenspitze und im Anguss untersucht (Bild 2). Es lässt sich sehr gut erkennen, dass in beiden Fällen die Düse hervorragend entkoppelt ist, denn in der Düsenspitze ist nach Heizzeitende kein anvernetztes Material zu erkennen. Der verlorene Anguss wird bei der Entformung mit entfernt.
Bei der Analyse von Kaltkanälen ist es immer auch von Bedeutung, die Kanäle auf mögliche strömungstechnische Störungen und tote Ecken zu prüfen. Mit Sigmasoft Virtual Molding ist es möglich, einen Einblick in die durchflossenen Fließkanäle zu erhalten. Dadurch werden potenzielle Stellen erkennbar, in denen sich gegebenenfalls älteres Material ansammeln kann. In Bild 3 ist das Material-Age beider Kaltkanallayouts vergleichend gezeigt. Das Material-Age ist die Zeit, die das Material seit Verlassen der Maschinendüse hinter sich hat. Gegenübergestellt sind die geraden Bohrungen des solid+ im Gegensatz zu den kurvigen Übergängen des split sehr gut zu erkennen. Ebenfalls wird sichtbar, dass sie keine Bereiche für potentielle tote Ecken bieten. Eine noch bessere Darstellungsweise ist die hier allerdings nicht gezeigte Verwendung von Flow-Tracern in der Simulation. So lässt sich die Strömung im Video genau wiedergeben, indem man einer Vielzahl einzelner Materialpartikel folgt.
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Welche Kenngrößen für das Validieren wichtig sind
Für die Validierung von Kaltkanalwerkzeugen sind die Druckverluste im Kaltkanalblock eine wichtige Kenngröße. Die Druckverluste der beiden Bauformen split und solid+ sind in den Bildern 4 und 5 gezeigt. Bei diesem Vergleich wurden die Skalen zur besseren Korrelation der Druckverhältnisse auf die Angussstelle der Kavität normiert. Der Map.crb solid+ hat einen höheren Druckverlust im Verteiler gegenüber den strömungsgünstigen Kanälen des Map.crb split. Der erheblich kleinere Durchmesser an der Düsenspitze (in Bild 2 sichtbar) erhöht den Druckbedarf zusätzlich. Insgesamt ergibt sich für die solid+ Bauform ein höherer Druckbedarf – kein echtes Problem für typische Aggregate dieser Maschinengröße. Dies liegt größtenteils an der Möglichkeit des mechanisch verstellbaren Volumenstroms.
Aufwendige Testreihen können Verarbeiter mit dem eigenen Material im Technikum des Lieferanten durchführen. Dadurch wird allerdings die Qualität der technischen Umsetzung noch nicht transparent. Ein Kaltkanalblock lässt sich nur im Zusammenbau mit einer beheizten Form validieren. Das entwickelte Formteil, dessen Werkzeug noch nicht gebaut ist, hat aber nichts mit dem vorhandenen Testwerkzeug zu tun. Eine Simulation mit der eigenen Form hingegen erlaubt, frühzeitig Optimierungs-potentiale zu erkennen und das Prozessfenster, Heizzeit und Losgröße richtig abzuschätzen. Die Auswirkungen von Vor- und Nachteilen der hier untersuchten ähnlichen Bauformen auf die eigene Produktion lassen sich dann für eine Payback-Berechnung belegen, bevor in einen Kaltkanal investiert wird.